Flirt mit dem Tod
die Hände um den Hals. Einen Moment wartete er, weidete sich an der Panik, die sich mit Sicherheit in ihren Augen spiegelte. Er drückte zu. Nur kurz. Trotzdem reichte es, um Elena schwarze Punkte sehen zu lassen.
Steve ließ los, kletterte von ihr hinunter und nahm die Wanderung im Zimmer wieder auf. »Sieh dich hier um! Ich habe in einem verdammten Rattenloch gelebt. Hast du die Häuser in diesem Viertel gesehen? Hier hat jeder Geld. Mein Onkel führte eine gut gehende Versicherungsagentur, Ed Coleman hat seine Baufirma. Hier wohnen Bankangestellte, Ärzte, Collegeprofessoren. Und in einem beschissenen kleinen Apartment über der Garage habe ich gelebt. Ein Almosen meines Onkels an meine Mutter. Sie musste nicht einmal Miete zahlen, wozu sie auch nicht in der Lage gewesen wäre.
Wir waren wie Aussätzige. Eine Frau mit einem Kind, von dem sie nicht einmal wusste, wer der Vater war. Meine Klamotten stammten von der Heilsarmee oder waren Geschenke meiner Tante.
Meine Mutter hat die Häuser im Viertel geputzt. Auch Colemans. Sie konnte eine richtige Hexe sein, gemein und bösartig. Sie hasste Gott und die Welt, hasste die Menschen, für die sie arbeitete, meinen Vater, meinen Onkel – und natürlich mich. Alle waren an ihrem miesen Leben schuld. Was glaubst du, wie oft ich mir aus den nichtigsten Gründen eine Ohrfeige oder gar eine Tracht Prügel eingefangen habe? Wie oft ich ohne Abendbrot ins Bett musste? Denkst du, es ist schön, in einen Schrank eingesperrt zu werden, nur weil man einmal widersprochen hat?« Seine Gesichtszüge, die eben noch verbissen und hart waren, entspannten sich ein wenig. »Und dann veränderte sie sich plötzlich. Sie wurde weicher und lächelte sogar manchmal. Wenn sie sich unbeobachtet fühlte, tanzte sie durch das Apartment und sang leise. Bevor sie das Haus verließ, blickte sie in den Spiegel und glättete ihr Haar, das ihr sonst egal war.
Diese Veränderung hatten wir Ed Coleman zu verdanken. Seit sie sein Haus putzte, veränderte sie sich Stück für Stück in eine andere Frau. Er trug sie auf Händen. Wenn sie einen Krug Limonade für ihn ansetzte, bat er sie, auf der Terrasse ein Glas mit ihm zu trinken. Er stellte ihr morgens einen Donut auf den Küchentresen, wenn er wusste, dass sie putzen kam. Er hat mir sogar erlaubt, in seinem Pool zu schwimmen oder auf dem Rasen Bälle zu werfen, solange meine Mutter im Haus arbeitete. Wir waren die einzigen im ganzen Viertel, die kein Auto hatten. Meine Mutter musste zum Supermarkt laufen, wenn ihre Einkäufe nicht mit denen meiner Tante zusammenfielen. Ein paar Mal hat er angehalten und sie mitgenommen, wenn sie die schweren Tüten nach Hause schleppte. Er hat sie ihr bis in unsere Wohnung getragen.
Sie gingen zusammen aus und meine Mutter sprach immer öfter von Ed und dem schönen Haus, in das wir bald ziehen würden. Sie sagte immer: Er ist nur noch einen Wimpernschlag von einem Heiratsantrag entfernt. Wahrscheinlich ziehen wir schon nächste Woche um. Ich war genauso begeistert von der Entwicklung. Viele Leute aus dem Viertel schauten mich herablassend an, aber nicht Ed Coleman. Er war immer freundlich. Manchmal warf er sogar Bälle für mich, wenn er früher nach Hause kam und meine Mutter noch im Haus beschäftigt war. Ich konnte ihn mir gut als Vater vorstellen. Er wurde niemals laut oder erhob die Hand gegen mich. Wenn ich sein Sohn geworden wäre, hätte ich sicher nie mehr eine Strafe in einem dunklen Schrank absitzen müssen.
Und dann kam der Tag, an dem alles vorbei war. Meine Mutter war abends noch einmal zu ihm gegangen und hat ihn mit Maria Vionello erwischt. Wie eine Furie fegte sie durch unsere Wohnung, schlug alles kurz und klein und mich grün und blau. Sie war von einem solchen Hass, einer solchen Wut, zerfressen … Unser Leben sollte von diesem Tag an nie mehr sein, wie es einmal war.
»Deine Mutter und Ed Coleman waren ein Paar?« Elena konnte sich nicht vorstellen, dass Dominics Mutter sich in eine andere Beziehung gedrängt hatte. Aber wer wusste schon, was vor all den Jahren geschehen war?
Elena veränderte ihre Position, um ihre Arme zu entlasten. Sie musste Kräfte sammeln, wenn sie einen Überraschungsangriff starten wollte. »Woher weißt du das von Dominics Vater? Er hat dir nie von Vionello erzählt. Wie hast du es herausbekommen?«
»Meine Mutter hat es an dem Abend herausgefunden, an dem Maria alles zerstörte, und mir erzählt. Es war das Bettgeflüster zwischen den beiden. Meine Mutter hat
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