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Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Fluch des Südens: Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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einer Woche bettelte auch der wildeste schwarze Teufel darum, wieder arbeiten zu dürfen.
    Im Stock ging es noch schneller. Dort wurden die Sklaven wie an einem mittelalterlichen Pranger eingeschlossen, auf den Knien, mit Kopf und Händen, erhielten ein starkes Abführmittel und knieten dann in den eigenen Exkrementen, bis sie sich eines Besseren besannen. Zur Strafverschärfung war der Stock so konstruiert, dass man dort problemlos zwei Menschen übereinander einschließen konnte; eine Erfahrung, die man nicht einmal selbst machen, sondern nur mit angesehen haben musste, um sie um jeden Preis zu vermeiden.
    All das führte dazu, dass Deborahs zweite Flucht besser vorbereitet war. Sie dauerte fast zwei Wochen und führte sie bis nach Vidalia, wo sie zum ersten Mal den Mississippi sah und überquerte. Der ehrwürdige,
weißhaarige Sheriff, der sie nur aufgrund des Zeitungsinserats »Entlaufen!« angehalten hatte, unterzog sie auf der Straße, vor dem Gefängnis, der Prozedur des bucking , die eigentlich Männern vorbehalten war. Man zog sie aus, fesselte ihre Hände um die angezogenen Beine und steckte dann eine hölzerne Stange zwischen Ellenbogen und Kniekehlen hindurch. Ein heftiger Tritt in die Seite ließ sie hilflos auf dem Boden umherrollen, und natürlich setzte ihr Peiniger seinen ganzen Ehrgeiz darein, sie mit seiner Peitsche auf besonders gemeine Weise zu verletzen. Das rettete insofern ihr Leben  – oder zumindest ihre Ohren, die man rückfälligen Flüchtlingen abzuschneiden pflegte  –, als eine Dame der besseren Gesellschaft von Vidalia das unwürdige Schauspiel durch ihr mutiges Einschreiten beendete und sie zwei Tage später  – kaufte.
    Die nächsten sechs Jahre waren die besten in Deborahs Leben, denn obwohl sie Sklavin blieb, Putzfrau, Zimmermädchen und gelegentlich auch Köchin, behandelte ihre neue Herrin sie doch immer wieder als eine Art Gesellschafterin. Sie las ihr die Geschichten aus der Bibel so häufig vor, dass Deborah sie auswendig konnte. Und weil sie sie auswendig konnte und einmal in aller Unschuld gefragt hatte, welches unter all diesen Zeichen ihr Name sei, lernte Deborah, trotz der Todeswürdigkeit dieses Verbrechens, heimlich ein wenig lesen. Eine kleine, in Stahl gestochene Karte des Mississippitals von New Orleans bis Memphis, an einer Wand des Empfangszimmers, klärte sie ebenso heimlich über ihren Ort in der Welt auf. Wenn dies der Fluss Mississippi war und dies Vidalia, dann gab das seltsam verschnörkelte Kreuz am oberen Ende der Karte offensichtlich die Himmelsrichtungen an: W für Westen, S für Süden, E für Osten und N …
    Deborah blieb von da an nur noch bei der alten Dame, weil sie ihr das Leben gerettet hatte  – und um ihre dritte Flucht noch gründlicher vorzubereiten. Ehe es jedoch so weit kam, starb ihre Herrin völlig überraschend, und die jetzt Neunzehnjährige fand sich als Teil der Erbmasse wieder. Sie lauschte an den Türen, hinter denen sich eine erstaunlich zahlreiche Verwandtschaft tagelang um die Hinterlassenschaft, Porzellan, Möbel, Bilder, Bücher und das sonstige chattel ,
also das bewegliche Hab und Gut der Verstorbenen, stritt, zu dem auch Deborah gehörte. Eine Schwester aus St. Louis hätte sie gerne genommen, gab aber dann doch dem französischen Silberbesteck den Vorzug, und so gelangte Deborah in den Besitz eines Neffen, der bei Vicksburg eine größere Plantage betrieb.
    Das war gut, weil sie dadurch etwas weiter in den Norden gelangte, das war schlecht, weil sie wieder auf dem Feld arbeiten musste, denn die Ehefrau des glücklichen Erben fand sie zu hübsch, um sie im Haus und in der unmittelbaren Nähe ihres Gatten arbeiten zu lassen. Nach einem halben Jahr hielt die feine Dame es außerdem für an der Zeit, dass Deborah weitere kleine Sklaven in die Welt setze. Sie war inzwischen schlau genug, um sich dumm zu stellen, floh aber in der ersten Nacht vor dem ihr zugewiesenen schwarzen Ehemann  – und zwar diesmal nach Süden, in der nicht unberechtigten Hoffnung, dass man eine entlaufene Sklavin in dieser Richtung nicht oder doch deutlich weniger intensiv suchen würde.
    Sie kam tatsächlich unbehelligt und unkontrolliert bis Baton Rouge, schmuggelte sich dort auf ein nach Norden gehendes Dampfschiff und erreichte bei Mound City das freie Illinois. In langen nächtlichen Wanderungen, hungernd, barfuß und mit zerfetzten Kleidern kam sie schließlich nach Evansville/Indiana. Hier nahm sie durch die Vermittlung eines

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