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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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als sei ein juckendes Dings hinter seinem Auge gekratzt worden und die Erleichterung überwog den Schmerz. Er zog seine Hand weg, atmete durch und drückte sie auf das andere Auge.
    Henrys Beine gaben nach. Er fiel auf die Knie. Aber seine Hand nahm er nicht weg. Er wollte sie nicht lösen. Nicht bevor nicht dieses Hindernis, die juckende Membrane, die Kruste in seinem Kopf, die seine Augen außer Betrieb setzte, weggebrannt war. Er drückte seine Handfläche gegen sein
Auge und fiel dann keuchend auf den Rücken. Seine Hände sanken zu seinen Seiten herab.
    Er lag auf dem Boden. Die Feuchtigkeit drang in seine Kleider und seine Haare. Dann schlug er die Augen auf und sah Badon Hill.
    Die mächtigen Bäume ragten hoch über ihm auf und streichelten mit ihren Blättern den Himmel. In der einen Richtung, wo der Boden steil anstieg, ragten sie noch weiter hinauf. Direkt über ihm war das Blätterdach nicht ganz so dicht, und als er den Kopf zur anderen Seite wandte, sah er nur Blau und dahinfegende Wolken. Er lag am Fuß des Berges, am Rand der Insel, wo sich die Bäume und das Meer trafen.
    »Wackere Tat«, sagte ein Mann. »Auch wenn wahnsinnig es scheinet – es ist ein Traum.«
    Henry rappelte sich eilig auf. Er hatte auf einem dicken Polster aus Moos gelegen. Auf der einen Seite stieg der Berg, ein ziemlich hoher Berg, rasch an. An der anderen reichte das Moos bis an eine Steilküste. Unterhalb dieser Steilküste konnte Henry im Wasser einen kleinen Steg erkennen, an dem ein Boot festgemacht war. Vor ihm, mit gespreizten Beinen und die Hände auf den Rücken gelegt, stand ein riesengroßer Mann.
    Er trug schwarze Stiefel, die bis an seine Knie heraufreichten, und einen langen schwarzen Mantel. Seine blaue Hose spannte sich über seinen Schenkeln und saß knalleng. Im Gesicht hatte er eine große Hakennase, aber sie wirkte unter seinem hervortretenden Kinn und zwischen seinem dicken, krausen Backenbart fast noch klein. Allerdings war er ziemlich groß, mindestens einen halben Kopf größer als Frank. Aber
sein Hut, dessen flache runde Krempe um eine kegelförmig aufragende Spitze verlief, verstärkte diesen Eindruck noch. Auf der Vorderseite des Hutes prangte eine silberne Schnalle. Der Mann lächelte.
    »Sind Sie ein Auswanderer? Einer der ersten Siedler? Ein Pionier?«, fragte Henry.
    »Ein Pionier?«, wiederholte der Mann und ließ sich das Wort auf der Zunge zergehen. »Ein Suchender bin ich, jawohl. Selbst wenn beschwerlich mag sein der Weg. Nicht einfach war es, in deinen Traum zu gelangen. Mein Name ist Darius.«
    Henry trat einen Schritt zurück. »Warum bist du hier?«
    »Ich bin gekommen«, antwortete Darius bedächtig, »da du ein Siebter bist, ein Bettelsohn, ein Letztgeborener. Ich will dir helfen.«
    »Das habe ich von anderen Leuten auch schon gehört.« Henry trat nervös von einem nackten Fuß auf den anderen. »Was soll das überhaupt heißen? Ein Siebter?«
    »Gar nichts für viele. Es bedeutet, der siebtgestellte Sohn zu sein. Der, sei zur Grabesruhe gelegt der Vater, die Spelzigkeit des Erbes erhalte. Des Bettlers Brosamen, der Lumpen Fetzen. Für andere aber, für dich, für mich, bedeutet es Macht. Es ist der Doppelblick, die Zwiesichtigkeit.« Darius zog seine rechte Hand hinter dem Rücken hervor und zeigte sie Henry. »Es ist dies hier.«
    Auf seiner breiten Handfläche war eine Narbe zu sehen, eine Art Brandzeichen. Als Henry dieses Mal genauer ansah, merkte er, dass es sich bewegte und sich langsam wand wie eine braune verletzte Schnecke. Ein dunkles Flüstern schwebte in der Luft darüber.

    Henry wollte dem riesenhaften Mann eigentlich nicht näher kommen, aber er konnte nicht anders. Er trat einen Schritt vor, starrte auf das dunkle Flackern und versuchte etwas daraus zu lesen. Aber dicke Finger schlossen sich über der Narbe und Darius hob die Hand an sein Gesicht. Er zupfte sanft an seinem Kräuselbart und lächelte. Jedenfalls lächelten seine Lippen. Sein Blick aber hatte sich verhärtet.
    »Du begehrst zu wissen um die Flamme, die in meinen Adern rollt. Begehrst zu wissen um die Kraft meiner eigenen Morphose.«
    »Äh«, meinte Henry. »Ich habe nur geguckt. Du hast es mir gezeigt.«
    »Ich«, sagte Darius langsam. Das Lächeln war verschwunden. Er beugte sich vor, und Henry wich zurück. »Ich bin der Größte aller Magici, aller Letztgeborener in diesem Zeitalter des Untergangs von Tempore, der Welt, in welcher meine Lungen Wind atmen. Seit dem Untergang Endors hat kein Mensch

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