Fluch des Magiers
Dabei konnte man ihr ansehen, dass die Neugier sie schier verzehrte. Während Rogon sich ein wenig zurückhielt, genoss Tirah das Gespräch mit einer Frau, deren Wurzeln den ihren glichen, auch wenn sie ihr mehr als tausend Jahre an Erfahrung voraushatte.
Rogon trank seinen Wein, der sich als recht annehmbarer Marangree entpuppte, betrachtete dabei die Landkarten an den Wänden und widmete sich schließlich der Karte des roten Südens. Wie es aussah, hatten die Violetten sich bereits Gedanken darüber gemacht, wie es nach der Vertreibung der Einbruchsländler dort aussehen sollte. Allerdings würden sie sich dabei mit dem blauen Tempel auseinandersetzen müssen, da sie mehrere kleinere violette Reiche zu einem größeren zusammenfassen wollten und dafür mindestens ein blaues Fürstentum mit einbezogen, das wie ein Riegel zwischen den einzelnen Teilen lag.
Die Ankunft der Oberpriesterin beendete Rogons Gedankengang. Die Frau war um die fünfzig und wirkte bei Tirahs Anblick irritiert. Bilder der magischen Kriegerin Sirrin gab es hier im violetten Tempel genug, nur sah Tirah in der fremden Tracht anders aus. Außerdem wirkte ihre Miene weicher als auf den idealisierten Porträts.
»Wir kommen aus dem Süden, um zu vermelden, dass der Fluch von Rhyallun gebrochen wurde und der grüne Wall verschwunden ist«, erklärte Tirah und wies auf Tharons Brief. »Diese Botschaft soll der hohen Herrin Sirrin so rasch wie möglich überbracht werden.«
Die Oberpriesterin nahm das Schreiben in die Hand, spürte Tharons magisches Siegel und nickte. »Ich werde veranlassen, dass es noch heute einem von Sirrins Vertrauensleuten überbracht wird. Doch Ihr sagt, der Fluch von Rhyallun wäre gebrochen. Habt Ihr das mit eigenen Augen gesehen?«
»Wir haben sogar mitgeholfen, ihn zu brechen«, erklärte Rogon barsch.
Tirah legte ihm die Rechte auf den Unterarm. »Wir sind hier unter Freunden, mein Lieber. Hier wird niemand gegen den Willen der Evari handeln!«
Die Oberpriesterin musterte ihn aufmerksam. »Offensichtlich seid Ihr bereits im blauen Tempel gewesen. Dort dient man wahrlich nicht mehr der Göttin und ihrer Evari. Es ist ein Hort von Damen, denen wenig an den Seelen der ihnen anvertrauten Menschen liegt, sondern nur am Ansehen und dem Aufstieg ihrer eigenen Familien und der Reiche, aus denen sie stammen. Wenn ich daran denke, dass sie Rogar von Andhir, einem kriegserprobten Anführer, das Blaue Banner des obersten Heerführers ihrer Farbe wegen einer Kleinigkeit verweigerten und es einem aufgeblasenen Narren übergaben, den nur die Verwandtschaft mit der blauen Oberpriesterin auszeichnet. Hier im violetten Tempel würde niemand daran denken, Königin Marila von Marangree das Violette Banner zu verweigern. Sie ist nicht nur eine große Anführerin, sondern entstammt dem gleichen Blut wie die große Heldin Tirah!«
Die Oberpriesterin ließ Tirah dabei nicht aus den Augen. Zwar besaß sie nur einen vagen Verdacht, der sich durch den stolzen Zug, der sich auf dem Gesicht ihres Gastes zeigte, noch verstärkte.
»Man hat uns die nach dem Gesetz zustehende Belohnung verweigert beziehungsweise sie an nicht erfüllbare Bedingungen geknüpft.« Aus Rogon sprach noch immer der Groll, den er seit seinem Besuch im blauen Tempel hegte.
Tirah reichte der Oberpriesterin das Schreiben, das sie vom blauen Tempel erhalten hatten. Diese las es durch und gab es an die Aufseherin der Stammtafeln weiter.
»Du verstehst mehr davon als ich. Doch glaube ich, dieser Vertrag ist eindeutig. Herr Rogon hat das alleinige Recht, die Besiedlung der blauen Reiche in die Wege leiten. Damit ist er auch die Person, an die wir uns wegen des gewünschten Landtausches wenden müssen. Bevor die Grünen über den Strom kamen, gab es in den jetzigen Einbruchslanden siebenundzwanzig kleine Fürstentümer, darunter fünf violette. Durch ihre geringe Größe wurden diese jedoch von den schwarzen Reichen um sie herum dominiert. Zwei weitere sind wegen der Einheirat schwarzer Prinzessinnen aus der violetten Stammtafel ausgetragen und in die schwarze Stammtafel eingeschrieben worden. Um zu verhindern, dass dies weiter geschieht, möchten wir nur noch ein einzelnes, dafür aber starkes Fürstentum am Strom errichten und wollen daher mit der blauen und der schwarzen Seite einen Landtausch vereinbaren. Der Boden der Länder trägt zwar noch die alten Farben, doch kann er durch die Tempelartefakte innerhalb einer Generation umgefärbt werden.«
»Ich will keine blauen
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