Flirt mit dem Tod
anzuschreien, war gänzlich untypisch für Elena, die nach Möglichkeit immer ruhig und kühl blieb. Aber was heute passiert war, war offenbar doch ein Quäntchen zu nah am Tod gewesen, um sich noch beherrschen zu können. Ihre Hände zitterten. Sie wirkte, als könnte sie nur mit Mühe verhindern, dass sich das Zittern auf ihren ganzen Körper ausbreitete.
Er trat an ihr Bett und packte sie an den Schultern. Während sie ihn noch mit vor Schock weit aufgerissenen Augen ansah, griff er fester zu und schüttelte sie. »Ich habe gerade erst Jack verloren, verdammt noch mal. Das will ich nicht noch einmal erleben. Tu so etwas nie wieder.«
Sie zuckte vor Schmerz zurück, Tränen stiegen in ihre Augen. »Du hattest keine Weste an«, war alles, was sie flüstern konnte, bevor ihre Augen überliefen.
Dominic hielt inne.
Plötzlich setzte sein Verstand wieder ein. Sein Griff tat ihr weh. Vorsichtig ließ er sie los. Während sein Gehirn versuchte, zu verarbeiten, was sie gerade gesagt hatte, glitt sein Blick über ihr blasses Gesicht und blieb an ihrem Mund hängen. Ihre Lippen zitterten. Dann sah er ihr wieder in die Augen. Immer noch über sie gebeugt, wischte er mit dem Daumen die Tränen weg, die über ihre Wangen liefen. »Danke«, flüsterte er zurück. Und dann küsste er sie. Sanft senkte er seine Lippen auf ihre, in einer fast keuschen Berührung.
Mit einem erschrockenen Laut sank Elena in die Kissen zurück. Dominic löste sich von ihr, fast ebenso geschockt. Bei der Berührung ihrer Lippen war ein Stromstoß durch seinen Körper gejagt. Hitze. Er nahm ihren frischen, unaufdringlichen Duft wahr, den er bis jetzt nie an ihr bemerkt hatte. Alle Konturen schienen plötzlich eine Spur schärfer. Unter seinen Blicken fuhr Elena sich nervös mit der Zunge über die Lippen, was ihn schlucken ließ. Vermutlich war ihr nicht bewusst, wie erotisch der Anblick ihrer rosa Zungenspitze auf ihren vollen Lippen wirkte. Er riss seinen Blick mit aller Macht von ihrem Mund los und sah ihr wieder in die Augen. Und dann, wie magisch von ihr angezogen, senkte er seinen Mund wieder auf ihren. Ihre Lippen gaben unter ihm nach und erlaubten ihm instinktiv, den Kuss zu vertiefen.
*
Elena hob die Hände, um ihn zurückzuschieben, doch wie von selbst glitten ihre Finger in sein dichtes dunkles Haar und zogen ihn noch näher zu sich. Der Kuss war atemberaubend. Ganz tief in ihr leuchtete eine rote Warnlampe auf. Sie küsste gerade Dominic Coleman. Er schien sie mit Haut und Haaren verschlingen zu wollen und sie schien sich nicht dagegen wehren zu können, obwohl sie das musste. Das hier durfte nicht passieren, auf keinen Fall. Dominic war so intensiv. Sie konnte sich ihm nicht entziehen. Ihr Körper schmerzte, aber sie spürte es kaum noch. Niemals hätte sie geglaubt, dass Dominic so leidenschaftlich und gleichzeitig so zärtlich sein konnte. Gerade wollte sie ihn noch näher heranziehen, als sie am Rande ihres Bewusstseins ein Geräusch wahrnahm.
Nach einem kurzen Klopfen flog die Zimmertür auf und Steve stürmte herein, Styroporbecher mit Kaffee und ein paar Schokoriegel in den Händen. »Ich habe in der Kantine leider nichts anderes …« Als er sie erblickte, blieb er mit offenem Mund stehen. Hinter ihm erschienen die Köpfe von Judy Paxton, Rick Clancy und Jim Stowe im Türrahmen.
Dominic fuhr wie von der Tarantel gestochen zurück. Elena erlag dem Fluch aller hellhäutigen Menschen und wurde knallrot.
»Ähm …« Sie räusperte sich.
»Kein Problem.« Steve ging rückwärts in Richtung Tür. »Ich bin schon wieder weg.« Die Kollegen, die hinter ihm standen, blockierten seinen Rückzug und warteten mit der Neugier, die bei Polizisten genetische Veranlagung war, auf eine Erklärung für das, was sie gerade zu sehen bekommen hatten.
Endlich fand Dominic seine Sprache wieder. Er zwinkerte den Kollegen mit seinem üblichen Machogrinsen zu. »Kommt ruhig rein. Ich musste mich nur schnell bei St. James bedanken. Sie hat mir immerhin das Leben gerettet. Jetzt muss ich wieder zu Mrs. Delaware. Mal sehen, ob sie mittlerweile zu einer Aussage bereit ist.« Mit einem kleinen Winken in Elenas Richtung schlenderte er aus dem Zimmer.
Die Kollegen blickten ihm nach. Als sich Steve wieder zu Elena umdrehte, hatte er ebenfalls ein Grinsen im Gesicht. »Soso, du gehst also nicht mit Kollegen aus.«
Mit einem Stöhnen zog sich Elena die Decke über den Kopf.
*
Als Dominic endlich alles erledigt hatte, traf er sich mit
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