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Fluch der Unsterblichkeit

Fluch der Unsterblichkeit

Titel: Fluch der Unsterblichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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dort glücklich wären.«
    »Warum nicht?«
    »Weil nicht-weganische Einwanderer nicht-weganische Einwanderer sind. Hier gehören Sie nicht einer niederen Kaste an. Hier stehen Sie an der Spitze. Auf Taler stünden Sie ganz unten.«
    »Warum muß das so sein?« fragte sie.
    »Weil Sie eine weiße Blüte sehen.« Ich reichte ihr die Blüte zurück.
    Ein langes Schweigen kam auf und eine kalte Brise.
    »Jedenfalls bin ich glücklich, daß Sie hierhergekommen sind«, sagte sie.
    »Es ist wirklich ein interessanter Ort.«
    »Freut mich, daß es Ihnen hier gefällt.«
    »War der Mann, der sich Conrad nennt, wirklich Ihr Geliebter?«
    Ich zuckte unter der Plötzlichkeit der Frage zusammen.
    »Es geht Sie zwar nichts an«, sagte sie, »aber die Antwort ist ja.«
    »Ich kann das verstehen«, sagte er.
    »Warum?« fragte sie.
    »Weil Sie das Fremdartige, das Mächtige, das Exotische wollen, weil Sie niemals glücklich sind, dort, wo Sie sind, und darüber, was Sie sind.«
     
    Sie tat mir in diesem Augenblick leid. Dann, ohne daß ich es wahrnahm, streckte ich die Hand aus, weil ich sie irgendwie trösten wollte, und ergriff ihre Hand. Nur war es Myshtigos Hand, die sich bewegte, und er hatte ihr nicht den Befehl gegeben, sich zu bewegen. Ich hatte das getan.
    Plötzlich empfand ich Furcht. Er übrigens auch. Ich spürte es deutlich.
    Mir war, als wankte mir der Boden unter den Füßen, ich spürte, daß er sich besessen fühlte, als habe er die Gegenwart eines anderen in seinem Gehirn wahrgenommen.
    Ich wollte schnell fort, und schon saß ich wieder an meinem Felsen, aber erst, nachdem sie die Blüte fallen ließ und ich sie sagen hörte: »Halt mich fest! Nimm mich in den Arm!«
    Verflucht diese pseudotelepathische Wunscherfüllung! dachte ich. Eines schönen Tages werde ich aufhören zu glauben, daß wirklich nicht mehr dahintersteckt.
    Ich hatte nämlich in dieser Blüte tatsächlich zwei Farben gesehen, für die ich keine Worte habe …
    Ich ging zum Camp zurück, kam an das andere Ende des Warnkreises, setzte mich auf den Boden und zündete mir eine Zigarette an.
    Zwei Zigaretten später hörte ich eine Stimme hinter mir.
    »Im Großen Haus und im Haus des Feuers, an jenem Großen Tag, an dem alle Tage und Jahre gezählt sind, o möge dann mein Name mir zurückgegeben werden«, sagte die Stimme.
    »Eins zu Null für Sie«, sagte ich leise. »Das Zitat paßt haargenau. Ich erkenne das ›Buch der Toten‹ wieder, auch wenn man es leichtfertig in den Mund nimmt.«
    »Ich habe nicht leichtfertig zitiert, nur – wie Sie sagten – passend.«
    »Um so besser.«
    »Und an jenem Großen Tag, welchen Namen wird man Ihnen zurückgeben, wenn man Ihnen einen gibt?«
    »Man wird mir keinen geben. Ich habe vor, zu spät zu kommen. Und was sind schon Namen?«
    »Das hängt vom Namen ab. Versuchen Sie’s mal mit ›Karaghiosis‹.«
    »Setzen Sie sich doch, so daß ich Sie sehen kann, ich mag es nicht, wenn Leute hinter meinem Rücken stehen.«
    »Gut. Also?«
    »Also was?«
    »Also versuchen Sie’s mal mit ›Karaghiosis‹.«
    »Warum sollte ich?«
    »Weil er eine Bedeutung hat. Wenigstens hatte er früher eine.«
    »Der Karaghiosis war eine Figur in den alten griechischen Schattenspielen. Ähnlich wie der Harlekin in der europäischen Commedia dell’Arte. Er war ein Tölpel und ein Hanswurst.«
    »Er war ein Grieche, also war er scharfsinnig.«
    »Ha! Er hatte immer halb die Hosen voll und starrte vor Schmutz.«
    »Ja, aber er war auch ein halber Heros. Arglistig und ein wenig grob, aber mit Sinn für Humor. Er hätte zum Beispiel eine Pyramide abgetragen. Außerdem war er stark, wenn er wollte.«
    »Wo ist er jetzt?«
    »Das würde ich gern wissen.«
    »Und warum fragen Sie mich?«
    »Weil Hasan Sie mit diesem Namen gerufen hat, als Sie mit dem Golem kämpften.«
    »Also, das war nur ein Schimpfwort, eine Gattungsbezeichnung, ein Synonym für Narr, ein Spottname – etwa so wie wenn ich Sie ›Rotkopf‹ nennen würde. Bei dem Gedanken kommt mir übrigens die Frage, wie Sie wohl für Myshtigo aussehen mögen? Weganer sind für Ihre Haarfarbe blind, müssen Sie wissen.«
    »Es ist mir wirklich ziemlich egal, wie ich auf Weganer wirke. Aber ich frage mich meinerseits, wie Sie auf ihn wirken. Ich habe gehört, daß Myshtigos Akte über Sie ziemlich dick ist. Steht offenbar drin, daß Sie mehrere hundert Jahre alt sein sollen.«
    »Zweifellos eine Übertreibung. Aber Sie scheinen eine ganze Menge darüber zu wissen. Wie dick ist

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