Flora Segundas magische Missgeschicke
läuft, bleibt er in seinem Verschlag und man hört und sieht nichts von ihm. Aber wenn es schlecht läuft, brüllt er wie am Spieß und zerschlägt die Möbel. Und da sind auch immer noch die Hunde, die versorgt werden müssen. Wenn man diese Aufgabe Poppy übertragen würde, wären sie innerhalb kürzester Zeit verhungert.
Trotzdem muss ich natürlich pünktlich in der Schule sein, und deshalb hatte ich es an diesem Morgen entsetzlich eilig. Ich war vergangenen Monat bereits drei Mal zu spät gekommen, weshalb ich nachsitzen musste. Ein viertes Mal würde aber bedeuten, dass ich zunächst in das Büro der hochherrlichen Schulleiterin zitiert würde. Madama würde mich bitten, Platz zu nehmen, und mich dann sorgenvoll anschauen. Sie würde mir sagen, dass ich mich bemühen müsse, weil ich, seit Idden versetzt worden war, alles war, was meine liebe Mutter noch hatte. Schließlich verließ sich meine Mutter auf mich. Nach diesem Gespräch würde ich mich schrecklich schuldig fühlen, und ich hasse Schuldgefühle.
Aber schlimmer noch: Die Schulleiterin würde Mama einen Brief schreiben. Und Mama würde heimkommen, diesen Brief lesen und extrem ärgerlich
werden. Wenn sie ärgerlich ist, ist die Generalin zum Fürchten. Sie brüllt nicht und schlägt auch nicht zu, aber sie wirft einem diesen Blick zu, der bereits gestandene Colonels in Tränen hat ausbrechen lassen. Dann würde sie mich an Pflicht, Ehre und Verantwortung erinnern. Ich würde mich noch schlimmer als schuldig fühlen – ich würde mich schämen. Mamas Blick ist so ziemlich das Schlimmste, was einem passieren kann. Er bedeutet, dass man sie enttäuscht hat. Und sie würde sicher nicht vergessen zu erwähnen, wie traurig es sei, dass ich sie ausgerechnet so kurz vor meiner Catorcena enttäuscht habe.
Meine Catorcena sollte in einer Woche stattfinden. Es ist eine große Sache, vierzehn zu werden – Eintritt ins Erwachsenenalter, Volljährigkeit, bla, bla, bla, dem Warlord vorgestellt werden, bla, bla, bla, und daher wird auch ganz groß gefeiert. Es findet eine Versammlung statt, während derer man eine öffentliche Rede über die Geschichte der eigenen Familie, über Verpflichtung und die Verantwortung des Erwachsenseins halten muss. Dann wird man vom Warlord empfangen, der einen mit Namen begrüßt und somit einen weiteren treuen Untertan in seinen Reihen aufnimmt. Es ist alles sehr langwierig, überzogen und kompliziert – im Grunde genommen aber nur ein Riesentamtam.
Für einige Jugendliche ist dieser Tag der wichtigste ihres Lebens, vielleicht der einzige, an dem sie den Warlord in seiner königlichen Pracht bewundern können (ansonsten kann man ihn jederzeit in einer Bar südlich des Grabens bewundern, wenn man Lust dazu hat), der einzige Tag, an dem sie der Mittelpunkt
einer Party sind, der einzige Tag, an dem man ihnen jede Menge Geschenke macht. Aber mir ist der Warlord egal – königliche Pracht hin oder her. Ich brauche auch keine Party und keine Wagenladung voller Geschenke. Und was ich am wenigsten gebrauchen kann, ist diese dämliche Rede über die Geschichte meiner schrecklichen, erbärmlichen, aussterbenden Familie.
Die meisten Kinder wollen erwachsen werden, weil sie dann über sich selbst bestimmen können. Aber nicht die Fyrdraacas. Die Generalin bestimmt über die Fyrdraacas, egal, wie alt sie sind. Für mich bedeutet das Erwachsensein nur, dass ich im nächsten Semester alt genug sein werde, um mich in der Kaserne anzumelden, ob ich will oder nicht. Und ich will ganz bestimmt nicht, obwohl ich noch nicht den Mut gefunden habe, Mama davon zu erzählen.
Daher fürchte ich mich vor meinem Geburtstag. Die Furcht führte dazu, dass ich das Thema mied, und das führte dazu, dass ich noch nicht fertig war – noch bei Weitem nicht, mit gar nichts. Mein Kleid lag noch in seinen Einzelteilen da, meine Rede bestand lediglich aus unnützem Gekritzel und meine Gäste wussten zum größten Teil noch nichts von einer Einladung. Statt vorwärtszugehen, hatte ich mich seitwärts gewunden, aber jetzt musste ich einen Zahn zulegen. Mama kam in zwei Tagen zurück, und wenn ich dann nicht fertig war und noch dazu ein sorgenvoller Brief der Schulleiterin auf dem Tisch lag, dann befand ich mich, wie Nini Mo, die Kojotenkönigin, es ausdrückte, in einer Welt voller Qual.
Als ich also meine Augen öffnete und mit einem
Blick auf den Stand der Sonnenstrahlen auf meiner Wand feststellte, dass sie schon viel, viel zu weit gewandert waren, als dass
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