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Flowertown - Die Sperrzone

Flowertown - Die Sperrzone

Titel: Flowertown - Die Sperrzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Redling
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neuer Energie, und die Vorstellung von Bing, der an ein Bett fixiert war, gab ihr Rückenwind. Sie musste sich beeilen.
    Wegen des vielen dunklen Blutes auf ihrem Gesicht und auf ihren Kleidern verschmolz sie beinahe mit der Schwärze derNacht. Eine Gasse nach der anderen legte sie zurück, immer auf der Hut vor den Feno-Lastern, die durch die Straßen kreuzten. Manche hatten die Scheinwerfer eingeschaltet, andere nicht. Sie durfte es auf nichts ankommen lassen. Sie musste davon ausgehen, dass sie auf Bings Seite waren. Sie hielt sich in östlicher Richtung, abseits der Hauptstraße. Der Grenzstreifen war nicht weit, und der Verkehr schien weniger stark zu sein. Auch die Gebäude kamen ihr noch dunkler vor. Aber zwei Blöcke weiter waren die Straßen in grelles Licht getaucht, und über jedem Fenster brannten Außenlampen. Im allgemeinen Sprachgebrauch hieß dieses Gebäude das »Haus der Öffentlichkeit«, denn es beherbergte die Reinräume für die seltenen Besucher, die sich nach Flowertown wagten. Die immer näher rückende Pressekonferenz sollte hier stattfinden, und wenn die Wachen im Pflegezentrum die Wahrheit gesagt hatten, dann evakuierte man viele Anwohner hierhin. Bewaffnete Wachen patrouillierten an den Straßenecken und ein gutes Dutzend Zivilpersonen stand rauchend draußen im Licht der Laternen und unterhielt sich. Ellies erster Gedanke war, dass sie sich so schnell und so weit wie möglich von den Wachen entfernen musste. Dann erkannte sie eine vertraute Gestalt, die an einen Laternenpfahl gelehnt stand und einen Flachmann aus einem Tweedjacket fischte. Es war Mr MacDonald, der Zeitungsverkäufer, und er sah ganz nach dem Professor aus, der er sein Leben lang gewesen war. Er war der Erste gewesen, der ihr vorgeschlagen hatte, die Lokalzeitung zu lesen. Auf seine ihm eigene, ruppige Art war er immer freundlich zu Ellie gewesen. Wenn Bings Truppe auch dieses Gebäude in die Luft jagen wollte, dann musste sie ihn warnen. Wenigstens musste sie ihm sagen, dass er und die anderen Einwohner geheilt waren.
    Zwei Wachen patrouillierten ganz nah an ihrem Versteck hinter einem Müllcontainer und einer Hausecke vorbei. AusAngst, auch nur das leiseste Geräusch zu verursachen, rührte sie sich nicht. Es herrschte oberste Alarmbereitschaft. Als die Wachen vorbei waren, tastete sie neben ihren Füßen nach einem Stein oder einem Stück Abfall, das sie in den Lichtkegel werfen könnte, um MacDonalds Aufmerksamkeit zu erhaschen. Aber wegen der strengen Recyclevorschriften lag so gut wie kein Müll herum, alles war ordentlich in den festgeschraubten, verschlossenen Mülltonnen verstaut. Sie durfte es nicht riskieren, zu pfeifen oder gar etwas zu rufen. Schon wieder tauchten zwei Wachen an der hinteren Straßenecke auf.
    Sie zog an dem Plastikdeckel des Müllcontainers, hinter dem sie sich versteckte. Glücklicherweise quietschte er nicht. Sie kämpfte die Schmerzen in ihren geprellten Rippen nieder, als sie sich nach oben zog und über den Rand beugte. Weiße Sterne kreisten vor ihren Augen, aber sie hielt durch und wühlte durch die oberste Schicht Abfall. Sie konnte Speisereste sowie etwas Haariges fühlen und betete, es möge sich nicht um ein totes Haustier handeln. Dann ertasteten ihre Finger etwas Pudriges, in dem kleine Teile aus schwammartigem Papier lagen. Das kannte sie. Jemand hatte einen Aschenbecher geleert. Ellie ließ von der Mülltonne ab und kroch näher an die Einmündung der Gasse heran.
    Die Wachen hielten bei Mr MacDonald und drängten ihn, wieder hineinzugehen. Wie zu erwarten, verärgerte das den alten Mann, und Ellie konnte hören, wie er einen bissigen Vortrag darüber vom Stapel ließ, was er von ihren Ermahnungen hielt. Einer der beiden Wachen wedelte mit seinem Finger vor MacDonalds Gesicht, der ihnen mit einer abweisenden Handbewegung zu verstehen gab, dass sie sich verziehen sollten. Die Wachen verdrehten ihre Augen und gingen weiter. Wieder gingen sie sehr nah an Ellies Versteck vorbei.
    Sie warf die erste Zigarettenkippe, und dann die zweite. Mr MacDonald reagierte nicht. Die dritte traf ihn an der Schulter und fiel zu Boden, ohne dass er sie bemerkte, aber die vierte prallte auf seinen Handrücken. Er blickte um sich, um zu sehen, was da heruntergefallen war, und fingerte dann in seiner Jacketttasche ebenfalls nach einer Zigarette. Ellie schaute auf ihre Handfläche. Sie hatte noch sechs Kippen übrig. Sie riskierte einen Schritt an die äußerste Kante des Schattens und schnippte zwei

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