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Fliehe weit und schnell

Fliehe weit und schnell

Titel: Fliehe weit und schnell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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überall hin und kann noch nicht richtig fressen.«
    »Danglard, Sie hatten gesagt, Sie wollten kein Tier.«
    »Man sagt das eine und tut das andere.«
    Danglard war einsilbig, beinahe feindselig, den Blick starr auf den Bildschirm gerichtet, Zeichen, an denen Adamsberg deutlich jene stumme Mißbilligung erkennen konnte, die er bisweilen von seinem Stellvertreter zu erdulden hatte. Sein Blick wandte sich erneut dem Korb zu, und deutlich stieg das Bild vor ihm auf. Camille von hinten, wie sie ging, über einem Arm die Jacke, unter dem anderen ein weißgraues Kätzchen, das er beim Hinterherrennen nicht weiter beachtet hatte.
    »Sie hat es Ihnen anvertraut, nicht wahr, Danglard?« fragte er.
    »Ja«, antwortete Danglard, den Blick noch immer auf den Bildschirm geheftet.
    »Wie heißt es?«
    »Die Kugel.«
    Adamsberg zog sich einen Stuhl heran und setzte sich, die Ellbogen auf den Oberschenkeln.
    »Sie ist weg«, sagte er.
    »Ja«, wiederholte Danglard, und diesmal wandte er den Kopf und begegnete dem von Müdigkeit gezeichneten Blick Adamsbergs.
    »Hat sie Ihnen gesagt, wohin?«
    »Nein.«
    Für einen Moment herrschte Schweigen.
    »Es hat eine kleine Kollision gegeben«, sagte Adamsberg.
    »Ich weiß.«
    Adamsberg fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar, mehrere Male, langsam, als ob er seinen Schädel zusammenpressen wollte, dann erhob er sich und verließ wortlos die Brigade.
     

30
     
    Masséna holte seinen Kollegen am Flughafen Marseille-Marignane ab und brachte ihn direkt in die Leichenhalle, in die man den Toten transportiert hatte. Adamsberg wollte ihn sehen, da Masséna sich nicht in der Lage sah festzustellen, ob er es bei dem Mörder mit einem Trittbrettfahrer zu tun hatte oder nicht.
    »Wir haben ihn nackt in seiner Wohnung gefunden«, erklärte Masséna. »Die Schlösser waren fachmännisch aufgebrochen worden. Sehr saubere Arbeit. Dabei hatte die Tür zwei ganz neue, starke Schlösser.«
    »Anfängerarbeit«, kommentierte Adamsberg. »Stand keine Wache auf dem Treppenabsatz?«
    »Ich habe viertausend Gebäude am Hals, Kollege.«
    »Ja. Dann ist er stark. Binnen weniger Tage hat er die komplette polizeiliche Überwachung ausgehebelt. Name, Vorname, Merkmale?«
    »Sylvain Jules Marmot, dreiunddreißig Jahre alt. Angestellt im Hafen, bei der Schiffsausbesserung.«
    »Schiffsausbesserung«, wiederholte Adamsberg. »War er mal in der Bretagne?«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich weiß es gar nicht, ich frage nur.«
    »Mit siebzehn hat er in Concarneau gearbeitet. Da hat er das Handwerk gelernt. Plötzlich hat er dann alles sausen lassen und ist nach Paris gegangen, wo er sich von kleinen Schreinerarbeiten ernährt hat.«
    »Lebte er allein hier?«
    »Ja. Seine Freundin ist verheiratet.«
    »Deshalb hat der Pestbereiter ihn zu Hause getötet. Er ist sehr gut informiert. Es gibt in der Sache keinen Zufall, Masséna.«
    »Vielleicht, aber es gibt auch nicht den geringsten Berührungspunkt zwischen diesem Marmot und Ihren vier Opfern. Außer diesem Aufenthalt in Paris zwischen zwanzig und siebenundzwanzig. Machen Sie sich keine Sorgen wegen der Vernehmungen, Kollege, ich habe die gesamte Akte an Ihre Brigade geschickt.«
    »Damals in Paris ist es passiert.«
    »Was?«
    »Ihre Begegnung. Diese fünf müssen sich irgendwie kennengelernt haben, sie müssen sich begegnet sein.«
    »Nein, Kollege, ich glaube, der Pestbereiter will uns einfach in der Gegend herumschicken. Er macht uns glauben, die Morde hätten eine Bedeutung, um uns zu verwirren. Daß Marmot allein lebte, war leicht herauszufinden. Das ganze Viertel weiß es. Hier findet das Leben praktisch auf der Straße statt.«
    »Hat er auch seine Portion Tränengas bekommen?«
    »Einen ordentlichen Schwall ins Gesicht. Wir werden die Probe mit der von Paris vergleichen, um herauszufinden, ob er es mitgebracht oder in Marseille gekauft hat. Das könnte ein Anfang sein.«
    »Hören Sie auf zu träumen, Masséna. Der Typ ist hochbegabt, da bin ich mir sicher. Er hat die ganze Sache im voraus geplant, mit allen Verknüpfungen, allen Kettenreaktionen - wie ein Chemiker. Und er weiß ganz genau, zu welchem Ergebnis er gelangen will. Es würde mich nicht wundern, wenn der Typ Wissenschaftler wäre.«
    »Wissenschaftler? Ich dachte, Sie hielten ihn für einen Literaten.«
    »Das schließt sich nicht aus.«
    »Wissenschaftler und verrückt?«
    »Er hat seit 1920 einen Mythos im Kopf.«
    »Verdammt, Kollege, ein Greis von achtzig Jahren?«
    Adamsberg lächelte. Im

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