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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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würde den Ragganten zurücklassen müssen und würde nie mehr im Leben ein Wort über seine Löwenzahn-Vision verlieren. Sofern sein Augenlicht wiederkehrte, könnte er nach Kansas zurückziehen, wenn er achtzehn war. Sofern es nicht wiederkehrte, würden
seine Eltern dafür sorgen, dass er viel Zeit bei allerlei Therapeuten verbrachte. Oder er konnte Henrietta bitten, mit ihm zusammen herauszufinden, woher er stammte. Allerdings war er sich nicht sicher, inwieweit ihm irgendeine dieser Möglichkeiten wirklich etwas bringen würde. Er wollte wieder sehen können! Ob in Kansas oder Boston oder Badon Hill, er wollte einfach, dass seine Augen wieder funktionierten! Und es gab niemanden, mit dem er darüber hätte reden können.
    Henry seufzte. Wenn er nur das Notizbuch seines Großvaters ganz gelesen hätte! Er hatte es in weiten Teilen überflogen, als er nach seinem Namen gesucht hatte. Aber er hatte es nicht so eilig gehabt, es Wort für Wort durchzugehen. Die Fächer waren ihm unheimlich, und nach allem, was er gelesen hatte, fühlte er sich zu seinem Großvater auch nicht gerade hingezogen. Er hätte es natürlich lesen müssen, bevor er weiterforschte. Aber er hatte ja gar nicht weiterforschen wollen . Er wollte bloß nach Badon Hill.
    Und jetzt konnte er nicht mehr lesen. Er könnte Anastasia bitten, dass sie ihm aus dem Notizbuch vorlas. Aber das wäre die reinste Folter gewesen. Penelope würde darauf bestehen, dass sie alles ihren Eltern erzählten. Henry glaubte eigentlich nicht, dass Onkel Frank etwas dagegen hatte, wenn er das Notizbuch bei sich aufbewahrte. Tante Dotty hingegen schon. Und sie konnte auch dafür sorgen, dass überhaupt niemand mehr darin las. Und mit Henrietta war es ihm im Moment einfach zu anstrengend.
    Außerdem konnte ihm das Notizbuch ohnehin nicht weiterhelfen.
    Er brauchte jemanden, der sich mit Magie auskannte. Nicht
irgendeinen blöden Voodoo-Zauberer, wie die Kerle in den Reisevideos seiner Eltern, die sich für die Kameras der Touristen in Kostüme aus gelben Federn und Papp-Maché warfen. Er brauchte einen echten Zauberer, echte Magie wie – er wusste auch nicht was. Wie der Wind. Wie der Sturm und die Farben und der Löwenzahn. Magie, die ihn verwandeln konnte, die Raupen zu Schmetterlingen und Kaulquappen zu Fröschen werden ließ und Holz zu Kohle und Diamanten. Er brauchte jemanden, der erreichen konnte … dass Holz einer Kettensäge widerstand.
    Henry setzte sich auf, und der Raggant plumpste wie ein Sack Kartoffeln von seinem Schoß auf den Boden. Er grunzte und schmatzte, schnaufte zweimal und begann dann zu schnarchen.
    Eli. Die Zauberkraft des kleinen alten Mannes hatte dafür gesorgt, dass Großvaters Tür zwei Jahre lang verschlossen blieb. Und Eli hatte Großvater gekannt. Vielleicht wusste er auch, wie Henry nach Kansas oder durch welches Fach er gekommen war. Wenn Henrietta ihn auf FitzFaeren nicht verscheucht hätte, hätte Henry jetzt vielleicht schon die Antworten auf all diese Fragen. Er säße nicht blind in einer Dachkammer mit weniger als zwei Wochen Zeit, um herauszufinden, wer er wirklich war und woher er kam.
    Er sollte gar nicht erst alle Fächer erkunden. Er sollte Eli suchen, auf FitzFaeren. Aber bevor er das tat, musste er Großvaters Notizbuch lesen. Und dazu brauchte er jemanden, der es ihm vorlas.
    Henry stand auf und tastete sich zur Zimmertür. Als er sie gefunden hatte, trat er auf den Dachboden hinaus.

    »Richard!«, rief er, und während er auf eine Antwort wartete, hob er seine Hand und sah zu, was passierte. Und der Geist des Löwenzahns erfüllte den Raum.
     
    Henrietta lümmelte auf dem Boden neben dem stumm geschalteten Fernseher, der sich an der Werbung abarbeitete. Ihre Mutter stand hinter der Couch. Ihre gelben Gummihandschuhe waren noch nass vom Spülen. Frank saß in der Mitte der Couch, um Richard und Anastasia zu trennen. Penelope lag ebenfalls auf dem Boden. Sie las. Sie las eigentlich immer.
    »Ich glaube, ich sollte ihm etwas zu essen raufbringen«, meinte Dotty. »Er muss doch etwas zu sich nehmen. Außerdem sollte sich einer zu ihm setzen. Damit er nicht so allein ist.«
    »Ich setze mich zu ihm«, sagte Richard.
    Frank ließ eine Hand auf Richards Knie fallen. Richard trug eine enge rosa Jogginghose, die Anastasia aussortiert hatte.
    »Warte noch ein Weilchen«, sagte Frank. Er wandte seinen Kopf um und sah seine Frau an, die hinter ihm stand. »Dots, wir haben ihn den ganzen Tag betatscht und ihm unseren Atem ins

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