Fluch der 100 Pforten
seine dicke kleine Hand auf die Schulter. Im Raum herrschte noch immer Stille. »Muss ich es groß erklären? Soll ich vielleicht mit dem kleinen Einmaleins anfangen?«
Der dicke Elf stöhnte und sagte langsam: »Wir reden hier über ein Paar von siebten Söhnen, die auf zwei Arten sehen können.«
Rolands Blick verfinsterte sich. Ein anderer Elf stieß sein Glas um.
»Ein Bettelsohn«, fuhr Frank fort. »Und das ist noch nicht alles. Wir in Badon Hill waren darauf vorbereitet, dass er kommen würde. Er wurde erwartet und man hat ihm nicht gestattet, die Insel zu betreten – wie allen Menschen ohne die Geburt. Aber er besitzt die Geburt! Man hat uns nur nie gesagt, dass er ein Siebtgeborener ist. Dann sind wir fünf von Carnassus’ Häschern aus dem Hinterhalt überfallen worden. Man hat uns in Säcke gesteckt und die anderen vier schlafen bis in alle Ewigkeit auf dem Grund des Meeres.«
Roland fiel die Kinnlade herunter. »Die Zauberer haben Badon Hill betreten?«
Frank nickte.
»Aber das ist eindeutiger Rechtsbruch! Und Elfen haben sie auch umgebracht?«
Der dicke Frank nickte wieder.
»Ich glaube das nicht«, schaltete ein anderer Elf sich ein. »Wie können wir sicher sein, dass du die Wahrheit sagst, Fett-Elf?«
»Ich bin noch nicht fertig«, sagte Frank. »Bevor ihr mich einen Lügner nennt, lasst mich noch eins sagen: Würden die Zauberer sich nach Badon Hill wagen für einen schwächlichen Jungen und damit die Dunkelheit riskieren? Dieser Junge ist der Sohn von jemandem ganz Bestimmten, auch wenn er bei weitem nicht seinen Mut besitzt. Man muss sich nicht allzu lange in diesem Bezirk aufgehalten haben, um den Namen zu kennen. Habt ihr vielleicht je von einem Grünen Mann namens Mordechai gehört?« Frank schwieg.
Die Elfen wirkten wie erstarrt.
»Ist das wahr?«, fragte Roland schließlich und sah Henry an.
Henry schluckte. Er wusste es nicht. Nicht genau jedenfalls.
»Es ist wahr«, sagte Monmouth. »Und die Zauberer haben ihn anstelle eines anderen ergriffen.«
Die Elfen taten so, als hätten sie ihn nicht gehört.
»Aber Mordechai hatte erst sechs Kinder, als sich seine Spur verlor«, sagte der Elf mit dem Backenbart.
»Wie auch immer, Loam, dies hier ist sein Sohn, und er ist keiner von den sechsen, die ich kenne.«
Henry nervte es allmählich, dass man immer nur über ihn sprach. Außerdem war er ebenso neugierig wie die Elfen. »Woher willst du das so genau wissen?«, platzte er heraus. »Durch Magie, oder was?«
Roland ging zu Henry, der immer noch kniete. Sie befanden sich quasi auf Augenhöhe miteinander. Roland legte seine
sommersprossigen Hände auf Henrys Wangen und drückte sein Gesicht ein wenig nach hinten. Mit einem Mal zuckte Roland zusammen. Er riss eine Hand zurück und befühlte gleichzeitig mit der anderen vorsichtig die alte Brandnarbe in Henrys Gesicht.
»Er ist ein sehr junger Grüner Mann, das mag sein. Aber was hat das hier zu bedeuten? Wie kommt ein Sohn Mordechais an Todespocken?«
Henry versuchte seinen Kopf zu drehen und auf diese Weise auch seine andere Wange Rolands Hand zu entziehen. Aber Roland ließ nicht los.
»Das sind Brandwunden«, brachte Henry hervor. »Von Hexenblut. Ich habe gegen eine gekämpft. Und wir sind sie auch losgeworden.«
Die Elfen lachten. Sogar der dicke Frank lächelte.
»Was für eine Hexe soll das denn gewesen sein?«, meinte Roland grinsend.
»Sie hieß Nimiane«, sagte Henry.
Wieder legte sich Stille über den Raum. Roland ließ Henrys Gesicht los.
»Über so etwas macht man keine Scherze«, sagte Frank leise.
»Das ist auch kein Scherz«, entgegnete Henry.
»Nimiane ist diejenige, die uns ausgeschickt hat, um ihn zu holen«, sagte Monmouth.
»Uns?«, wiederholte Roland. »Du stehst in den Diensten der Finsternis?« Er wandte sich an Frank. »Er ist ein Zauberer und Untertan der unsterblichen Hexe?«
»Er hat uns befreit«, antwortete Frank. »Und er hat uns geholfen,
die anderen Zauberer zu vernichten. Sogar Carnassus’ eigenen Sohn. Und er ist ebenfalls ein Siebtgeborener.«
»Ich denke, ich sollte euch das alles erklären«, sagte Monmouth. »Denn dies ist wirklich nicht der richtige Moment für weitere Zweifel.«
»Die Satzung verbietet dir, hier zu sprechen«, sagte Roland. Er drehte sich um und trat an die mit Zetteln gespickte Wand heran. Dann strich er mit der Hand darüber und las laut vor:
»Handreinigung, Bierrationen, Pläne zum Ausbau des Korridors, Hygieneanweisungen … hier ist eine der ersten
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