Fluch der Leidenschaft
jagten schreiend und mit Getöse auf Imogens Verteidiger zu. Am lautesten war das wie zerbrechende Glocken klingende Krachen von Metall gegen Metall – der wilde Versuch, in Fleisch und Knochen zu hacken.
Imogens Pferd warf sich nach vorn und tänzelte, von dem Durcheinander und dem Handgemenge erschreckt. Sie konnte es nur mühsam im Zaum halten und suchte gleichzeitig nach einer Möglichkeit, sich nützlich zu machen. Der Bogen fiel von ihrem Arm, doch sie kümmerte sich nicht darum. Bei einem solchen Kampf war er ohnehin nicht zu gebrauchen.
Es verwirrte sie, wie langsam alles vonstattenzugehen schien. Es war nur einen Augenblick her, seit Gareth zu Boden gegangen war, und dennoch kam es ihr vor wie eine Ewigkeit. Jeder um sie herum, Freund wie Feind, schien sich in traumähnlicher Langsamkeit zu bewegen.
Sie sah einen der Gegner völlig ungeschützt und angreifbar, doch derjenige von FitzRogers Männern, der direkt neben ihm war, nutzte die Gelegenheit nicht aus. Hätte sie ein Schwert oder etwas dergleichen gehabt, sie hätte ihn durchbohren können. Von ihrem Pferd aus sah sie FitzRoger, der sich langsam bewegte wie ein alter Tattergreis – doch mit unglaublicher Effizienz.
Sein Schwert ging mit voller Wucht auf einen ungeschützten Oberkörper nieder, und Imogen meinte geradezu, die Rippen brechen zu hören, bevor der Mann mit einem Aufschrei vom Pferd stürzte. Das war schon besser! Sie stieß ein überschwängliches Siegesgeheul aus, als habe sie selbst den Schlag geführt.
Einer ihrer Kämpfer ging brüllend zu Boden. Der schützende Kreis um sie bekam Lücken.
Imogens Siegestaumel schwand. Es waren zu viele, die gegen sie kämpften.
Sie konzentrierte sich darauf, jeden Versuch, ihrer habhaft zu werden, zu verhindern. Sie wünschte, FitzRoger hätte ihr ein Schwert gegeben, obwohl sie wusste, dass sie mit so einer Waffe gar nicht umgehen konnte. Dann fielen ihr die Pfeile wieder ein. Sie holte eine Handvoll aus dem Köcher, bereit, damit zuzustechen, sollte jemand sich ihrer bemächtigen wollen.
Doch die Angreifer waren noch zu sehr mit FitzRoger beschäftigt. Sie schienen sich auf ihn zu konzentrieren, als wüssten sie, dass ein Sieg über ihn der Schlüssel zu ihrer Person sei. Er hatte drei Mann gleichzeitig gegen sich, aber er kämpfte gelassen, gewandt, effizient, immer in der Lage, die Schläge gegen sich abzublocken.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als sie eine Keule sah, die aus seinem toten Winkel auf ihn zukam, während er gerade einen anderen Angreifer niederkämpfte. Sie versuchte, ihn zu warnen, aber er wich dem Schlag bereits aus, reagierte, als könne er rundum alles auf einmal sehen.
Im Bruchteil einer Sekunde zwischen zwei Hieben grinste er ihr zu, als sei dies ein Vergnügen für ihn.
Erstaunt stellte sie fest, dass sie sein Lächeln erwiderte. Dies war kein Vergnügen, aber dennoch hatte sie sich noch nie so lebendig gefühlt. Sollte sie hier sterben, so war dies ein Tod, der besser war als viele andere.
Auf keinen Fall würde sie sich gefangen nehmen lassen.
Ein Schwert zischte durch die Luft auf FitzRogers Kopf zu. Er wehrte den Hieb mit einem lauten Klirren ab und wendete sein Pferd, um dem Angreifer frontal zu begegnen.
Ein weiterer seiner Männer ging zu Boden, doch die Verluste in den Reihen des Feindes waren größer. FitzRoger allein war für mindestens drei Tote verantwortlich. Imogen wünschte sich, einer der Angreifer würde in Reichweite ihrer Pfeile kommen, damit sie zustechen konnte. Sie schrie ihren Trotz und Hohn heraus, jauchzte über den Tod eines jeden Gegners.
Wieder ging einer der Ihren nieder.
Jetzt ritt ein Feind geradewegs auf Imogen zu. Sie ließ ihr Pferd sich aufbäumen, um ihm Kontra zu bieten, und stieß einen Warnschrei aus. FitzRoger kämpfte gerade gegen zwei Mann an, aber er wendete sein Pferd sofort, um der neuen Bedrohung zu begegnen.
Er kämpfte um sein Leben und beschützte gleichzeitig sie. Es war unglaublich.
Dann drängte sich der Rumpf des Tiers, das ihm am nächsten war, gegen Imogens Bein und quetschte es. Mit wahrer Freude stieß sie mit ihren Pfeilen zu.
Das Pferd bockte wie wild; der Reiter blieb zwar im Sattel, doch für einen Moment war er nicht fähig, sich zu verteidigen.
Noch immer verlief alles so gespenstisch langsam.
Imogen sah die ungeschützte Stelle an seinem Hals zwischen den Laschen seiner Kettenhaube ganz deutlich. FitzRogers Schwert traf mit tödlicher Präzision. Noch ehe der Mann tot zu Boden fiel,
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