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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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ist der Schutzstein gegen die Pest schlechthin. Er ist seit 1920 im Besitz der Familie. Damas lügt, Danglard. Vergessen Sie nicht, daß er dreimal am Tag die Urne des Ausrufers in die Finger bekommt.«
    »Der Typ hat sein Lebtag kein Buch gelesen, verdammt«, widersprach Danglard.
    »Wie wollen wir das wissen?«
    »Können Sie sich den Mann als Latinisten vorstellen? Machen Sie Witze?«
    »Ich kenne keinen Latinisten, Danglard. Deswegen habe ich auch nicht Ihre Vorurteile.«
    »Und Marseille? Wie ist er nach Marseille gekommen? Er steht immer im Laden.«
    »Nicht am Sonntag und auch nicht am Montagmorgen. Nach dem Abendausrufen hatte er genug Zeit, um in den 20-Uhr-20-Zug zu steigen. Und um zehn Uhr morgens wieder hier zu sein.«
    Wütend zuckte Danglard mit den Schultern und ging an seinen Bildschirm. Wenn Adamsberg sich irren wollte, so sollte er, aber ohne ihn.
    Die Oberleutnants hatten etwas zum Abendessen gebracht, und Adamsberg servierte die Pizzen in ihren Schachteln auf seinem Schreibtisch. Damas aß mit großem Appetit und zufriedenem Gesicht. Adamsberg wartete ruhig ab, bis alle mit Essen fertig waren, stapelte die Kartons neben dem Mülleimer und nahm dann bei geschlossener Tür das Verhör wieder auf.
    Eine halbe Stunde später klopfte Danglard. Seine Verdrossenheit schien größtenteils verflogen zu sein. Mit einem Blick gab er Adamsberg zu verstehen, er möge ihm folgen.
    »Im Personenregister gibt es keinen Damas Viguier«, sagte er leise. »Der Typ existiert nicht. Seine Papiere sind falsch.«
    »Sehen Sie, Danglard. Er lügt. Überprüfen Sie seine Fingerabdrücke, er hat sicher gesessen. Wir fangen noch mal von vorne an. Der Mann, der die Wohnung von Laurion und die in Marseille geöffnet hat, wußte, wie man's macht.«
    »Die Datenbank mit den Abdrücken ist gerade abgestürzt. Ich hab Ihnen ja gesagt, daß diese verdammte Datenbank mich seit acht Tagen nervt.«
    »Dann nichts wie zum Quai des Orfèvres, mein Lieber, schnell. Rufen Sie mich von dort aus an.«
    »Scheiße, auf dem Platz hier hat wirklich jeder einen falschen Namen.«
    »Decambrais sagt, es gibt Orte, an denen weht der Geist.«
    »Sie heißen nicht Viguier?« fragte Adamsberg, als er seine Stellung an der Wand wieder einnahm.
    »Das ist ein Name für den Laden.«
    |»Und für Ihre Papiere«, sagte Adamsberg und zeigte im seinen Ausweis. »Urkundenfälschung.«
    »Die hat mir ein Freund gemacht, das ist mir lieber.«
    »Weshalb?«
    »Weil ich den Namen meines Vater nicht mag. Er ist zu auffällig.«
    »Sagen Sie ihn nur.«
    Zum erstenmal schwieg Damas und preßte die Lippen zusammen.
    »Ich mag ihn nicht«, sagte er schließlich. »Man nennt mich Damas.«
    »Nun, dann warten wir eben auf den Namen«, erwiderte Adamsberg.
     
    Er wollte ein Stück zu Fuß gehen und überließ Damas seinen Oberleutnants. Es war manchmal sehr leicht zu erkennen, ob jemand log oder die Wahrheit sagte. Und Damas sagte die Wahrheit, wenn er beteuerte, niemanden umgebracht zu haben. Das hörte Adamsberg an seiner Stimme, er las es in seinen Augen, auf seinen Lippen und auf seiner Stirn. Aber er war nach wie vor überzeugt davon, den Pestbereiter vor sich zu haben. Zum erstenmal fühlte er sich vor einem Verdächtigen in zwei unvereinbare Hälften gespalten. Er rief die Männer an, die noch immer den Laden und die Wohnung durchsuchten. Die Durchsuchung war ein kompletter Mißerfolg. Eine Stunde später kehrte Adamsberg in die Brigade zurück, sah sich das Fax an, das Danglard geschickt hatte, und schrieb die Informationen in sein Notizbuch. Es überraschte ihn kaum, daß Damas auf seinem Stuhl eingeschlafen war und den tiefen Schlaf desjenigen schlief, der ein reines Gewissen hat.
    »Er schläft jetzt seit einer Dreiviertelstunde«, sagte Noèl.
    Adamsberg legte Damas eine Hand auf die Schulter.
    »Wach auf, Arnaud Damas Heller-Deville. Ich erzähl dir jetzt deine Geschichte.«
    Damas öffnete die Augen, dann schloß er sie wieder.
    »Ich kenne sie schon.«
    »Ist der Heller-Deville von der Luftfahrtindustrie dein Vater?«
    »Er war es«, antwortete Damas. »Gott sei Dank hat er sich vor zwei Jahren mitsamt seinem Privatflugzeug in die Luft gesprengt. Kein Friede seiner Seele.«
    »Warum nicht?«
    »Darum nicht«, sagte Damas, dessen Lippen leicht zitterten. »Sie haben nicht das Recht, mich zu befragen. Fragen Sie mich irgendwas anderes. Irgendwas anderes.«
    Adamsberg dachte an die Worte von Ferez und ließ es bleiben.
    »Du hast fünf Jahre in Fleury

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