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Flieh Wenn Du Kannst

Flieh Wenn Du Kannst

Titel: Flieh Wenn Du Kannst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Rods als Vater ziemlich genau ins Schwarze getroffen hatte. Es stimmte, daß er sich kaum Zeit für seine Kinder nahm, auch für Amanda nicht. Zunächst hatte er behauptet, sie sei noch zu klein, zu zart, er habe Angst, sie zu halten. Mit Säuglingen habe er noch nie gut umgehen können, hatte er erklärt, obwohl das jetzt, da Amanda mittlerweile drei Jahre alt war, wahrhaftig nicht mehr als Begründung für seine Zurückhaltung gelten konnte.
    Bonnie hatte Rods Distanziertheit gegenüber seiner kleinen Tochter immer als eine Angst, sie zu verlieren, interpretiert. Er hatte schon einmal ein Kind durch einen tragischen Unfall und seine beiden älteren Kinder durch die Scheidung verloren. Er hatte Angst, sich einzulassen, Amanda bedingungslos zu lieben, er hatte Angst davor, wieder verletzt zu werden. So jedenfalls hatte Bonnie es gesehen, bis Caroline Gossett ihr etwas anderes erzählt hatte.
    Vielleicht wollte Rod mit seiner plötzlichen Verhaltensänderung nur beweisen, daß Caroline sich in ihm getäuscht hatte. Was immer auch dahintersteckte, wenn ihr – Bonnies – Besuch bei Caroline nichts anderes bewirkt hatte, als Rod an seine väterlichen Pflichten zu erinnern, so war er allein deswegen schon der Mühe wert gewesen. Sie griff nach Rods Hand und fragte: »Also, was ist mit meiner Überraschung?«
    »Mach die Augen zu«, befahl er.
    Bonnie schloß gehorsam die Augen und kam sich vor wie ein kleines Kind. Sie fing an zu kichern. Sie merkte, wie er aufstand, hörte, wie eine Schublade aufgezogen wurde, hörte Plastik knistern. Eine pinkfarbene Plastiktüte mit einem großen roten Herz auf der Seite. »Der Reiz schöner Wäsche« dachte sie und bereitete sich darauf vor, angemessene Überraschung zu mimen.
    »Okay«, sagte er. »Du kannst die Augen wieder aufmachen.«
    Mit der pinkfarbenen Plastiktüte in der Hand stand er vor ihr.
    »Was ist da drin?« fragte sie.
    Er legte ihr die Tüte auf den Schoß. »Ich hab’ dir schon lange nichts mehr mitgebracht«, sagte er ein wenig verlegen. »Ich hab’ mir gedacht, das würde vielleicht ein paar schöne Erinnerungen wecken.«
    Bonnie gab sich neugierig, dann überrascht, als sie die zarten Wäschestücke aus der Tüte zog. »Oh là là, was haben wir denn da?«
    »Du hast in Lavendel immer toll ausgesehen«, sagte er zu ihr. »Probier die Sachen doch mal an.«
    »Jetzt?«
    »Wenn du nichts anderes vorhast.«
    »Nein, ich habe nichts anderes vor«, sagte sie und stand auf. Rod, der ihr den Weg versperrte, nahm sie in die Arme und zog sie fest an sich.
    »Ich glaube, du weißt überhaupt nicht, wie sehr ich dich liebe«, sagte er.
    »Ich liebe dich auch.«
    »Ich hab’ mich wie ein Idiot benommen.«
    »Nein, überhaupt nicht.«
    »Ich hab’ mich in meiner Arbeit vergraben und versucht, alles, was passiert ist, einfach zu ignorieren. Ich habe dich und deine Sorgen nicht ernst genug genommen, ich habe mich dir und den Kindern entzogen...«
    »Aber jetzt bist du ja hier.«
    »Ich liebe dich.«
    »Ich liebe dich mehr«, sagte Bonnie.
    »Ich kann’s kaum erwarten, dich in den Sachen zu sehen.«
    »Der Büstenhalter sieht ein bißchen ambitioniert aus.« Bonnie hielt ihn vor ihren Busen. »Na ja, macht nichts. Wie heißt der schöne Spruch – mehr als eine Handvoll ist Verschwendung.«
    Er zog sie noch fester an sich und küßte sie wieder. Seine Zunge drängte in ihren Mund, und Bonnie dachte augenblicklich an die Schlange, wie sie nach Sams Lippen gezüngelt hatte. Sie fuhr zurück.
    »Was ist denn?« fragte Rod.
    Mit einem heftigen Kopfschütteln befreite sich Bonnie von dem Bild. »Ich werfe mich rasch in Schale«, flüsterte sie, entwand sich den Armen ihres Mannes und eilte ins Badezimmer.
    Rock und Bluse glitten zu Boden, ebenso ihre weiße Baumwollunterwäsche. Sie betrachtete ihren nackten Körper, und sofort setzte die Kritik ein: Ihr Busen könnte größer sein; ihr Po könnte straffer sein; ihr Bauch könnte flacher sein; ihre Arme schlanker. Ihr Gesicht konnte nicht mehr für das eines jungen Mädchens gehalten werden. Sie zog die Haut zu beiden Seiten ihrer Augen nach oben und dachte an Marla Brenzelle. Eine kleine Naht hier, ein kleiner Abnäher dort, eine Dosis Silikon hier, ein bißchen abgesaugtes Fett dort.
    Sie stieg in das Bikinihöschen und zog es über ihren schlanken Hüften hoch, zog ihren Bauch ein, drückte ihre Taille mit beiden Händen zusammen. Warum konnte sie nicht so eine Wespentaille haben wie die Models in den

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