Fluch des Tigers - Eine unsterbliche Liebe: Kuss des Tigers 3: Roman (German Edition)
Jahres verheiratet sein. Ein Kaiser braucht Nachkommen, denkt Ihr nicht? Derweil haben wir genügend Zeit, einander besser kennenzulernen, nicht wahr, mein Täubchen?‹ Ich nickte dann und erklärte, ich wäre beschäftigt, und normalerweise ließ er mich in Ruhe.
Da der Geschmack des Kaisers derart eigen war und er ständig seine Meinung änderte, wurde ich mit einem jungen Mann vertraut, der die Seide lieferte und mir ständig neue Garne und Material bringen musste. Manchmal setzte er sich zu mir, und wir unterhielten uns, während ich nähte. Schon bald sah ich seinen Besuchen mit Freude entgegen, und es dauerte nicht lange, bis ich mir immer neue Gründe einfallen ließ, ihn zu mir zu rufen. Ich ertappte mich häufig dabei, Tagträumen nachzuhängen, die von ihm handelten, worunter meine Arbeit litt.
Eines Tages starrte ich aus dem Fenster, als ich meinen jungen Mann im Innenhof vorbeigehen sah. Die Eingebung küsste mich, und ich war ganz aufgeregt, ein eigenes Vorhaben in die Tat umzusetzen. Ich hatte noch nie etwas gefertigt, das nicht in Auftrag gegeben worden war. Seit ich ein junges Mädchen war, hatte ich nur für andere gearbeitet und keine Zeit für mich gehabt. Vor meinem geistigen Auge malte ich mir genau aus, was ich erschaffen wollte – ein Geschenk für meinen jungen Seidenmacher. Ich konnte nicht schlafen, so erfüllt war ich von meiner Aufgabe.
Tag und Nacht arbeitete ich ununterbrochen, wusste ich doch, dass er mich am Ende der folgenden Woche wieder besuchen würde. Endlich klopfte er an meiner Tür. Ich versteckte das Werk hinter meinem Rücken, als ich ihn hereinbat. Er grüßte mich mit einem warmen Lächeln und legte sein Paket ab. ›Ich habe etwas für Euch‹, sagte ich.
›Was ist es?‹
›Ein Geschenk. Etwas, das ich für Euch gemacht habe.‹
Seine Augen leuchteten vor Überraschung und Freude auf, als ich ihm das Geschenk überreichte, das in braunes Papier eingeschlagen war. Behutsam öffnete er es und hob den Schal hoch. Maulbeerbäume bedeckten den goldenen Stoff, und Seidenraupenkokons hingen von den Ästen. Weiße Motten saßen auf einigen der Blätter, und seidene Fäden in allen Farbschattierungen wanden sich an beiden Enden des Schals um ein Weberschiffchen. Er hielt ihn sanft in den Händen und berührte ein aufgesticktes Blatt. ›Er ist wunderschön‹, sagte er. ›Noch nie habe ich etwas so Feines mein Eigen genannt.‹
›Es ist nichts‹, stammelte ich.
›Nein. Ich weiß, wie viel Zeit es Euch gekostet haben muss. Ihr habt mir etwas sehr Wertvolles geschenkt.‹
Ich senkte die Augen und sagte zögerlich: ›Ich würde Euch mehr geben … würdet Ihr nur fragen.‹ Und dann berührte er mich. Er kam einfach einen Schritt auf mich zu und strich sanft mit dem Fingerknöchel über meine Wange. ›Ich kann … nicht mit Euch zusammen sein‹, sagte er.
›Oh‹, sagte ich enttäuscht und wich zurück.
›Ach, Ihr missversteht mich‹, erklärte er nachdrücklich. ›Wäre es mir möglich, Euch für mich zu gewinnen, würde ich nicht zögern. Aber ich bin kein reicher Mann. Sicherlich nicht reich genug für jemanden wie Euch. Doch stünde es in meiner Macht, ich würde Euch wählen.‹ Er umfasste meine Wangen mit seinen Händen. ›Bitte glaubt mir.‹
Ich nickte, und als er wieder ging, versuchte ich zu akzeptieren, dass wir nicht füreinander bestimmt waren. Dennoch sehnte ich mich Woche um Woche nach ihm, und während das Jahr verstrich, verliebten wir uns sehr ineinander. Obwohl es meiner Familie Schande und Enttäuschung brächte, erklärte ich ihm, dass meine Liebe für ihn zu stark sei, um sie zu leugnen. Wir schmiedeten Pläne, heimlich durchzubrennen und zu heiraten, sobald ich den Auftrag des Kaisers vollendet hatte. Wir wollten das gesamte Honorar meiner Familie geben und in die Ferne ziehen. Er wollte einige Seidenraupen mitnehmen, ich meine Kunstfertigkeit beisteuern, und gemeinsam wollten wir ein neues Leben in einer weit entfernten Provinz beginnen.
Als sich das Jahr dem Ende zuneigte, ließ mich der Kaiser endlich den Schleier abschließen. Es war eine schöne Arbeit. Nicht die allerschönste meines Lebens, denn die gehörte dem, den ich liebte, aber sie war hübsch. Der Schleier war zartrosa und am Rand mit dunkelroten Rosen bestickt. Als ich ihn dem Kaiser zeigte, legte er ihn mir über den Kopf und eröffnete, dass er nun bereit sei, seine Braut zu heiraten. Dann verkündete er, dass ich mich vorbereiten sollte.
›Worauf vorbereiten?‹,
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