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Flora Segundas magische Missgeschicke

Flora Segundas magische Missgeschicke

Titel: Flora Segundas magische Missgeschicke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Random House
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dass ich es wusste, und ich wusste, dass er wusste, dass ich es wusste – wir beide wussten es.«
    »Hast du die Pakete aufgemacht?«, fragte ich. »Wo sind sie?«
    »Ich habe sie ins Wohnzimmer gestellt und auf dich gewartet. War das nicht nett von mir?«
    Wir sprangen die Treppe hinauf ins Wohnzimmer. Auf den Sesseln, dem Sideboard und sämtlichen Tischen stapelten sich Päckchen und Pakete – alle für mich. Ich hatte nicht gewusst, dass ich so viele Freunde habe. Wahrscheinlich war es auch gar nicht so; wahrscheinlich waren die Geschenke von Leuten, denen am Wohlwollen der Generalin gelegen war. Trotzdem macht es Spaß, Geschenke zu bekommen,
selbst von Leuten, die man nicht kennt. Udo warf die Päckchen durcheinander, bis er die fand, die er suchte: ein großes und ein kleines, beide eingewickelt in fröhlich gepunktetes Geschenkpapier, Grün und Gold – die Farben des Schönen Jack!
    »Schau mal, das hier ist für dich, Udo«, sagte ich und schob ihm das große Paket zu.
    Udo riss das Papier auf und tauchte tief in den Karton ein. Heraus kam er mit einem Hut. Nicht irgendeinem Hut, sondern einem herrlichen Zweispitz, mit einer grün-goldenen Kokarde an der Krempe. Die Krone wurde von einer knallroten Feder überragt, genau die Art Hut, die ein Pirat tragen würde. Es war tatsächlich genau der gleiche Hut, den der Schöne Jack immer auf den Illustrationen in der Gazette trug, einschließlich der roten Feder.
    »Ich hab’s dir doch gesagt! Mach dein Päckchen auf«, rief Udo triumphierend. »Mensch, was für ein toller Hut!« Er setzte ihn auf, die Spitzen ragten nach vorn und hinten, und ich musste zugeben, dass er damit gut aussah, ziemlich piratisch sogar.
    Mein Päckchen war kleiner und enthielt den schönsten Kompass, den ich je gesehen hatte. In einem Kästchen aus Rosenholz schwammen goldene Nadeln auf einer Kompassscheibe aus Perlmutt. Ich hielt ihn in der Hand und der Pfeil zitterte und drehte sich leicht, dann deutete er ruhig nach Norden.
    Udo kramte sich durch das Geschenkpapier. »Da liegt auch ein Zettel, aber er ist leer.«
    »Gib mal her.« Das Papier war tatsächlich weiß, aber das war doch nicht möglich. Warum würde Boy Hansgen
einen Zettel beilegen, auf dem nichts geschrieben steht. »Warte mal. Ich brauche eine Flamme.«
    Ich nahm das Papier mit zum Wohnzimmertisch, auf dem eine Lampe stand, und hob den Glaszylinder ab. Udo zündete den Docht an und ich hielt das Papier über die Flamme, nah genug, um es zu erhitzen, aber nicht so nah, dass es Feuer fing. Langsam tauchten Buchstaben auf, bleich und gelblich, die sich zu einem Braun verdunkelten.
    »Das ist ja raffiniert«, sagte Udo bewundernd.
    »Es ist ein alter Waldläufertrick. Zitronensaft. Unsichtbar, bis er mit Hitze in Berührung kommt.« Ich reichte Udo den Zettel und er las vor:
    Liebe FLora, Lieber Udo,
     
    ich möchte euch beiden meinen tieFen Dank aussprechen Für den Versuch, mich einem unseligen Schicksal zu entreißen. Wie ihr seht, war es mir möglich zu FLiehen, obwohL euch der äußere Anschein etwas anderes glauben machte. Ich hoffe, dass ich euch die Sache eines Tages erklären kann. Bis dahin würde ich mich glücklich schätzen, wenn ihr diese kleinen Geschenke als Erinnerung und Ausdruck meiner Dankbarkeit annehmen würdet.
     
    Der Schöne Jack
    »Wow! Flora! Siehst du? Es war doch nicht alles vergebens. Siehst du? Alles ist gut«, sagte Udo und bewunderte sich im Spiegel. »Der Schöne Jack ist am Leben und du auch – und ist es nicht ein großartiges Leben? Du musst mir erzählen, was in Mariposa geschehen ist. Was hat Lord Axacaya getragen …?«
    Die Standuhr im Flur fing an zu schlagen, und
plötzlich vergaß ich den Schönen Jack – zwölf Uhr! Es war zwölf Uhr! Meine Catorcena fing um halb drei an! Zwölf Uhr! Mein Magen wurde kalt, die Kälte breitete sich erst in meinen Beinen und Füßen aus und zog dann nach oben, bis in meinen Kopf. Einen Augenblick lang wurde mir schwarz vor Augen und ich glaubte tatsächlich, ich würde ohnmächtig werden, wie diese empfindsamen Damen in den Nini-Mo-Taschenbüchern.
    »Udo, es ist bereits Mittag! Was ist mit Mama?«, rief ich leicht hysterisch. »Mama ist noch nicht zu Hause, oder etwa doch?«
    »Oh, nayah, wir haben Glück, ein Schweineglück, Flora. Der Nebel, von dem Paimon gestern gesprochen hat, hat sich immer noch nicht verzogen. Die Nebelbank sitzt vor der Küste wie festgebacken. Kein Schiff kann durch das Tor einlaufen. Vielleicht müssen wir die

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