Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
Vom Netzwerk:
habe.
    Sofern ihr am Leben seid und dies lest, wir uns aber niemals mehr wiedersehen können, sollt ihr dies wissen:
    Henrietta,
    mein Liebling. Du bist sehr stark. Denk immer gut nach, und wenn dich irgendetwas zurückhält, werden es die Dinge sein, die es wert sind. Wo immer du sein wirst und wo immer wir sein werden, gilt dir all meine Liebe. Wenn du irgendwo ohne mich in das richtige Alter kommst und einen Mann findest, der etwas Besseres darstellt als ich, dann steck einen Steppenläufer für mich in deinen Brautstrauß. Ich bin alles andere als schön, und ich war nie am richtigen Ort. Aber ein Teil von mir gehört dorthin. Klar, vielleicht kommt der Tag, an dem wir wieder zusammensitzen, mit der Sonne im Gesicht und nichts als Frieden in unseren Herzen. Unsere Fehler, deine und meine, sind nicht allzu verschieden. Aber sie werden sich in dem Staub, der dann hinter uns liegt,
niedergelassen haben. Wir werden dann sehr sehr klug sein und nicht über sie sprechen.
    Bis dahin
    Dad
    (Wenn deine Mutter wüsste, dass ich dies schreibe, würde sie tot umfallen. Darum weiß sie es nicht. Aber ihre Liebe ist noch größer als meine.)
    Henry,
    ich kann zu dir nicht wie zu einem Sohn sprechen. Ich habe es auch nie versucht. Aber ich muss dir etwas sagen: Wenn du dies liest, dann bin ich froh, dass du wieder sehen kannst. Und ich hoffe, den Rest schaffst du auch noch. Du bist stärker, als du denkst. Kämpfe immer so lange weiter, bis du unterliegst. Verlieren ist keine Schande. In den Regeln der Welt steht nirgends geschrieben, dass einem die Dinge in den Schoß fallen. Und sich darüber zu beklagen, macht alles nur noch schlimmer. Was auch immer du durchstehen musst, gib niemals auf und lass es einfach geschehen. Ich habe es so versucht. Und sich wieder aufzuraffen, ist so schwer wie nicht sterben zu können. Oder vielleicht sogar dasselbe. Geh deinen Weg bis ans Ende! Dort werden wir uns sehen. Oder vielleicht auch später. Ich bin stolz, dein Onkel zu sein.
    Frank
    PS: Wer als Erster vorbeikommt, soll diese Zettel unterschreiben, damit der andere es mitkriegt. Und er soll dem anderen zwei Dosen Thunfisch übrig lassen.
    Nach seinem ersten Happen hatte Henry nicht weitergegessen. Er holte tief Luft und atmete langsam wieder aus.
Dann blinzelte er zweimal und rieb sich die Augen. Er las die Nachricht noch einmal durch, dann stellte er zwei Dosen Thunfisch daneben und legte den Dosenöffner wieder oben drauf.
    Mit der offenen Dose in der Hand lehnte er sich an seine Stuhllehne und sah aus dem Fenster. Er hätte auch aufstehen und sich eine Gabel holen können, aber dazu hatte er keine Lust. Er wollte einfach dasitzen und über seinen Onkel Frank nachdenken. Ganz sauber waren seine Finger zwar nicht, aber darum kümmerte er sich nicht groß. Er aß die Dose leer und stellte sie zurück auf den Tisch. Allerdings entschied er sich dagegen, den Fischsud zu trinken.
    An sich war die Nachricht nützlich – bis auf einen Umstand: Großvaters Pforte führte nirgends hin. Doch wie sollten sich die Schlösser verstellt haben, nachdem die anderen alle hindurchgeschlüpft waren?
    Er selbst musste es gewesen sein! Henry schloss die Augen und versuchte sich bildlich vorzustellen, was er in seinem Dachbodenzimmer getan hatte. Er war mit dem Gesicht nach vorn aus der Wand auf das Fußende seiner feuchten Matratze geknallt. Dann hatte er sich gedreht und war vom Bett gefallen. Und dabei hatte er an allem, was er in die Hände bekommen hatte, gerissen oder mit den Füßen danach getreten. Beinahe hätte er sogar die Tür nach Badon Hill abgerissen. Nur er konnte derjenige gewesen sein, der die Kompass-Schlösser verstellt hatte!
    Henry schob sich vom Tisch zurück und lief die beiden Treppen zum Dachboden hinauf. Er trat die komischen Stiefel beiseite und schnappte sich seinen Rucksack, der daneben stand.
Mit ihm und der Taschenlampe stürzte er in seine Dachkammer. Das Licht im Postfach war erloschen. Henry legte seinen Rucksack auf das Bett, angelte Großvaters Notizbücher heraus, riss die Gummis herunter, leuchtete mit der Taschenlampe auf das erste Notizbuch und schlug es an der Stelle auf, wo sich der Plan der Wand und die Liste der Fächer befanden. Seine Augen glitten über die Zeichnung. Das Fach in der Mitte besaß keine Nummer. Die höchste Zahl war die 98. Die Liste der Fächer hörte ebenfalls bei 98 auf. Henry schob das Notizbuch beiseite, nahm das andere und blätterte zu den Kombinationen. Auch die Liste der Kombinationen

Weitere Kostenlose Bücher