Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
Vom Netzwerk:
Beschuldigten?« fragte Mordent.
    »Für die Katze«, antwortete Danglard diskret. »Wenn Sie ihren Napf füllen könnten, wäre das nett. Ich werde den ganzen Abend beschäftigt sein, vielleicht auch die ganze Nacht.«
    Mordent versicherte ihm, er könne sich auf ihn verlassen, und Danglard ging zurück und setzte sich wieder auf die Tischkante.
    Adamsberg nahm Damas gerade die Handschellen ab, wenngleich Danglard diese Geste für verfrüht hielt angesichts der Tatsache, daß ein Fenster noch ohne Gitter war und man die Reaktionen dieses Mannes nicht voraussehen konnte. Das beunruhigte ihn jedoch weniger als die Tatsache, Damas beschuldigt zu sehen, ohne auch nur den geringsten stichhaltigen Beweis dafür, daß er der Pestbereiter war. Damas' friedfertiges Aussehen entsprach überhaupt nicht ihren Erwartungen. Man suchte einen Gebildeten und großen Geist. Und Damas war ein schlichter Mensch, ja sogar ein bißchen schwer von Begriff. Es war absolut unmöglich, daß dieser Typ, der vor allem mit seiner Kraft protzte, dem Ausrufer derart komplizierte Nachrichten hätte übermitteln können. Danglard fragte sich besorgt, ob Adamsberg auch gut darüber nachgedacht haben mochte, bevor er sich mit gesenktem Kopf in diese unglaubliche Verhaftung gestürzt hatte. Nervös kaute er auf den Innenseiten seiner Wangen herum. Für ihn rannte Adamsberg geradewegs an die Wand.
    Der Kommissar hatte sich bereits mit dem Vertreter des Staatsanwalts in Verbindung gesetzt und Durchsuchungsbefehle für Damas' Laden und seine Wohnung in der Rue de la Convention erwirkt. Vor einer Viertelstunde waren sechs Männer zu beiden Orten aufgebrochen.
    »Damas Viguier«, begann Adamsberg, der dessen abgewetzten Personalausweis konsultierte. »Sie werden des Mordes an fünf Personen beschuldigt.«
    »Warum?« fragte Damas.
    »Weil Sie beschuldigt werden«, wiederholte Adamsberg.
    »Ach so. Sie sagen mir, ich hätte Leute umgebracht?«
    »Fünf«, bestätigte Adamsberg, breitete die Fotos der Opfer vor ihm aus und nannte eines nach dem anderen beim Namen.
    »Ich habe niemanden umgebracht«, sagte Damas, während er die Fotos betrachtete. »Kann ich gehen?« fügte er dann hinzu und stand auf.
    »Nein. Sie sind in Gewahrsam genommen. Sie können telefonieren.«
    Damas sah den Kommissar bestürzt an.
    »Aber telefonieren tu ich, wann ich will«, sagte er.
    »Diese fünf Personen sind alle im Laufe der Woche erdrosselt worden«, erklärte Adamsberg. »Vier in Paris, die letzte in Marseille.«
    »Sehr gut«, erwiderte Damas und setzte sich wieder.
    »Erkennen Sie sie, Damas?«
    »Natürlich.«
    »Wo haben Sie sie gesehen?«
    »In der Zeitung.«
    Danglard erhob sich und verließ den Raum, ließ aber die Tür offen, um der Fortsetzung dieses kümmerlichen Verhörbeginns folgen zu können.
    »Zeigen Sie mir Ihre Hände, Damas«, verlangte Adamsberg und legte die Fotos wieder zusammen. »Nein, nicht so, andersrum.«
    Damas leistete der Aufforderung bereitwillig Folge und zeigte dem Kommissar seine langen, straffen Hände, die Ballen nach oben gerichtet. Adamsberg nahm seine linke Hand.
    »Ist das ein Diamant, Damas?«
    »Ja.«
    »Warum drehen Sie ihn zur Innenseite?«
    »Um ihn nicht zu beschädigen, wenn ich die Bretter repariere.«
    »Ist er wertvoll?«
    »Zweiundsechzigtausend Francs.«
    »Wo haben Sie ihn her? Aus Familienbesitz?«
    »Das war der Preis für ein Motorrad, das ich verkauft habe, eine 1000 R1, fast neu. Der Käufer hat mich damit bezahlt.«
    »Es kommt nicht oft vor, daß ein Mann einen Diamanten trägt.«
    »Ich trage ihn. Da ich ihn nun mal habe.«
    Danglard erschien in der Tür und gab Adamsberg ein Zeichen, ihm nach draußen zu folgen.
    »Die Männer von der Spurensicherung haben gerade angerufen«, sagte er leise. »Ohne Ergebnis. Nicht ein Sack Holzkohle, keine Flohzucht, keine lebende oder tote Ratte und vor allem kein Buch, weder im Geschäft noch bei ihm, abgesehen von ein paar Romanen in Taschenbuchausgaben.«
    Adamsberg rieb sich den Nacken.
    »Lassen Sie es bleiben«, riet Danglard eindringlich. »Sie sind im Begriff, einen Riesenirrtum zu begehen. Der Typ ist nicht der Pestbereiter.«
    »Doch, Danglard.«
    »Sie können sich doch nicht auf diesen Diamanten kaprizieren, das ist ja lächerlich.«
    »Männer tragen keinen Diamanten, Danglard. Aber der hier trägt einen am linken Ringfinger, und er versteckt den Stein in der Hand.«
    »Um ihn nicht zu beschädigen.«
    »Blödsinn, nichts beschädigt einen Diamanten. Der Diamant

Weitere Kostenlose Bücher