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Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Fluch der Engel: Roman (German Edition)

Titel: Fluch der Engel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Itterheim , Jessica Itterheim
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sehen, um nachzuschauen, ob das Jadegrün endlich verschwunden war. Doch ich schaffte es nicht, meine Lider zu öffnen, und glitt stattdessen tiefer in meine Traumwelt.
    Christophers Kuss veränderte sich, wurde fordernder, zügellos. Sein Mund schrumpelte zu einer faltigen Linie, seine Augen trübten sich. Ich versuchte, mich aus seiner Umarmung zu winden, um diesen Lippen zu entkommen. Doch Christopher hielt mich mit eiserner Entschlossenheit und trieb seine kalte Zunge zwischen meine Zähne. Dass ich zubiss, bis ich Blut schmeckte, störte ihn nicht. Entschlossen drängte er weiter. Was ich wollte, zählte nicht. Er bestimmte die Regeln.
    Je mehr ich gegen seine Umarmung kämpfte, umso fester hielt er mich in seinen krallenbewehrten Händen gefangen. Es gefiel ihm,mit seiner Beute zu spielen. Nachzugeben und mich zu fügen wäre das Einfachste gewesen. Aber das wollte und konnte ich nicht – dafür war ich nicht geschaffen. Also kratzte, schlug und biss ich erneut zu.
    Christophers wunderschöner Sturmgeruch verwandelte sich. Der eklige Gestank trieb mir Tränen in die Augen. Die Erinnerung an das dunkle Verlies im Schloss der Engel tauchte auf. Der Schattenengel war zurückgekehrt. Christopher hätte mir niemals weh getan – er schon.
    Schluchzer, die ich nicht länger zurückhalten konnte, suchten sich ihren Weg. Es ist an dir, ihn davor zu bewahren , hörte ich meine eigene Stimme noch, bevor Finsternis mich einhüllte.

    Es war Aron, der mich weckte. Ich war allein in meinem Abteil.
    »Wach auf, wir müssen aussteigen«, erklärte er. »Du fährst mit mir zum Schloss.«
    Ich nickte wortlos. Meine geröteten Augen waren ihm bestimmt nicht entgangen. Er fragte nicht nach. Stattdessen schnappte er sich meinen Koffer und bugsierte mich samt Gepäck zu einer der dunklen Limousinen, die uns Schüler zurück ins Schloss der Engel brachten.
    Wie bei einem Déjà-vu erhob sich das weiße, von Schnee bedeckte Märchenschloss aus der nächtlichen Dunkelheit, als wäre ich erst gestern und nicht vor einem Jahr zum ersten Mal hier angekommen. Ebenso ruhig und friedlich wie der starr gefrorene See dahinter, erwartete es mich. Doch ich wusste, dass in diesem Schloss nichts so war, wie es schien. An diesem Ort trafen zwei Welten aufeinander. Menschen und Engel, Gut und Böse. Hier war ich Christopher begegnet, der mein Leben verändert hatte – der mich verändert hatte.
    Einer nach dem anderen schlichen die angehenden Schutzengel, die in Venedig die Aufgabe der Protegés übernommen hatten, durch die stuckverzierte Eingangshalle. Dank des hochwirksamen Betäubungstabaks schliefen die Bewohner des Internats tiefund fest. Keiner von ihnen wusste, dass sich der Zugang zum Schloss der Engel unter der edel geschwungenen Holztreppe befand – abgesehen von Christopher, Raffael und mir.
    Unschlüssig blieb ich vor dem großen, schwarzweißen Marmorkamin stehen und beobachtete, wie die Engelschüler hinter der Wandtür verschwanden. In welcher Welt ich den Rest der Nacht verbringen sollte, hatte Aron mir nicht verraten. Er bemerkte mein Zögern und nahm mich beiseite.
    »Ein wenig Abstand von der Engelswelt wird dir guttun. Du kannst gerne schon heute hier übernachten.«
    »Aber ich …«
    »Lynn, du hast dir eine Pause verdient«, schnitt Aron mir das Wort ab.
    »Ich … Aron, es geht mir gut. Ich hatte genug freie Tage.«
    »Du vielleicht. Er eher nicht.« Arons granitgraue Augen verdunkelten sich. »Vermutlich erreicht er schneller wieder Normaltemperatur, wenn du nicht in Reichweite bist.«
    »So schlimm?«, flüsterte ich. Der Kloß in meinem Hals drohte, mich zu ersticken.
    Auf Arons glatter Stirn bildeten sich tiefe Falten. »Schlimmer – aber das kann warten.«
    Sein Zusatz ließ sämtliche Ängste wieder aufleben. Waren Christopher und Nagual erneut aufeinandergetroffen? War er Sanctifer begegnet? Mein Herz zog sich zusammen, bis es schmerzte.
    »Aron, wenn ich …«
    »Nicht heute!« Arons klangvolle Stimme dröhnte durch die Eingangshalle. Aufgewühlt fuhr er sich durch seine dunklen, lässig verwuschelten Haare. Normalerweise brachte ihn nichts so schnell aus der Fassung. Es war sinnlos, weiterzubohren. Er würde mir nicht verraten, was schlimmer bedeutete – zumindest nicht heute.
    »Also dann bis morgen«, sagte ich und wandte mich zum Treppenaufgang.
    Aron packte meinen Arm und zog mich zurück. »Nicht damit!«Sein Blick heftete sich auf das silberne Band mit dem Engelsmedaillon – mein Armband, das er mir

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