Flieh, so schnell es geht!
nach.
Er hält ebenfalls an und bleibt im Schatten stehen. Ich kann sein Gesicht nicht erkennen, aber es ist ein stämmiger Kerl. Bestimmt beobachtet er mich, auch wenn ich seine Augen nicht sehe.
»Was?«, fragt Becky wieder.
Sie braucht doch nur selbst die Augen aufzumachen, meinem Blick folgen und schauen. Stattdessen starrt sie mich an. Sie gafft mich wie eine Idiotin an.
»Da drüben.« Ich zeige mit dem Kinn auf den Weg. »Da im Schatten der Mauer, da steht ein Typ.«
Sie sagt nichts, aber ich merke, wie mich ihr Blick loslässt.
»Ich seh niemanden«, sagt sie.
Jaz zupft wieder an meinem Haar. Ich kitzle sie am FuÃknöchel, blicke Becky an.
»Geh langsam weiter. Und dreh nicht durch.«
Wie gehen weiter den Weg hinunter. Ich dreh mich nicht um. Ich höre ihn jetzt, auch wenn er schleicht. Aber er bemüht sich gar nicht zu schleichen, er geht mit lauten Schritten. Er weiÃ, dass wir ihn bemerkt haben, und macht sich keine Mühe mehr.
Ich muss ihn zu Gesicht kriegen, vielleicht kenne ich ihn ja. Aber noch nicht. Ich muss einen selbstsicheren Eindruck machen, so als ob ich mich nicht beirren lasse.
Ich tue aber nur so. Ich hasse seine Art, hinter uns herzugehen, stehen zu bleiben und wieder zu folgen. Mir wärâs lieber, er käme gleich heran. Aber er bleibt auf Abstand, beobachtet uns aus sicherer Entfernung.
Becky schiebt wieder Panik. Ist mir ein Rätsel, wie sie es geschafft hat, in Trixis Band zu kommen. Aber sie muss doch irgendwas gemacht haben, Mumm gezeigt haben, sonst hätten die Mädchen sie nicht aufgenommen.
Jetzt hat sie keinen Mumm, sie hat Schiss, das sehe ich. Sie hat komplett dichtgemacht.
»Bex.«
Ich horche weiter, obwohl ich rede, horche auf die Schritte hinter uns. Sie sind immer noch da. Auch wenn es regnet, hört man sie deutlich in der Nacht.
»Bex.«
Keine Antwort, nicht mal ein Blick. Jetzt drehe ich mich um, nur ganz kurz, um zu checken, wer da hinter uns geht. Er ist näher gekommen, bleibt aber weiterhin im Schatten. Nun bleibt Becky stehen.
Auch ich bleibe stehen und schaue sie an. Sie starrt nach hinten den Weg hinauf.
Sie muss ihn jetzt sehen. Er ist ebenfalls stehen geblieben, immer noch im Schatten, aber viel näher als beim letzten Mal.
»Siehst du ihn?«, frage ich.
Sie zieht hörbar die Luft durch die Nase ein, dreht sich um und geht weiter.
»Ich sehe niemanden«, murmelt sie.
Aber sie lügt, Bigeyes. Ich merke immer, wenn jemand lügt. Schlimmer, sie verarscht mich auch noch. Und weiÃt du warum? Ich fühle die Antwort so deutlich wie die Regentropfen im Gesicht.
Sie hat den Typ nicht nur gesehen.
Sie kennt ihn auch.
Ich sage nichts, bin mucksmäuschenstill, schaue mich um, beobachte Becky. Und ich denke nach. Erste Frage: Wenn sie ihn kennt und nicht mit mir darüber reden will, was verbirgt sie dann?
Zweite Frage: Wie hat er uns gefunden? Entweder war es Zufall oder jemand hat uns auf der StraÃe erkannt und verpfiffen. Egal wer es war. Kriminelle kennen sich untereinander. So was spricht sich rum, vor allem, wenn man auch noch Geld damit verdienen kann.
Dritte Frage: Wenn sie ihn kennt und ihm nicht nahe kommen will, heiÃt das dann, dass er gefährlich ist? Ich bin unschlüssig. Normalerweise weià ich es, sobald ich die Leute sehe, aber bei diesem Typ bin ich mir nicht sicher.
Vierte Frage: Wenn er gefährlich ist, warum bleibt er dann auf Abstand?
Vielleicht ist er bloà vorsichtig und wartet auf die passende Gelegenheit. Oder aber er hat auch Angst. Wenn er es aus den Nachrichten erfahren hat, könnte davon die Rede gewesen sein, wie gut ich mit dem Messer umgehen kann. Vielleicht hat man mich als tödliche Gefahr hingestellt.
Das könnte von Vorteil für uns sein. Oder aber es macht alles noch schlimmer. Schisshasen halten sowieso Abstand. Nur die Spinner, die sich beweisen wollen, vor denen muss man sich in Acht nehmen.
Und vor denen, die sich um gar nichts scheren.
Becky geht schneller, ohne sich umzudrehen, ohne mich anzuschauen. Schwer zu sagen, ob sie Schiss vor dem Typ hat oder nicht. Ist doch bescheuert, ich sollte sie einfach fragen.
»Bex?«
»Stell mir keine Fragen.«
Auch gut. Ich mach ihr keine Vorwürfe. SchlieÃlich habe ich ihr auch nichts gesagt. Aber jetzt spricht Jazy mit ihrer süÃen Stimme.
»Blade?«
Zum ersten Mal nennt sie mich beim Namen. Besonders wohl fühle ich mich
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