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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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nicht, verstehst du, genausowenig wie alles andere.«
    Camille ließ den Arm wieder sinken und lächelte.
    »Aber plötzlich rutschst du aus, machst einen Fehler. Und verbrennst dich, ohne es zu wollen.«
    »Brennt es?«
    »Nicht schlimm, das geht vorbei.«
    Sie nahm die zweite Bierflasche und trank, diesmal langsamer, ein paar Schlucke. Danglard beobachtete sie. Camille ähnelte ihrer Mutter sehr, der Königin Mathilde, sie hatte deren eckige Kieferknochen, den zierlichen Hals und die leicht geschwungene Nase. Aber Camille hatte sehr helle Haut und noch kindliche Lippen, die sich von dem breiten, siegesgewissen Lächeln Mathildes unterschieden. Einen Augenblick saßen sie schweigend da, und Camille leerte ihre zweite Flasche.
    »Liebst du ihn?« fragte Danglard.
    Camille stützte ihre Ellbogen auf die Knie und betrachtete aufmerksam die kleine grüne Flasche auf dem niedrigen Tisch.
    »Sehr heikel«, antwortete sie behutsam und schüttelte den Kopf.
    »Weißt du, Camille, an dem Tag, an dem Gott Adamsberg schuf, hatte Er eine sehr schlechte Nacht hinter sich.«
    »Ach nein«, sagte Camille und hob den Blick, »das wußte ich nicht.«
    »Doch. Und Er hatte nicht nur schlecht geschlafen, sondern war auch ein wenig knapp mit Material. So daß Er in seinem Leichtsinn bei seinem Kollegen anklopfte, um sich ein wenig Material zu leihen.«
    »Du willst sagen... bei dem Kollegen von unten?«
    »Natürlich. Dieser stürzte sich auf den unverhofften Glücksfall und beeilte sich, das Nötige zu besorgen. Und Gott, von seiner schlaflosen Nacht noch wie benommen, mischte alles unüberlegt zusammen. Aus dieser Masse machte Er Adamsberg. Es war wirklich kein gewöhnlicher Tag.«
    »Davon wußte ich überhaupt nichts.«
    »Das findet sich in allen guten Büchern«, bemerkte Danglard lächelnd.
    »Und? Was gab Gott Jean-Baptiste?«
    »Er gab ihm Intuition, Sanftmut, Schönheit und Anpassungsfähigkeit.«
    »Und was gab Satan?«
    »Gleichgültigkeit, Sanftmut, Schönheit und Anpassungsfähigkeit.«
    »Scheiße.«
    »Ganz richtig. Aber man hat nie herausgefunden, in welchem Verhältnis Gott, der Leichtsinnige, sein Gemisch zubereitete. Das ist noch heute eines der großen theologischen Mysterien.«
    »Ich will damit nichts zu tun haben, Adrien.«
    »Das ist normal, Camille, denn es ist allgemein bekannt, daß Gott, als er dich herstellte, siebzehn Stunden lang gepennt hatte und in phantastischer Form war. Den ganzen Tag lang strengte Er sich an, dich beseligt mit seinen eifrigen Händen zu modellieren.«
    Camille lächelte.
    »Und du, Adrien? Wie war Gott, als er dich schuf?«
    »Er hatte den ganzen Abend mit seinen Kumpanen Raphael, Michael und Gabriel gepichelt, irgendwas Hochprozentiges. Die Anekdote ist weniger bekannt.«
    »Das hätte sich doch fabelhaft auswirken können.«
    »Nein, denn die Hände zitterten ihm davon. Deshalb siehst du meine Umrisse verworren, schwammig, aufgelöst.«
    »Alles hat eine Erklärung.«
    »Ja, da siehst du, wie einfach das ist.«
    »Ich werde mal wieder losziehen, Adrien.«
    »Bist du dir sicher?«
    »Hast du eine bessere Idee?«
    »Zwing ihn.«
    »Ich mag Menschen nicht zwingen, das hinterläßt Spuren an ihnen.«
    »Du hast recht. Mich hat man einmal gezwungen.«
    Camille nickte.
    »Du mußt mir helfen. Ruf mich morgen an, wenn er in der Brigade ist. Dann kann ich bei mir vorbeigehen und meine Sachen packen.«
    Camille nahm die dritte Flasche und trank in großen Schlucken.
    »Wo gehst du hin?« fragte Danglard.
    »Keine Ahnung. Wo gibt es Platz?«
    Danglard zeigte auf seine Stirn.
    »Ach ja«, sagte Camille lächelnd, »aber du bist ein alter Philosoph, und mir fehlt deine Weisheit. Adrien?«
    »Ja?«
    »Was mache ich damit?«
    Camille streckte die Hand aus und zeigte ihm die Fellkugel. Es war tatsächlich ein Kätzchen.
    »Es ist mir heute abend gefolgt. Ich vermute, es wollte mir helfen. Es ist ganz klein, aber scharfsinnig und sehr stolz. Ich kann es nicht mitnehmen, es ist zu zerbrechlich.«
    »Willst du, daß ich mich um die Katze kümmere?«
    Danglard packte das Kätzchen am Rückenfell, sah es sich an und setzte es irritiert wieder auf den Boden.
    »Es wäre besser, du bliebest«, bemerkte Danglard. »Du wirst ihm fehlen.«
    »Dem Katzenbaby?«
    »Adamsberg.«
    Camille trank ihre dritte Flasche aus und stellte sie geräuschlos auf den Tisch.
    »Nein«, erwiderte sie. »Er ist nicht zerbrechlich.«
    Danglard versuchte nicht, Camille umzustimmen. Nach solchen Unfällen hilft es manchmal,

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