Flora Segundas magische Missgeschicke
und ich entzündete die Kerzen mit dem Funken kalten Feuers. Das Kerzenlicht warf einen warmen, hellen Schein in die Dunkelheit. Die mit schnörkeliger Prachtschrift bedeckten Seiten, die ich bei meinem ersten Besuch in der Bibliotheca gesehen hatte, lagen verstreut auf dem Tisch. Ich hob eine Seite auf und hielt sie ins Licht, kniff die Augen zusammen, bis ich den Titel lesen konnte: Ich, Valefor Fyrdraaca ov Fyrdraaca. Dies ist meine Geschichte. Vals Autobiografie.
»Du solltest doch mittlerweile gelernt haben, dich ausschließlich um deine eigenen Angelegenheiten zu kümmern«, sprach Valefor irgendwo hoch über mir.
Ich ließ das Blatt Papier los und es segelte auf die Tischplatte nieder. Dann spähte ich hinauf ins Dämmerlicht und versuchte, eine Gestalt auszumachen oder ein Gesicht, aber er verbarg sich in der Dunkelheit.
»Komm her, Valefor, damit ich dich sehen kann.«
Er beachtete meine Bitte gar nicht. »Was für düstere Gedanken legen dein Gesicht in Falten … Ich hätte gedacht, dass du im Triumphzug zurückkehren würdest, eine Schwertträgerin, und stattdessen stehst du da, so zerknittert wie ein Apfelkuchen, aber nicht annähernd so süß.«
»Du hast Glück, Valefor, dass ich nichts von Gewalt halte«, sagte ich. »Ansonsten würde ich dich vielleicht in klitzekleine Stücke reißen und dich in alle Winde zerstreuen. Komm her, damit ich dich sehen kann!«
»In Winde aus Feuer und Eis«, ergänzte Valefor ungerührt. Er schwebte aus dem Schatten und hustete. »Vermutlich gereicht mir deine friedfertige Natur tatsächlich einmal zum Vorteil.«
»Ich merke, Faktotum, dass dir deine Aufmüpfigkeit abhandengekommen ist.«
Tatsächlich, er war grau und zittrig und wirkte mehr denn je wie ein zerrupftes Staubtuch. Sein Haar war zerzaust und farblos, sein Gewand sah aus, als hätte man damit den Boden aufgewischt, und seine Augen wirkten ebenso eingefallen und blass wie sein ganzes Gesicht. Noch unter dem Einfluss des ungeheuer lebendigen Gefühls in meinem Inneren stehend, fiel es mir schwer, ihn nicht zu bemitleiden, aber ich ließ es mir nicht anmerken.
»Es stimmt«, sagte er wehleidig. »Du bist gerettet und strahlst förmlich vor Leben, aber ich bin noch genauso einsam und schwach wie vorher.«
Er sah bejammernswert aus und das Mitgefühl in meinem Herzen mischte sich mit Unruhe. Ich erinnerte mich daran, wie verzweifelt ich gewesen war, als ich hatte glauben müssen, von der Brise davongeweht zu werden und weder meine Mutter noch Poppy, Udo, Idden oder Flynn jemals wiederzusehen. Solch eine Verzweiflung wünschte ich nicht einmal meinem ärgsten Feind und Valefor war nicht mein Feind. Er war, im Guten wie im Schlechten, ein Mitglied meiner Familie.
»Wie auch immer«, sagte ich, »das ist keine Entschuldigung dafür, dass du mich hereingelegt hast.«
»Vielleicht nicht«, stimmte er zu. »Was ist das für ein Gefühl? – Rache. Fühlt es sich gut an? Du bist frei
und unversehrt, während ich immer noch hier eingesperrt bin und vergehen muss.«
»Pah!«, sagte ich. »Ich habe keine Rachegelüste. Trotz deiner unverschämten kleinen Tricks möchte ich nicht, dass du noch weiter verschwindest.«
»Dann bist du nicht die Tochter deiner Mutter«, erklärte Val. »Aber ob du nun auf Rache aus bist oder nicht, du wirst sie bekommen, denn ohne meine Wiederherstellung bin ich verloren. Du magst nicht verblassen, ich aber wohl.« Hier schluchzte er auf und rang theatralisch die Hände.
»Ich hätte deine Verbannung sowieso nicht aufheben können. Wusstest du das nicht? Nur Mama kann dich erlösen, genauso wie nur Mama dich festsetzen konnte. Du bist das Haus der Fyrdraacas und sie ist das Oberhaupt dieses Hauses.«
»Ich war mir nicht sicher«, gab Valefor zu. »Aber es schien mir einen Versuch wert zu sein. Nun, Flora, du hast dein Bestes getan; denk nicht mehr an mich, wenn ich verschwunden bin, obwohl ich vermute, dass du meine Hilfe vermissen wirst, nicht wahr?«
»Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Ich kann dich nicht befreien, Valefor, und ich hätte es auch nie versuchen sollen. Aber du wirst nicht weiter vergehen. Das behauptet jedenfalls Lord Axacaya. Du wirst nicht stärker werden, aber auch nicht schwächer.«
»Das ist wahrlich nur ein kleiner Trost.«
»Das mag sein, Valefor. Aber es ist doch besser, als gar nicht mehr da zu sein, oder? Und Lord Axacaya meint, dass wir immer noch miteinander verbunden sind, dass wir es immer sein werden, weil wir beide
Fyrdraacas sind. Wenn
Weitere Kostenlose Bücher