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Fluch, Der: Roman

Fluch, Der: Roman

Titel: Fluch, Der: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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fährt er los in das malerische Bankerton, wie er hofft, zum allerletzten Mal.
    Unterwegs hält er nur einmal vor einem Supermarkt. Er geht hinein und besorgt sich zwei Dinge: ein großes Weckglas, in dem die Frauen Obst einmachen, und eine Zweiliterflasche Pepsi-Cola. Als er in Bankerton ankommt, bricht gerade die Dämmerung herein. Er fährt zur Kiesgrube und marschiert einfach rein. Er weiß, jetzt hat es keinen Sinn mehr, schüchtern zu sein - wenn man in der Aufregung der letzten Nacht die Leiche gefunden hat, sitzt er sowieso in der Tinte. Aber es ist niemand da. Und er findet auch keine Anzeichen, daß jemand dagewesen wäre. Also gräbt er nach Spurton, tastet ein bißchen herum und zieht den großen Preis heraus. Genauso wie bei der Wundertüte.«
    Ginelli erzählte vollkommen ausdruckslos, aber Billy sah vor seinem geistigen Auge einen Film ablaufen – keinen besonders angenehmen: Ginelli geht in die Knie, schiebt den Kies mit beiden Händen zur Seite, ertastet Spurtons Hemd ... den Gürtel ... schließlich die Hosentasche. Greift hinein. Wühlt sich durch sandiges Kleingeld, das wohl nie wieder ausgegeben wird. Und darunter ... kaltes Fleisch, bei dem schon die Totenstarre eingesetzt hat. Endlich - die Schlüssel. Und schnell wird das Loch wieder zugescharrt.
    »Brrr«, sagte Billy und schüttelte sich.
    »Es ist alles eine Frage der Perspektive, William«, beruhigte Ginelli ihn. »Glaub mir, es ist so.«
    Ich glaube, das macht mir dabei gerade am meisten Angst, dachte Billy und hörte mit wachsendem Staunen zu, wie Ginelli das Ende seiner bemerkenswerten Abenteuergeschichte erzählte.
    Mit den Hertz-Schlüsseln in der Tasche ging er zu Avis-Buick-Sedan zurück. Er schraubte die Cola auf und goß sie in das Weckglas, das er hinterher sorgfältig verschloß. Dann machte er sich auf den Weg ins Zigeunerlager.
    »Ich wußte, daß sie noch da sein würden«, sagte er.
    »Nicht, weil sie den Wunsch harten, noch zu bleiben, sondern weil die Staatsbullen ihnen mit aller Deutlichkeit erklärt haben würden, daß sie solange an Ort und Stelle zu bleiben hätten, bis die Untersuchungen abgeschlossen seien.
    Was lag vor? Auf der einen Seite eine Gruppe von Nomaden – ich glaube, man kann sie sehr wohl so nennen –, jedenfalls eine Horde Fremder in der gemütlichen Kleinstadt Bankerton, und auf der anderen Seite ein Fremder oder eine Gruppe von Fremden, die mitten in der Nacht rauskommen und den Platz zusammenschießen. Die Bullen neigen dazu, sich für diese Art von Geschichten zu interes-sieren.«
    Selbstverständlich hatte es die Bullen interessiert. Am Feldrand parkten ein Maine-Staatspolizeiwagen und zwei nicht gekennzeichnete Plymouths. Ginelli stellte den Sedan zwischen den beiden Plymouths ab und ging den Hügel hinunter auf das Lager zu. Das Pontiac-Wrack war schon ab-geschleppt worden. Vermutlich in das nächste Kriminalamt, wo die Laborleute sich darüber hermachen konnten.
    Als er den Hügel halb hinuntergeschlendert war, kam ihm einer der Staatspolizisten entgegen, der wohl auf dem Rückweg zu seinem Wagen war.
    »Sie haben hier wohl kaum etwas zu suchen, Sir«, sagte der Beamte. »Ich muß Sie leider bitten weiterzufahren.«
    »Ich habe ihn davon überzeugt, daß ich doch etwas in dem Lager zu suchen hätte«, erzählte Ginelli schmunzelnd.
    »Wie hast du das geschafft?«
    »Hab' ihm das hier gezeigt.«
    Ginelli langte in seine Brusttasche und warf Billy ein kleines Ledermäppchen zu. Billy fing es auf und öffnete es. Er wußte sofort, was er da in den Händen hielt; im Laufe seiner Anwaltskarriere waren ihm einige von diesen Dingern unter die Finger gekommen. Er hätte noch eine Menge mehr davon gesehen, wenn er sich auf Kriminalfälle spezialisiert hätte. Es war ein FBI-Ausweis mit Ginellis Foto. Ginelli wirkte darauf fünf Jahre jünger. Sein Haar war ganz kurz geschnitten, beinahe ein Bürstenhaarschnitt. Der Ausweis identifizierte ihn als Spezialagent Ellis Stoner.
    Plötzlich ratterte es in Billys Kopf, und es ging ihm ein Licht auf.
    Er blickte von dem Ausweis hoch. »Du hast den Sedan also gebraucht, weil er mehr wie ein...«
    »Wie eine Staatskarosse aussieht, klar. Ein großer, unauffälliger Wagen. Ich wollte nicht in einer rollenden Thunfischdose daherkommen, wie der Avis-Kerl sie mir anbieten wollte. Aber vor allem wollte ich nicht in Farmer Johns Roll- und Fickmaschine dort aufkreuzen.«
    »Das hier – ist das eins von den Dingen, die dein ›Bekannter‹ auf seiner zweiten Reise

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