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Fluch der 100 Pforten

Fluch der 100 Pforten

Titel: Fluch der 100 Pforten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Wilson
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stirbt uns das Land unter den Füßen. Meine Stadt braucht mich. Dennoch bin ich gekommen, durch kalter Berge Gräber, also sprich gerade heraus.«
    Henrietta zerbrach den Zucker in kleine Stücke. Sie legte das kleinste Stück auf ihre Handfläche und hielt es unter Chesters aufgeblähte Nüstern. Seine Lippen umschlossen ihre Hand und seine Zunge leckte den Zucker auf. Henrietta hatte nicht genau verstanden, was Caleb gesagt hatte, aber sie hatte mitbekommen, dass sie bei ihm bleiben sollte. Und das war gut so. Oder zumindest glaubte sie das. Sie ließ sich mit dem restlichen Zucker ein bisschen zu lange Zeit und Chester stupste sie mit der Nase an.

    »Endor erwacht«, sagte Magdalene.
    »Endor schläft in seinem eigenen Staub und Wahn«, antwortete Caleb. »Es ist Nimiane, die erwacht, und das tut sie im Hause des Carnassus, hoch oben im Norden. Ich habe die letzten Wochen damit verbracht, den Tod und seine Wege zu verfolgen. Wie sie freigekommen ist, kann ich dir nicht sagen, denn ich stand neben meinem Bruder, als sie bestattet wurde. Aber ich fühlte damals ihre Flüche in meinen Gliedern, und die erinnern sich noch heute an ihre Stimme. Deine Nachricht ist leicht ausgesprochen und meine gefährliche Anreise war eigentlich nicht vonnöten. Was gibt es noch? Was sollte es sein, von dem ich nicht schon weiß?«
    »Wir werden untergehen«, sagte Magdalene leise. »FitzFaeren strebt seiner letzten Ruhe entgegen.«
    Es entstand eine allgemeine Bewegung und Unruhe. Henrietta sah zu Benjamin und Joseph und den Männern, die um sie herum standen. Ihre Gesichter waren rot und ihre Lippen fest aufeinandergepresst. In manchen Mienen sah sie Zorn, in anderen Leere.
    Caleb schwieg.
    »Und nach uns wird es jedes Bergvolk und jedes Dorf treffen. Die Wälder werden verschwinden, bis sie ihren teuflischen Durst gestillt hat. Deine Stadt wird in der Brandung untergehen, und mit ihr dein Volk. Und nach uns werden die größeren Königreiche drankommen, die Reiche der drei Meere, die mit Magie leicht zu überwältigen sind. Sie wird ihren Blick darauf richten. Sie wird einen neuen Thron finden, einen erhabeneren Herrschersitz, und neue Länder, um sie zu vernichten.«

    Caleb seufzte. »Über meinem Fenster nistet eine Taube, die mir solche Klagelieder vom Tod zu jedem Morgengrauen singt, weil die Sonne aufgegangen ist, und an jedem Abend, weil sie untergegangen ist. Wollt ihr euch jetzt eure Gräber schaufeln und es euch darin bequem machen?«
    Henrietta sah, wie die kleinen Männer unbehaglich von einem Fuß auf den anderen traten. Was ihre Königin da sagte, verärgerte sie und Caleb stachelte sie noch weiter an. Sie blickten finster drein, sagten aber nichts.
    »Bestreitest du, dass sie mehr Kraft an sich zieht, als sie allein halten kann?«, fragte Magdalene.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie hat jemanden zur Unterstützung«, sagte Magdalene. »Wir können zusammenstehen oder uns der Reihe nach abschlachten lassen. Wenn wir dann unterliegen, unterliegen wir gemeinsam, aber zumindest in allen Ehren.«
    Caleb rieb sich das stoppelige Kinn. Als Magdalene schwieg, antwortete er. »Natürlich sollst du alle Unterstützung haben, die wir bieten können. Aber das ist nicht eben viel. Was hattest du dir vorgestellt?«
    Magdalene erhob sich von ihrem Platz, und als sie dies tat, verneigten sich alle Männer um sie herum. »Errichtet den Stützpunkt eures Widerstands hier«, sagte sie, »in den Räumen von FitzFaeren. Wir liegen am weitesten nördlich. Ihr steht geschützt hinter den Bergen und weiter im Süden. Wenn ihr euren Widerstand dort errichtet, mit dem Rücken zum Meer, werdet ihr uns einem frühen und einsamen Schicksal aussetzen und eure eigene Vernichtung nur wenig hinauszögern. Gemeinsam aber können wir von hier aus die Hexe
vielleicht zur Umkehr zwingen – oder ein schnelles Ende finden.«
    »Königin«, sagte Caleb und seine Stimme klang angestrengt. »Weißt du, worum du da bittest? Schon jetzt wird innerhalb unserer Mauern unreifes Korn geerntet und Dörfler, die kaum mehr als ihr Leben besitzen, kommen aus den Bergen zu uns. Wir haben uns auf die Belagerung eingestellt, seitdem Nimianes Stern in einem neuen Geviert des Himmels aufging. Ich kann dir nicht einmal zwanzig meiner erfahrensten Männer geben, ganz zu schweigen davon, all unsere eigenen Vorbereitungen zu vernachlässigen. Dazu haben wir keine Zeit. Ich habe die Pfade der Zauberer bereist, um hierher zu gelangen, aber ich kann nicht mein gesamtes Volk auf

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