Fluch des Wolfes: Alpha & Omega 3 - Roman (German Edition)

Oder Adam Hauptman.
    Anna suchte Heuters Blick und zuckte mit den Achseln. » Ich weiß, wer unsere Seite organisiert hat. Ich habe keine Ahnung, wer auf Ihrer Seite involviert war.«
    Goldstein hatte seinen Laptop herausgezogen und mit dem Videosystem im Raum verbunden. Jetzt räusperte er sich. » Agent Fisher, wären Sie so freundlich, die Tür zu schließen, bitte? Einige dieser Bilder sind sehr drastisch, und ich würde ungern eine arme Hotelangestellte traumatisieren.«
    Die Tür wurde verschlossen. Goldstein nahm seine Brille ab und reinigte sie, während Agent Fisher das Licht ausschaltete. Als er die Brille wieder aufsetzte, tat er das voller Autorität; der leichte Anschein von Schwäche, von Alter und Harmlosigkeit, war verschwunden. Für einen kurzen Moment mutete Agent Goldstein wie ein Mann an, der andere Männer jagte. Doch dann erschien die Schwäche wieder, als hätte er sie übergestreift wie jemand anders ein bequemes altes Hemd.
    » Wir nennen unser UNSUB …« Er hielt inne. » Das ist FBI -Slang für ›unbekanntes Subjekt‹, was ein wenig professioneller und weniger hysterisch klingt als ›Killer‹ und erwachsener als ›Bösewicht‹. Dieses UNSUB ist als ›der Großwildjäger‹ bekannt, weil all seine Morde in den ersten zwei Jahrzehnten während der traditionellen Jagdsaison ausgeführt wurden. Der erste Mord, von dem wir wissen, geschah 1975, obwohl angesichts der Raffinesse der Morde anzunehmen ist, dass er schon früher getötet hat.« Er sah Anna an, deren Miene sich offenbar verändert hatte, und sagte: » Ja, wir sind uns absolut sicher, dass dieser Killer ein Mann ist.«
    Er drückte auf einen Knopf. Auf dem Großbildfernseher erschienen zwei Bilder nebeneinander. Das erste war das Schulfoto eines weiblichen asiatischen Teenagers– einer Chinesin, soweit Charles sagen konnte. Sie lächelte frech in die Kamera und trug eine leuchtend orangefarbene Haarschleife auf dem Kopf. Das zweite Foto war sehr körnig und zeigte einen nackten Körper, dessen Kopf im Schatten lag und über dessen Hüfte ein weißes Tuch oder eine Decke geworfen worden war.
    » Karen Yun-Hao war vierzehn. Sie wurde aus ihrem Schlafzimmer entführt, am…«
    Charles blendete die Stimme des Mannes aus; er würde sich, falls nötig, später an Agent Goldsteins Vortrag erinnern. Für den Moment konzentrierte er sich auf die Gesichter, suchte nach Hinweisen, nach Leuten, die er gekannt hatte, weil sie zum Rudel gehörten.
    Im ersten Jahr hatte der Killer vier Mädchen im Abstand von je einer Woche entführt. Asiatisch und jung, keines über sechzehn oder unter zwölf. Er hielt sie gefangen, folterte und vergewaltigte sie, bis er bereit war, sich das nächste Opfer zu holen. Das FBI glaubte, dass er sein Opfer jeweils tötete, kurz bevor er das nächste entführte– aber es war auch möglich, dass die Entführungen sich überlappten. Sobald die Jagdsaison vorbei war, hörte er auf. Im ersten Jahr fand das Ganze in Vermont statt, im zweiten in Maine, wo er ein paar Jahre blieb, dann folgten Michigan, Texas und Oklahoma.
    Organisiert, dachte Bruder Wolf, den das Jagdfieber packte. Ein guter Jäger nahm nur, was er brauchte, wenn er es brauchte; und bei ihrer Beute handelte es sich um einen guten Jäger. Die Opfer des Killers veränderten sich über die Jahre hinweg nach und nach, zuerst waren es asiatische Mädchen und Frauen, dann, in Texas, ein männlicher Teenager, ebenfalls asiatischer Herkunft. Der Junge war das erste Opfer, das auch anal vergewaltigt wurde, nach ihm geschah das jedoch mit allen, egal ob männlich oder weiblich. Im Jahr darauf gab es genauso viele weibliche wie männliche Opfer. Anschließend kamen nur Jungs. Danach erweiterte er sein Spektrum um ein schwarzes Mädchen im Teenager-Alter.
    » Es scheint, als suchte er nach der perfekten Mahlzeit«, äußerte Anna leise– und verdiente sich damit einen angewiderten Blick von Dr. Singh, den sie Charles’ Wahrnehmung nach nicht einmal bemerkte; ihre Aufmerksamkeit war vollkommen auf den Bildschirm gerichtet. » Er fing 1975 an. Vielleicht ein Vietnam-Veteran?«
    » Die asiatischen Opfer, ja«, meldete sich der ältere FBI -Agent zu Wort und wirkte jetzt sogar noch zerbrechlicher als vorher. » Sie waren nicht alle Vietnamesen, nicht einmal die Mehrzahl. Aber einige Leute können den Unterschied nicht erkennen, oder es ist ihnen einfach egal. Die Polizei hatte diese Theorie schon, bevor Anfang der Achtzigerjahre das FBI eingeschaltet wurde. Das