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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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»Ein Exakter, Sie können ihm vertrauen.«
    »Kann ich wieder gehen?« fragte Mathias. »Ich bin nämlich gerade am Zusammensetzen.«
    »Ja«, sagte Marc. »Ich danke dir.«
    »Am Zusammensetzen?« fragte Adamsberg.
    »Er klebt im Keller altsteinzeitliche Feuersteine zusammen«, erklärte Marc Vandoosler.
    Adamsberg nickte verständnislos. Was er jedoch verstand, war, daß ein paar Fragen nicht reichten, um zu begreifen, wie dieses Haus, geschweige denn seine Bewohner funktionierten. Das erforderte bestimmt einen vollständigen Lehrgang, und es ging ihn auch nichts an.
    »Natürlich könnte Mathias lügen«, sagte Marc Vandoosler. »Aber wenn Sie wollen, befragen Sie uns getrennt über die Farbe der Laken. Das Datum hat er nicht vertauschen können. Ich habe die Wäsche am selben Morgen bei Madame Toussaint, Avenue de Choisy 22, abgeholt, Sie können das überprüfen. Ich habe sie im Lauf des Tages in der Maschine gehabt und getrocknet, und wir haben sie abends gebügelt. Am nächsten Tag habe ich sie zurückgebracht. Zwei hellblaue Laken mit Muscheln und zwei andere braunrosafarbene, die linke Seite grau.«
    Adamsberg nickte. Ein tadelloses häusliches Alibi. Der Kerl kannte sich mit Wäsche aus.
    »Gut«, sagte er. »Ich fasse Ihnen die Dinge in wenigen Worten zusammen.«
    Da Adamsberg langsam redete, brauchte er trotz allem fünfundzwanzig Minuten, um die Sache mit den Vieren, dem Ausrufer und dem gestrigen Mord darzulegen. Die beiden Vandooslers hörten aufmerksam zu. Marc nickte häufig, wie um die einzelnen Passagen des Berichts zu bestätigen.
    »Da haben Sie einen sogenannten ›Pestbereiter‹ am Hals«, schloß er. »Und zugleich einen Beschützer. Also einen Menschen, der sich für einen Meister der Pest hält. Das hat es schon gegeben, vor allem aber sind sie schon zu Tausenden erfunden worden.«
    »Das heißt?« fragte Adamsberg und schlug sein Notizbuch auf.
    »Bei jedem Ausbruch der Pest«, erklärte Marc, »war der Schrecken so groß, daß man außer Gott, den Kometen und der Verseuchung der Luft, die man nicht züchtigen konnte, irdische Verantwortliche suchte, die man bestrafen konnte. Man suchte ›Pestbereiter‹. Man beschuldigte Menschen, die Geißel mittels Salben, Fetten und verschiedener Präparate zu verbreiten, die sie auf Klingeln, Schlössern, Geländern und Fassaden aufbrachten. Ein armer Kerl, der achtlos mit der Hand ein Gebäude berührte, riskierte tausend Tode. Es wurden massenweise Leute gehängt. Man nannte sie Pestbereiter oder auch Salber, ohne sich auch nur ein einziges Mal in der Menschheitsgeschichte zu fragen, wieso jemand dies tun sollte. Hier haben Sie einen Pestbereiter, kein Zweifel. Aber er verbreitet seine Pest nicht überall. Er greift den einen an und beschützt die anderen. Er ist Gott und schwingt die Geißel Gottes. Als Gott wählt er diejenigen aus, die er zu sich ruft.«
    »Wir haben eine Verbindung zwischen all denjenigen gesucht, die der Gefahr ausgesetzt sind. Im Augenblick noch erfolglos.«
    »Wenn es einen Bereiter gibt, gibt es auch Überträger. Was benutzt er? Haben Sie Spuren von Salben auf den unberührten Türen gefunden? An den Schlössern?«
    »Danach haben wir nicht gesucht. Wozu ein Überträger, wo er seine Opfer doch erwürgt?«
    »Ich vermute, daß er sich in seiner Logik nicht als Mörder sieht. Wenn er selbst morden wollte, brauchte er diese ganze Pestgeschichte nicht. Als Medium braucht er eine Geißel, die er zwischen sich und jene setzt, die er umbringt. Die Pest tötet, nicht er.«
    »Deswegen die Anzeigen.«
    »Ja. Er inszeniert die Pest mit großem Brimborium und macht sie so allein verantwortlich für das, was sich ereignen wird. Und er braucht notwendigerweise einen Überträger.«
    »Die Flöhe«, gab Adamsberg zu bedenken. »Mein Stellvertreter ist gestern bei dem Opfer gebissen worden.«
    »Verdammt, Flöhe? Gab es bei dem Toten Flöhe?«
    Marc war plötzlich aufgesprungen, die Fäuste in den Hosentaschen.
    »Was für Flöhe?« fragte er nervös. »Katzenflöhe?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe die Kleidungsstücke ins Labor bringen lassen.«
    »Wenn es sich um Katzen- oder Hundeflöhe handelt, ist nichts zu befürchten«, erklärte Marc und ging neben dem Tisch auf und ab. »Sie sind ungeeignet. Aber wenn es sich um Rattenflöhe handelt, wenn der Kerl wirklich Rattenflöhe infiziert hat und sie aussetzt, verdammt, dann ist das eine Katastrophe.«
    »Sind sie wirklich gefährlich?«
    Marc starrte Adamsberg an, als habe der ihn

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