Flowertown - Die Sperrzone
das?«
Bing befahl ihr, still zu sein, als sie die Tür zum achten Stockwerk öffneten. Er spähte in die Dunkelheit und zog Ellie dann vor sich. »Okay, Batgirl, was siehst du? Ist dort jemand?«
»Bing, ich kann nicht im Dunklen sehen, ich kenne nur denGrundriss auswendig. Wenn ich mein Mobiltelefon dabeihätte, könnte ich es als Taschenlampe benutzen.« Sie erinnerte sich, dass sie ihr Telefon auf dem Bett liegen gelassen hatte, als die Schlägertruppe kam.
»Wenn wir unsere Mobiltelefone dabeihätten, könnten sie uns wie Bluthunde verfolgen.«
Ellie lotste sie beide über den schwarzen Flur. Nach mehreren Schritten flackerte eines der Notlichter kurz auf und sie konnten den leeren Flur sehen, also eilte sie schnell bis zu Bings Zimmer. Wie immer war es nicht abgeschlossen.
»Kümmert es dich nicht, dass jemand dein Gras klauen könnte?«
»Wenn jemand es wirklich wollte, dann würde ihn auch kein Schloss davon abhalten.« Ellie kannte den Grundriss von Bings Apartment ebenso auswendig wie er. Auf Zehenspitzen balancierte sie vorbei an den vielen Pflanzentöpfen bis zu dem Lehnstuhl, der am Fenster stand. In der Zwischenzeit kramte Bing nach einer Taschenlampe. »Das muss reichen.« Er holte sein Feuerzeug hervor und zündete die halb heruntergebrannten Kerzen auf einem flachen Unterteller an.
»Hattest du eine Séance geplant?«
»Ich mag Kerzenlicht. Es hilft mir beim Denken.« Er kniete neben seinem Wohnzimmertisch nieder und begann, einige Kisten zu durchsuchen.
»Wonach suchst du?«
Bing öffnete und schloss Kistendeckel, dazwischen sammelte er kleine Tütchen zusammen. »Verschiedene Geschmacksrichtungen für verschiedene Stimmungen. Ich habe keine Ahnung, wie lange es dauert, bis ich wieder hierher zurückkommen und Nachschub besorgen kann. Außerdem habe ich hier noch irgendwo lila Gras, das wirkt besser als Aspirin, und das könnte ich jetzt wirklich gut gebrauchen.«
Ellie ließ ihn weitersuchen und rückte näher an das Kerzenlicht heran. Zwar fühlte sie sich in der Dunkelheit sicherer, aber die Schatten an der Wand machten sie nervös. Sie kniete sich auf den Boden und überflog die vielen Buchtitel, die in Bings Regal standen, während er vor sich hin murmelte. Sie zog ein dickes Buch aus dem Regal und hielt es in das matte Licht, um den Titel korrekt lesen zu können: »›Aufspaltung des Rudels‹«, sagte sie leise. Sie musste die Augen zusammenkneifen, um den Untertitel entziffern zu können. »›Manipulation und Verwaltung von menschlichem Herdenvieh‹. Scheiße, Bing.«
»Redest du mit mir?« Bing lag auf dem Rücken und suchte nach etwas unterhalb der Sitzfläche des Lehnstuhls. Ellie blätterte durch das Buch, konnte aber die eng beschriebenen Seiten in der Dunkelheit nicht lesen. »Wie hast du das gemeint, dass Guy mich ausspioniert?« Bing ächzte, als er einen Plastikzylinder aus den Sprungfedern des Stuhls befreite. »Du machst Witze, oder? Du hast doch die Aufnahmen gehört. Wie, glaubst du wohl, ist Carpenter an die herangekommen? Guy hat natürlich eine Wanze in deinem Zimmer versteckt, als er an jenem Abend bei dir war.«
»Das weißt du nicht. Jeder dieser Schlägertypen hätte das machen können. Jederzeit.«
»Komm schon, Ellie. Das ist ganz schön weit hergeholt. Selbst für dich.« Er öffnete den Zylinder und atmete tief ein. »Ah, Willy Nilly. Eine besondere Mischung. Gut für alle Schmerzen. Willst du etwas abhaben?«
Ellie schüttelte den Kopf und strich mit dem Finger über den unversehrten Einband des Buches. Bing krabbelte zu ihr herüber.
»Du machst nicht etwa einen auf Entzug oder so? Wann hast du das letzte Mal gekifft?«
»Ich weiß nicht. Ich habe einfach keine Lust. Es fühlt sichso an, als würde mein Verstand alle möglichen Fäden zusammenführen wollen, aber ich weiß nicht einmal, mit welchem Faden ich anfangen soll.«
Bing nahm ihr das Buch aus der Hand und stellte es zurück ins Regal. »Schwerer Lesestoff ist nicht das, was du jetzt brauchst. Jetzt musst du der Wahrheit ins Gesicht blicken. Und das hier wird dir dabei helfen.« Er reichte ihr einen brennenden Joint. Sie zog daran, wenn auch nicht zu stark. Sie wollte ihren großzügigen Freund nicht verletzen. Aber sie wollte auch einen klaren Kopf bewahren.
»Ich weiß noch nicht einmal, wo ich nach der Wahrheit suchen soll.«
»Ich fange mal an.« Er nahm ihr den Joint wieder ab. »Die erste Wahrheit ist, dass du dich mit einem Scheißtypen eingelassen hast, der dich hintergangen
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