Flirt mit der Unsterblichkeit
traf und ihr beinahe die Tränen in die Augen trieb. Sie liebte ihn, aber manchmal verstand er überhaupt nichts.
»Ich habe nicht gesagt, dass ich zu Fuß gehe, Dad«, sagte sie. »Klar, ich mache Fehler, aber ich bin nicht blöd.«
Sie zog ihr Handy heraus, wählte eine Nummer und kehrte ihrem Vater den Rücken zu. Als sich Eve mit einem fröhlichen »Schieß los!« meldete, sagte Claire: »Kannst du mich abholen? Bei mir zu Hause?«
»Claire«, sagte ihr Vater.
Sie drehte sich zu ihm um. »Dad, ich muss echt lernen.«
»Ich weiß«, sagte er. »Ich fahre dich nach Hause.« Er sagte das mit einem seltsamen kleinen Lächeln, das traurig und resigniert aussah. Und erst als sie ebenfalls lächelte, wurde ihr klar, was er da gerade gesagt hatte. Nach Hause. Das Glass House.
»Es ist schwer für uns, dich gehen zu lassen«, sagte er. »Das weißt du, oder?«
Claire wusste es. Sie zögerte eine Sekunde lang, dann sagte sie ins Telefon: »Vergiss es, Eve. Sorry. Dad bringt mich.«
Dann umarmte sie ihren Vater und er umarmte sie auch und küsste sie sanft auf die Stirn. »Ich liebe dich, Kleines.«
»Ich weiß, ich liebe dich auch.«
»Aber nicht genug, um noch mehr gefüllte Paprika zu essen und danach mit deinen Eltern Jenga zu spielen.«
»Nein, keine Paprika mehr, aber Jenga würde ich definitiv noch spielen«, sagte sie. »Eine Runde?«
Er umarmte sie noch fester. »Ich hole das Spiel.«
Drei Spiele später war Claire müde, glücklich und zugleich ein wenig traurig. Sie hatte gesehen, wie ihre Mutter lachte und wie glücklich ihr Dad wirkte, und das war gut so, aber etwas daran war auch seltsam. Sie fühlte sich wie eine Besucherin, als würde sie nicht mehr so wie früher dazugehören. Ihre Eltern waren ihre Familie, aber sie betrachtete sie von außen.
Sie hatte einfach zu viele Erfahrungen gemacht, an denen sie nicht hatten teilhaben können.
»Claire«, sagte ihr Dad, während er sie durch die dunklen Straßen Morganvilles nach Hause fuhr. Draußen war es ruhig, nur wenige Autos waren noch unterwegs: zwei weiße Polizeiwagen. Drei Autos mit stark getönten Scheiben, durch die man als Mensch nicht hindurchsehen konnte. »Deine Mom hat mit mir geredet. Ich werde nicht weiter darauf bestehen, dass du bei uns wohnst. Wenn du bei deinen Freunden leben möchtest, kannst du das tun.«
»Echt?« Sie setzte sich kerzengerade auf und blickte ihn an. »Ist das dein Ernst?«
»Ich glaube nicht, dass das jetzt noch einen großen Unterschied macht. Du bist siebzehn und weit selbstständiger, als ich es in deinem Alter war. Du hast einen Job und trägst mehr Verantwortung, als ich mir vorstellen kann. Es ist nicht richtig, wenn wir dich weiterhin behandeln wie ein wohlbehütetes kleines Mädchen.« Er zögerte, dann fuhr er fort: »Ich klinge wie der schlechteste Dad der Welt, nicht wahr?«
»Nein«, sagte sie. »Nein, tust du nicht. Du klingst, als ob... als ob du mich verstehen würdest.«
Er seufzte. »Deine Mutter hat geglaubt, dass alles wieder normal werden würde, wenn wir dir mehr Grenzen setzen. Dass du dann wieder das kleine Mädchen werden würdest, dass sie kannte. Aber das wird nicht passieren. Das ist mir klar.«
Er klang, als wäre er ein wenig traurig darüber, und sie erinnerte sich, wie sie sich eben im Haus ihrer Eltern gefühlt hatte - ein wenig fehl am Platz, als wäre sie eine Besucherin. Ihre Wege trennten sich allmählich. Das war so ein seltsames Gefühl.
»Aber was Shane angeht...«, fuhr ihr Vater fort.
»Dad!«
»Ich weiß, du willst das nicht hören, aber ich werde es trotzdem sagen. Ich glaube nicht, dass Shane ein schlechter Kerl ist... ich bin sicher, das ist er nicht, tief in seinem Herzen. Aber du musst wirklich an die Zukunft denken. Was du aus deinem Leben machen möchtest. Stürz dich nicht zu tief und zu schnell in irgendetwas hinein. Verstehst du, was ich meine?«
»Du warst neunzehn, als du Mom geheiratet hast.«
Er seufzte. »Ich wusste, dass du das sagen würdest.«
»Also? Für dich ist es okay, Entscheidungen zu treffen, bevor du zwanzig bist, für mich aber nicht?«
»Kurz gesagt? Ja. Und wir wissen beide, dass ich Shane das Leben zur Hölle machen kann, wenn ich wirklich will. Dads können das.«
»Das würdest du nicht tun!«
»Nein, würde ich nicht, weil ich glaube, dass er dich wirklich liebt und beschützen will. Aber was Shane in seinem Alter vielleicht noch nicht versteht, ist, dass er dir schaden kann. Er könnte dich komplett aus der Bahn
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