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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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wirklich alles bereit? Hast du den Code, das Stockwerk? Zu wievielt sind sie da drin?«
    »Er lebt allein.«
    »Komm, ich gebe dir das Material, du darfst nicht allzu sehr trödeln. Ich habe ihnen seit achtundvierzig Stunden nichts zu fressen gegeben, sie werden sich auf ihn stürzen wie der Teufel auf die arme Seele. Zieh deine Handschuhe an.«
    Arnaud folgte ihr bis zu der Leiter, die auf den Speicher führte.
    »Fall nicht, Mané!«
    »Kümmer du dich um deinen Kram! Ich mach das zweimal am Tag.«
    Mühelos kletterte Mané zum Speicher hinauf, von wo ein schrilles Quieken zu hören war.
    »Immer mit der Ruhe, ihr Kleinen«, befahl sie. »Leuchte mir, Arnaud, dort auf den linken.«
    Arnaud richtete die Lampe auf einen großen Käfig, in dem sich etwa zwanzig Ratten drängten.
    »Sieh dir die da in der Ecke an, die liegt in den letzten Zügen. Morgen habe ich schon wieder neue.«
    »Bist du sicher, daß sie infiziert sind?«
    »Voll bis zum Rand. Willst du mein Wissen anzweifeln? Just vor dem Großen Abend?«
    »Natürlich nicht. Aber mir wäre lieber, du gibst mir zehn mit statt fünf. Dann wären wir sicherer.«
    »Ich gebe dir fünfzehn, wenn du willst. Dann kannst du ganz beruhigt schlafen.«
    Die alte Frau bückte sich, um einen kleinen Stoffbeutel aufzuheben, der neben dem Käfig auf dem Boden lag.
    »Vorgestern an der Pest gestorben«, sagte sie und schwenkte den Beutel vor Arnauds Nase. »Wir werden ihr die Flöhe abkämmen, und dann ab damit. Leuchte mir.«
    Arnaud sah zu, wie Mané sich in der Küche an dem Rattenkadaver zu schaffen machte.
    »Paß auf dich auf. Was ist, wenn sie dich beißen?«
    »Ich hab nichts zu befürchten, sag ich dir«, schimpfte Mané. »Außerdem bin ich vom Kopf bis Fuß mit Olivenöl eingerieben. Beruhigt dich das?«
    ZehnMinuten später warf sie das Tier in den Mülleimer und hielt Arnaud einen großen Umschlag hin.
    »Zweiundzwanzig Flöhe«, sagte sie. »Du siehst, du hast was zur Sicherheit.«
    Er steckte den Umschlag vorsichtig in die Innentasche seiner Jacke.
    »Ich gehe jetzt, Mané.«
    »Schlitz ihn mit einer raschen Bewegung auf und schieb ihn unter der Tür durch. Und mach es ohne Furcht. Du bist der Meister.«
    Die alte Frau schloß ihn kurz in die Arme.
    »Schluß mit dem Mist«, sagte sie. »Jetzt bist du dran. Möge der Herr dich beschützen, und nimm dich vor den Bullen in acht!«
     

15
     
    Adamsberg kam gegen neun Uhr morgens in die Brigade. Der Samstag war ein Tag mit wenig Betrieb, mit reduzierter Belegschaft, und der Lärm der Bohrhämmer war verstummt. Danglard war nicht da, sicherlich war er gerade dabei, den hohen Preis für seine im Viking durchgemachte Verjüngungskur zu zahlen. Adamsberg selbst bewahrte vom Vorabend nur jenes Gefühl, das den mit Camille verbrachten Nächten eigen war, eine Mattigkeit in den Schenkel- und Rückenmuskeln, die ihn bis ungefähr zwei Uhr begleiten würde, wie ein gedämpftes Echo aus dem Innern seines Körpers. Dann würde es verschwinden.
    Er verbrachte den Vormittag mit einer neuerlichen Telefonrunde durch die Kommissariate der Arrondissements. Nichts zu vermelden, kein verdächtiger Todesfall in den mit Vieren versehenen Gebäuden. Dafür waren drei zusätzliche Anzeigen wegen Sachbeschädigung im 1., 16. und 17. Arrondissement eingegangen. Immer Vieren, immer dieselbe Unterschrift, bestehend aus drei Buchstaben, CLT. Er beendete seine Runde mit einem Anruf bei Breuil in der Polizeipräfektur.
    Breuil war ein liebenswürdiger und vielschichtiger Kerl, ein ironischer Ästhet und begabter Koch, Eigenschaften, die dafür bürgten, daß er seinen Nächsten nicht voreilig beurteilte. Am Quai des Orfèvres, wo die Ernennung Adamsbergs zum Chef des Morddezernats angesichts seiner Unbekümmertheit, seiner Kleidung und seiner mysteriösen beruflichen Erfolge beträchtliche Wellen geschlagen hatte, war Breuil einer der wenigen, die ihn nahmen, wie er war, ohne je zu versuchen, ihn in eine Schablone zu pressen. Und diese Duldsamkeit war um so wertvoller, als Breuil in der Präfektur einen einflußreichen Posten bekleidete.
    »Sei bitte so gut, mich zu informieren, falls es in einem dieser Häuser Ärger geben sollte«, bat Adamsberg. »Ich bin seit mehreren Tagen an der Sache dran.«
    »Das heißt, ich soll dir helfen?«
    »Ganz genau.«
    »Verlaß dich auf mich«, erwiderte Breuil. »Ich an deiner Stelle würde mir aber keine allzu großen Sorgen machen. Typen, die so abgedreht agieren wie dein Sonntagsmaler, sind im

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