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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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rumhängen, oder? Du kannst gemütlich heimfahren in dein schönes neues Haus, zu deiner neuen Familie und uns weitere sieben Jahre lang vergessen.«
    Bonnie starrte den Jungen an. Ding Dong, die Hexe ist tot?!
    »Sam?« erklang von oben eine dünne Stimme.
    Sie blickten alle hinauf zu dem blassen jungen Mädchen, das zitternd am Ende der Treppe stand.
    »Hast du gehört, was passiert ist?« fragte Lauren mit einer Stimme, die wie ein Wimmern klang. Ihr Blick war glasig, als sie, wie im Schlaf, langsam, Stufe um Stufe, die Treppe herunterkam. »Hast du gehört, was Mami passiert ist?«
     
    »Es wird ein paar Tage dauern, bis wir den endgültigen Obduktionsbefund bekommen«, sagte Captain Mahoney, dessen massiger Körper in dem zarten gold-blauen Sessel im Wohnzimmer fehl am Platze wirkte. Sam, unruhig und mit gelangweiltem Gesicht, und Lauren, völlig reglos, kaum atmend, saßen ihm auf dem rosafarbenen Sofa gegenüber. Bonnie hockte unbequem auf der Kante eines Eßzimmerstuhls, den Rod hereingetragen hatte. Er und Detective Kritzic standen, Rod neben dem großen gemauerten Kamin, Detective Kritzic vor den Buntglasfestern.
    »Was wollen Sie uns überhaupt fragen?« sagte Sam.
    »Wann haben Sie Ihre Mutter das letztemal gesehen?« fragte Mahoney.
    »Gestern abend.« Sam schob eine Haarsträhne hinter das Ohr. »Ich war ungefähr um zwei Uhr noch mal bei ihr und hab’ ihr gute Nacht gesagt.«
    »Und was für einen Eindruck machte sie?«
    »Sie meinen, ob sie betrunken war?«
    »War sie betrunken?«
    Sam zuckte mit den Achseln. »Wahrscheinlich.«
    »Und du, Lauren, wann hast du sie das letztemal gesehen?« fragte Detective Kritzic freundlich und beruhigend.
    »Ich war heute morgen noch mal bei ihr, bevor ich in die Schule gegangen bin.«
    »Ich dachte, ihr habt heute frei gehabt, weil Fortbildungstag war«, warf Mahoney mit einem Blick zu Bonnie ein.
    »Ich gehe auf eine Privatschule«, erklärte Lauren.
    »Hat deine Mutter dir etwas darüber gesagt, was sie heute vorhatte?«
    »Sie hat gesagt, sie hätte heute morgen eine Hausbesichtigung und daß sie pünktlich wieder da wäre.«
    »Wirkte sie irgendwie besorgt oder beunruhigt?«
    »Nein.«
    »Hat sie etwas davon gesagt, daß sie sich heute morgen mit Mrs. Wheeler treffen wollte?«
    »Nein.«
    »Sagte sie etwas davon, daß sie Mrs. Wheeler vor einer Gefahr warnen wollte?«
    Lauren schüttelte den Kopf. »Vor was für einer Gefahr?«
    »Könnt ihr euch vorstellen, daß jemand eurer Mutter etwas antun wollte?« Mahoneys Blick wanderte zwischen den zwei jungen Leuten hin und her.
    »Nein«, antwortete Sam kurz.
    Lauren sah zu Bonnie hinüber. Sie sagte nichts, doch es war klar, was sie meinte.
    Meine neue Familie, dachte Bonnie. Ein Junge, dem es allem Anschein nach völlig gleichgültig ist, daß seine Mutter ermordet wurde, und ein Mädchen, die überzeugt davon ist, daß ich sie getötet habe. Wunderbar. Nun, wenigstens haben sie einander, dachte sie, wobei man allerdings, wenn man sie so nebeneinander sitzen sah, starr und steif, ohne einander zu berühren, mit unbewegten Gesichtern und nach innen gerichtetem Blick, daran zweifeln konnte, daß sie in den schweren Wochen, die vor ihnen lagen, einander viel Trost sein würden. Und von mir werden sie sich ganz gewiß nicht trösten lassen, dachte Bonnie, die wußte, daß nichts dergleichen von ihrer Seite geduldet, geschweige denn dankbar aufgenommen werden würde. Sie kennen mich kaum, aber sie wissen, daß sie mich hassen.
    Konnte sie es ihnen verübeln? Hatte sie nicht selbst der Frau, die ihr Vater nach der Scheidung von ihrer Mutter geheiratet hatte, die gleichen Gefühle entgegengebracht? Hatte sie nicht ganz offen triumphiert, als diese zweite Ehe in die Brüche gegangen war? Waren nicht selbst jetzt ihre Gefühle für Ehefrau Nummer drei alles andere als herzlich? Und wie stand es mit ihrem Bruder, mit dem sie seit dem viel zu frühen Tod ihrer Mutter kein Wort mehr gewechselt hatte? War er ihr je ein Trost gewesen?
    Bonnie schloß die Augen, um die Tränen zurückzudrängen. Jetzt war kaum der Moment, schmerzende Wunden aufzukratzen, alte Leiden auszugraben. Sie hatte weit aktuellere Sorgen.
    Wir haben vieles gemeinsam, hätte sie gern zu Lauren gesagt. Ich kann dir helfen, wenn du es mir erlaubst. Vielleicht können wir einander helfen.
    Sie nahm um sich herum Bewegung wahr und öffnete die Augen. Captain Mahoney war aufgestanden. »Ich will mich jetzt dann mal hier umsehen«, sagte er.

6
    »Mein Gott, wie

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