Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
Vom Netzwerk:
in den einen Raum, scheuchte die Kinder in den anderen und schloss sie dort ein. Das Wasser holte Gowers selbst vom
Brunnen, aber um Feuerholz zu schlagen, waren seine Hände zu klamm  – er konnte die Axt nicht halten. So dauerte es alles in allem noch eine gute Stunde, ehe er in einem zumindest lauwarmen Bad saß und versuchte, die fest angetrocknete Blut-und-Schmutz-Schicht von seiner Haut zu entfernen. Zeiten und Umstände sprachen gegen die viktorianischen Konventionen, und so half ihm Emilia an den Stellen, die er mit der harten Bürste nicht selbst erreichen konnte.
    »Woher kommt all das Blut?«, fragte sie dabei lediglich.
    »Pottwal«, sagte Gowers einsilbig, dem es doch ein wenig merkwürdig vorkam, von einer Frau berührt, gesehen und vermutlich auch gerochen zu werden, die er eben erst kennengelernt hatte. »Hat mich die letzten drei Tage am Leben gehalten.«
    Nachdem sie einige Male mit der bloßen Hand über seine Schulterblätter, die Rückenmuskeln, die Wirbelsäule gestrichen hatte, spürte auch Emilia, dass es an der Zeit war, die Situation zu entkrampfen. Sie tat das auf die denkbar einfachste Weise. Sie begann, über das einzige Thema zu sprechen, das sie mit dem nackten fremden Menschen unter ihren Händen verband: über ihren Mann.
    Schon in den ersten Briefen, die sie aus Raglan bekommen hatte, gleich nach von Tempskys Rückkehr aus Australien, hatte er von dem Amerikaner gesprochen und ihr aus Wanganui schließlich einen etwas ausführlicheren Bericht über ihn zukommen lassen. Sie war also darüber im Bilde, was der Investigator in Neuseeland suchte, ließ sich aber zunächst noch einmal aus seiner Sicht erzählen, was er gemeinsam mit ihrem Mann erlebt hatte  – ehe sie ihm sagte, wo er es finden würde.
    »In seinem letzten Brief steht übrigens etwas, das Sie angeht«, sagte sie und drehte sich um, als Gowers aufstand, um sich abzutrocknen. »Es geht um den Mann, den Sie suchen.«
    Er stutzte und sah sie dann erwartungsvoll an, ohne in seiner Tätigkeit fortzufahren. Sie blickte über die Schulter zurück, musterte ihn eine Sekunde zu lange und errötete dabei.
    »Ich werde Ihnen den Brief holen. Und ein paar Sachen von meinem Mann. Sie müssten Ihnen passen.« Sie lächelte ein wenig, als sie das sagte, aber weil sie schon auf dem Weg ins Schlafzimmer war, konnte er es nicht sehen.
    Eine Viertelstunde später war er von Tempsky, trug seine Kleider, saß in seinem Schaukelstuhl und rauchte  – nachdem er eine charakteristische Unruhe gezeigt und Emilia das entsprechend wortlose Verständnis entwickelt hatte  – eine von seinen Pfeifen. Sogar von Tempskys Kinder hockten zu seinen Füßen, während er las.
    Liebste Millie,
    was ein Mann in der vielfach unterschätzten Kunst, sich zum Idioten zu machen, leisten kann, glaube ich vorgestern möglich gemacht zu haben. Vielleicht konnte ich die diesbezüglichen Maßstäbe sogar hier und da noch ein wenig erweitern, sodass man in der Zukunft wahrscheinlich dazu übergehen wird, den Grad militärischer Dummheit in »Tempsky« zu messen.
    Turuturu Mokai, ein kleiner Vorposten mit zehn Mann Besatzung, liegt eigentlich nur einen Steinwurf von drei Meilen östlich von Camp Waihi entfernt, und man sollte nicht für möglich halten, dass man das eine angreifen kann, ohne das andere zu alarmieren. Ebendeshalb weckt mich am zwölften so gegen sechs Uhr mein Sergeant Bill Anderson und meldet Gewehrfeuer aus Turuturu. Stehe ich also da im Nachthemd im Wintermorgen herum, lausche, bis mir fast die Ohren abfallen, höre aber nichts als das Grummeln in meinem Bauch  – hatte natürlich noch nicht gef rühstückt. Ich frage Bill, was er denn eigentlich gehört hat, aber er hat gar nichts gehört, nur immer wieder eine Art Aufblitzen gesehen. Um Gewehrfeuer auf Sicht ausmachen zu können, ist es aber inzwischen im Osten und über Turuturu zu hell. Ich sehe zwar gelegentlich irgendwas, aber das kann auch so was wie Wetterleuchten sein. Zu hören ist noch immer nichts, und mir fällt blöderweise nicht auf, dass der Wind
ja auch gegen Turuturu steht und der alte Titoko ein schlauer Hund ist, der auf genau diesen Wind gewartet hat.
    Ohne Eile und leicht verknurrt  – Du kannst es Dir vorstellen?   – beschließe ich, trotzdem mal nachzugucken, und lasse Leutnant Hunter von der Fünften Kavallerie wecken. Der Gute hat aber in der Nacht schwer gebechert, wünscht mich, Sergeant Anderson und seine Blitze zum Teufel und erklärt, sein warmes Bett

Weitere Kostenlose Bücher