Fluch der Nacht: Roman
nicht der richtige Moment, um mit mir über Sex zu reden, Lara. Ich bin kein Heiliger.«
Prüfend betrachtete sie sein abgewandtes Gesicht, dann glitt ihr Blick zu der unübersehbaren Wölbung vorn in seiner Jeans hinunter. Es gab ihr ein berauschendes Gefühl der Macht, zu wissen, dass sie ihn an die Grenzen seiner Beherrschung gebracht hatte, aber sie war noch nicht bereit, sich auf die Konsequenzen einzulassen. Nicolas bemühte sich verzweifelt, sich zusammenzunehmen und ihr Zeit zu geben, und die brauchte sie auch wirklich. Deshalb holte sie tief Luft und trat vom Rand des Abgrunds zurück, in den sie trotz allem so gern hinabgesprungen wäre.
»Ich will nicht allein gelassen werden«, murrte sie. »Nicht schon wieder. Nicht einmal, nachdem du die Höhle so schön gemacht hast. Ich will mit dir in die frische Luft hinaus.«
Nicolas fuhr sich mit der Hand durchs Haar und begann, auf und ab zu gehen. Er erinnerte sie an eine gefangene Raubkatze. Feste Muskeln spielten unter seinem Hemd, seine Bewegungen waren von einer natürlichen Anmut und Geschmeidigkeit. Er kam zum Bett zurück, blieb einen Moment vor ihr stehen und hockte sich dann vor sie hin. »Fél ku kuuluaak sívam belsó. Ich brauche dringend Blut, Liebste. Ich wollte meinen Geist vorübergehend vor deinem verschließen, damit du nichts davon mitbekommen würdest. Ich kann dich nicht gut mitnehmen und dich etwas mitansehen lassen, was dich aufregt und bekümmert, egal, wie nötig es auch ist.«
Sie setzte sich auf, überrascht, dass sie sich sogar nach der Aufnahme seines Blutes noch schwach und schwindlig fühlte. Aber sie ignorierte das und zwang sich aufzustehen. »Dann bring mich zu dem Gasthof, damit ich meine Freunde besuchen kann! Ich möchte sehen, ob es Terry besser geht, weil ich mich verantwortlich für seine Lage fühle. Ich hätte die beiden nicht mitnehmen sollen.«
Nicolas wollte sie bei keinem der zwei Männer wissen, und schon gar nicht, solange er nicht sicher sein konnte, dass die Parasiten vollständig aus Terrys Organismus entfernt worden waren. Abgesehen davon wollte er Lara ohnehin mit nichts und niemandem teilen, bis ihr Bündnis vollendet war, doch sie musste Boden unter den Füßen gewinnen und den Eindruck, dass sie nicht einem verdorbenen Geblüt entstammte. Es war falsch von ihm, sie von ihrer Familie fernzuhalten, nur weil er der Einzige sein wollte, auf den sie sich verließ.
Ein paarmal holte er tief Luft und ließ sie wieder entweichen. Er war entschlossen, das Richtige zu tun, egal, was es ihn kostete. Diese »Güte« würde ohnehin nicht lange anhalten. Dazu kannte er sich zu gut. Die Finsternis war ebenso sehr ein Teil von ihm wie das Atmen. »Ich kann nach deinen beiden Freunden sehen, denn für dich habe ich etwas Besseres zu tun, falls du dich dem wirklich schon gewachsen fühlst.«
»Und was soll das sein?«
Er griff nach ihrer Hand und zog daran, bis sie den Arm ausstreckte und er ihre Faust an seine Brust ziehen konnte – direkt an die beiden kleinen Einstiche über seinem Herzen. »Razvan hat eine Zwillingsschwester, die noch lebt.«
Lara schaute blinzelnd zu ihm auf, und sofort nahm er den Energiestoß in der Höhle wahr. Die Musik verstummte, Laras Haar knisterte und färbte sich tiefer rot, und ihre Augen, die zu ihm aufblickten, wechselten von dunklem Grün zu Gletscherblau. »Wie lange hast du das schon gewusst?«
Er schaute auf seine Hände herab und dann wieder auf, um ihren prüfenden Blick zu erwidern. »Ich habe es dir nicht gleich gesagt, weil ich uns vorher eine Chance geben wollte, als Seelengefährten zusammenzukommen. Du musst jemandem vertrauen, und ich wollte, dass ich es bin.«
Ihre kühlen blauen Augen auf sein Gesicht gerichtet, schwieg sie für einen Moment. »Du musst aber auch wirklich immer alles unter Kontrolle haben, was?«
Er zuckte seine breiten Schultern. »Ja.«
»Tu das nicht noch mal! Verschweig mir nie wieder etwas aus solch absurden Gründen. Oder glaubst du wirklich, ich könnte der Zwillingsschwester meines Vaters so leicht vertrauen, nachdem ich gesehen habe, wozu mein Urgroßvater und mein Vater fähig waren?«
»Ich kenne deine Tante nicht, doch ich habe gehört, dass sie eine große Kriegerin ist, die zusammen mit ihrem Seelengefährten gegen die Vampire kämpft.«
Lara fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Bist du sicher, dass sie Razvans Schwester ist?«
»Daran besteht kein Zweifel. Ich kann dich zu ihr bringen. Sie ist in Ordnung, Lara. Und dein
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