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Fliehganzleis

Fliehganzleis

Titel: Fliehganzleis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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Riese, in weiten Hosen und einem knallbunten Hemd, steht vor ihr, eine Flasche Wein in der Hand, eine Einkaufstasche in der anderen, und sagt: »Hallo, Larissa. Ich störe doch nicht? Wollte mich nur für den netten Ausflug neulich bedanken.«
    In der anderen Hand hält er einen Zettel. Auf dem steht in krakeligen Buchstaben: ›Achtung. Ich bin Udo und dein Kontaktmann!‹
    Der Mann ist von drüben. Einer aus dem Westen. Sie sieht es an seinen Turnschuhen, seiner Lässigkeit, seiner ganzen Art.
    »Ach … Morgen, Udo«, sagt Larissa, nachdem sie einen Sekundenbruchteil gezögert hat. »Möchtest du nicht reinkommen?«
    Sie glaubt nicht, dass ihre Wohnung verwanzt ist, aber man kann nie wissen. Zudem haben sämtliche Wände im Plattenbau Ohren, und wer hinter den Türen auf der Etage lauscht, wenn Larissa Besuch bekommt, weiß sie nicht.
    »Du hast noch geschlafen«, stellt Udo fest, der in Wirklichkeit sicher anders heißt, mit einem Blick auf ihren Morgenrock. Er stellt die Einkaufstasche ab und stößt leicht mit dem Fuß dagegen. »Ich dachte, wir könnten gemeinsam zu Matthias’ Geburtstagsfeier gehen.«
    »Ja. Ja, klar.«
    »Prima.«
    »Möchtest du einen Kaffee, während ich mich rasch fertig mache?«
    »Gern. Warum nicht?«
    Larissa bewohnt eine Einraumwohnung, die außer aus einem mikroskopischen Bad und einer um ein Weniges größeren Küche nur noch ein einziges Zimmer besitzt. Nachts zieht Larissa das Bett aus und räumt es morgens wieder weg. Wenn sie wochenlang keinen Besuch bekommt, lässt sie das Aufräumen ganz sein. Sie schiebt Udo in die Küche, drückt ihm eine Tasse in die Hand und schenkt ihm Kaffee ein.
    »Ich bin gleich wieder da.«
    Sie zieht sich in aller Hast an. Kämmt sich das lange Haar und steckt es nachlässig hoch. Ihre Finger zittern zu sehr, um mit den Haarklammern geschickt umgehen zu können. Sie schlüpft in ein Paar Sandalen, nimmt ihre Handtasche und geht zu Udo hinüber.
    »Ich wäre so weit.«
    Udo lächelt sie an. Er hat in ihrem Aschenbecher den Zettel von vorhin verbrannt.
    »Na, dann!«
    Sie gehen schweigend durchs Treppenhaus und treten in den warmen Augusttag hinaus. Alles zieht unwirklich an Larissa vorbei, während sie sich von Udo unterhaken lässt und langsam mit ihm die Straße hinabschreitet. Sie weiß später nicht mehr, wohin ihre Schritte sie getragen haben. Ihr Kopf ist aufmerksam wie nie und doch seltsam benebelt.
    »Nächsten Freitag geht es los. Sorgen Sie dafür, dass Sie Frühschicht arbeiten. Sie werden am späten Abend abgeholt.«
    »Gut.« Larissa lauscht ihrem rasenden Herzen. »Alex … Alex Finkenstedt … , gehört er zu Ihrer Gruppe?«
    Udo bleibt stehen. Er wendet sich um, sieht die Straße hinauf und hinunter. »Woher wissen Sie seinen Nachnamen?« Sein Griff um Larissas Arm wird schmerzhaft. In seinem Blick steht Angst.
    »Wir sind einander durch Zufall auf einer Hochzeit begegnet. Beide waren wir nicht sonderlich glücklich darüber«, sagt Larissa und schämt sich, weil sie lügt. Diese eine Begegnung mit Alex trägt sie mit sich herum, ruft sie herbei wie einen Zauber, durchlebt die Lust und die Leidenschaft, die Hoffnung und Sehnsucht genauso wie die Resignation, den Schmerz, dass es vorbei ist, bevor es angefangen hat.
    »Sie dürfen mit niemandem, absolut mit niemandem darüber sprechen!«, faucht Udo. »Alex und sein Leichtsinn! Will sich keinen Decknamen zulegen. Als legte er es darauf an! Lassen Sie uns weitergehen. Wir fallen sonst auf.«
    »Werden wir beobachtet?«
    »Immer.«
    »Immer?«
    »Sie sind doch nicht von gestern, oder?«, knurrt Udo. Sein jungenhaftes Gehabe weicht Anspannung und Streitlust.
    »Nein. Jeder von uns weiß, was er sagen kann und was nicht.« Wir denken in Bildern, fügt sie für sich hinzu.
    »Alex muss höllisch aufpassen. Sein Vater ist der Finkenstedt. Ja. Der Bonze, der die Wehrdienstverweigerer fertiggemacht hat.«
    »Juristen von seiner Sorte gibt es viele.«
    »Aber keine, deren Söhne aktive Fluchthelfer sind.«
    Larissa will fragen. Wie viele seid ihr? Was tut ihr, damit die Flucht gelingt? Welche Risiken nehmt ihr auf euch?
    »Sie sind doch aus dem Westen.«
    »Klar.«
    Verstohlen schaut sie zurück.
    »Es kann jederzeit passieren, dass uns einer nachläuft«, sagt Udo. »Wir gehen spazieren, vergessen Sie das nicht. Wir gehen zu einer Geburtstagsparty. Sehen Sie sich nicht so oft um.«
    »Woher wussten Sie, dass ich in letzter Zeit so viele Ausflüge unternommen habe?«
    Udo grinst schief.
    »Nun

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