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Fliehganzleis

Fliehganzleis

Titel: Fliehganzleis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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redete ungerührt weiter.
    »Von daher habe ich eine gewisse Abneigung gegen linke Parteien. Aber wir sind ein pluralistischer Staat, und es steht uns nicht nur zu, politische Meinungen zu bevorzugen oder abzulehnen, sondern es ist Teil der gesellschaftlichen Logik. Habe ich recht?«
    »Klar.« Nero spürte, dass die Recherchen in der deutschen Vergangenheit seinen Kollegen aufwühlten. Er selbst war politisch nicht festgelegt. Er hatte es schon mit der CSU , der SPD und den Grünen probiert, war aber nach jeder Wahl aufs Neue enttäuscht von den Resultaten. Daher wartete er gespannt auf die bayerische Landtagswahl in wenigen Wochen. Irgendwann musste sich auch im Freistaat etwas ändern.
    »Was ich aber sagen will«, fuhr Freiflug fort, »ist etwas ganz anderes: Mag ja sein, dass die Linke eine demokratisch gewählte Partei ist. Aber sie ist keine demokratische Partei. Das ist meine Meinung. Beides geht nicht automatisch Hand in Hand!« Er atmete tief durch. »Entschuldige. Ich wollte dir nicht auf die Zehen treten.«
    »Das tust du nicht«, versicherte Nero. »Was macht Finkenstedt eigentlich beruflich? Als Jurist konnte er doch sicher nie mehr arbeiten?«
    »Natürlich nicht, er wurde freier Unternehmer und machte einen Gebrauchtwagenhandel auf. 1998 wurde er wegen Versicherungsbetrugs angezeigt und zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er hatte Kunden animiert, Schäden an ihren Fahrzeugen als Unfallschäden zu deklarieren. Teilweise rumste noch mal einer mit dem Auto gegen eine Mauer. Die Versicherungssumme teilten dann Finkenstedt und der Kunde. Das Konstrukt flog auf, als ein echter Unfall passierte.«
    »Gab es mal eine Anzeige wegen Körperverletzung?«
    Freiflug schüttelte den Kopf. »Nichts aktenkundig. Alexander Finkenstedt übrigens kam in der Bundesrepublik nie mit dem Gesetz in Konflikt.«
    »Könnte er wieder bei seinem Vater wohnen?«, kam Nero auf sein eigentliches Anliegen zurück.
    »Nach allem, was der ihm angetan hat?« Freiflug schüttelte den Kopf. »Never ever.«
    Einen einzelnen Mann zu finden, der sich vorsichtig verhielt, nicht Auto fuhr und keine Kreditkarten benutzte, war selbst im Rahmen einer Fahndung ausgesprochen schwierig. Martha Gelbach würde Glück brauchen.
    »Was hat er zuletzt bezahlt, am 27.?«, fragte Nero.
    »Für 89,99 hat er bei Karstadt in Frankfurt eingekauft. Warte mal … hier: Bekleidung.«
    »Womit hat er Geld verdient?«
    »Ein Antiquariat in Leipzig überweist seit Anfang des Jahres regelmäßig 400 Euro pro Monat. Sieht nach einem kleinen Job aus.«
    »Anfang des Jahres? Da war er doch noch in der Klinik! Und außerdem kann er davon wohl kaum leben.«
    »Apropos Klinik. Er ist bei der AOK versichert.«
    »Bist du reingekommen?«
    Markus Freiflug sah Nero an. Seine Augen hinter den Brillengläsern waren gerötet. »Das ist mir zu heiß, Nero.«
    »Gib mir die Telefonnummer von Finkenstedt senior.«
    Freiflug schob einen Zettel über den Schreibtisch. Nero wählte die Nummer und lauschte dem gleichmäßigen Tuten. In Leipzig, in Reinhard Finkenstedts Wohnung, klingelte das Telefon.
    »Er nimmt nicht ab.« Nero gab sich nicht geschlagen. »Wenn einer abtaucht, mit falschen Papieren von mir aus, dann … «
    »Er muss keine falschen Papiere haben«, entgegnete Markus Freiflug. »Innerhalb der EU kannst du reisen, ohne dass jemand dich auch nur anschaut. Seit Kurzem führen auch die neuen Beitrittsländer keine Grenzkontrollen mehr durch. Er kann zwischen Portugal und Estland unterwegs sein. Sofern er nicht fliegt oder eine Bahnfahrkarte im Internet bucht, wird kein Mensch auf ihn aufmerksam.«
    Nero verstand, dass Freiflug die Vermutungen nicht ins Kraut schießen lassen wollte. Falsche Papiere kosteten eine Stange Geld. Geld, das Alex Finkenstedt offensichtlich nicht hatte.
    »Handy: Fehlanzeige«, sagte Freiflug. »Keine Kreditkarte, keine Kundenkarten. Er kauft nichts im Internet und lebte bisher wohl davon, bei seiner Bank oder am Geldautomaten Bares abzuheben und ebenso zu bezahlen: in bar.«
    »Das ist sowieso das Sicherste«, murmelte Nero. »Auch wenn es bieder klingt. Aber woher hat der Mann Bargeld, wenn er sein Konto seit über einem Monat nicht angerührt hat?«
    »Nimm an, er sitzt in Lappland in einem verlassenen Sommerhaus«, fantasierte Freiflug drauflos. »Er bricht die Tür auf, besorgt sich irgendwo Vorräte … er kann wochenlang dort sitzen, vielleicht den ganzen Winter, wenn er es schlau anstellt.«
    »Von mir aus. Aber wie kam er hin? Wo

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