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Flucht aus dem Harem

Flucht aus dem Harem

Titel: Flucht aus dem Harem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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diese Veranstaltung geradezu kurzweilig und sprühte vor Leben, und jeder Gast durfte das Seine zum Gelingen beitragen.
Verträumt ließ Kate ihre Blicke über die bunten Blumengestecke wandern. Ihr schwerer Duft mischte sich mit den Parfums der Damen und dem Wachsgeruch der unzähligen Kerzen in den Kristallleuchtern. Sie nippte an ihrem Champagnerkelch und betrachtete sich in einem der hohen Spiegel. Außerhalb des Schlafgemaches des Paschas wäre das Tragen eines solchen Kleides ein Grund gewesen, eine Frau für den Rest ihres Lebens mit Missachtung oder gar Verbannung zu strafen. Seltsam, wie die eine Kultur die andere als barbarisch betrachtete und dabei ihre eigenen Regeln zum Maßstab nahm.
Sie atmete tief ein, und die Rubine auf ihrer Brust funkelten übermütig. Was wohl Justin sagen würde, wenn er sie so sah? Seit sie erfahren hatte, dass sie nach London gehen würde, hatte sie den Gedanken an ihn nicht mehr aus dem Kopf gebracht. Seinen Erzählungen nach zu schließen, musste sein Vater ein Gelehrter oder ein Archäologe gewesen sein, und wegen des verlangten Lösegeldes gehörte seine Familie zur begüterten Oberschicht. Es war also nicht ausgeschlossen, ihm irgendwann im Rahmen einer gesellschaftlichen Veranstaltung zu begegnen.
In ihren Träumen hatte sie sich die Szene wieder und wieder ausgemalt. Er würde sie sehen, auf sie zueilen und sie in seine Arme schließen. Dabei würde er immer wieder murmeln, wie sehr er sie liebte und wie froh er war, sie endlich wiederzuhaben. Seine Küsse würden ihren – ohnehin schwachen – Protest im Keim ersticken. Alle Schwierigkeiten würden sich in Luft auflösen, und sie wären bis ans Ende ihrer Tage glücklich miteinander.
Das Geräusch von zersplitterndem Glas riss sie aus ihren Gedanken, und sie drehte sich um. Keine zehn Meter von ihr entfernt stand ein Mann in einem dunkelblauen Abendanzug. Seine Hand schien noch immer das Glas festzuhalten, das längst auf dem Boden zerschellt war. Und er starrte sie an, als sähe er einen Geist.
Sämtliches Blut wich aus ihren Wangen. Unbewusst legte sie die Hand an ihre Kehle. Sie hatte gehofft und geträumt, dass sie Justin wiedersehen würde. Aber nicht damit gerechnet, dass es so schnell passieren könnte. Und dass es vollkommen anders verlief als in ihren Träumen.
Er presste die Lippen zusammen, dass sich die Wangenknochen und das Kinn scharf abzeichneten. Seine Blicke nagelten sie auf ihrem Platz fest, und waren so kalt, dass sie ihr Blut in Eis verwandelten.
Ein Dienstmädchen eilte mit einem Putzlappen herbei, um das Malheur zu beseitigen. Justin machte einen Schritt, um ihr auszuweichen, dann drehte er sich um und verschwand in der Menschenmenge.
Kate schluckte hart. Ihr Kopf fühlte sich völlig leer an, während sie mühsam versuchte, das Geschehen zu verarbeiten. Er hatte sie gesehen, er hatte sie erkannt, und er hatte sich einfach umgedreht und war gegangen.
Sie würde nicht weinen. Nicht deshalb, nicht wegen ihrer Dummheit, sentimentale Erinnerungen gehegt zu haben. Im Grunde hatte sie immer gewusst, dass nichts sie verband. Ein paar gemeinsame Tage auf einem Schiff, jungenhafte Neugier, was körperliche Bedürfnisse und deren Befriedigung anging. Natürlich hatte er im Eifer des Gefechts geglaubt, sie zu lieben, und ebenso natürlich hatte er in den vergangenen Wochen eingesehen, dass er sich geirrt hatte. Vermutlich hatte er längst eine andere, eine passendere Frau gefunden.
Kate atmete tief ein. Es war gut so. Gut, dass es so schnell passiert war und sie ihre Zeit nicht länger mit Hirngespinsten verschwenden musste. Sie trat zu der Gruppe, mit der sich Serena gerade unterhielt. Ohne Umschweife fragte sie die Frau, die ihr am nächsten stand: „Wer ist der Mann, der gerade das Glas fallen lassen hat?“
„Der Rotblonde? Das ist Justin Grenville, der Marquess of Wexford. Aber Sie können ihn unmöglich kennen, meine Liebe, er ist erst vor wenigen Wochen aus der Gefangenschaft eines osmanischen Potentaten befreit worden und in London eingetroffen. Seine Manieren sind etwas … nun … gewöhnungsbedürftig.“
Serena warf Kate einen fragenden Blick zu, aber ehe sie etwas sagen konnte, ergriff schon ein anderer Mann aus der Gruppe das Wort. „Vielleicht hat Lady Dowbridge von dem Skandal gehört, Eleonor.“
„Welcher Skandal, Sir Henry?“, erkundigte sich Serena, noch ehe Kate den Mund aufmachen konnte.
„Seine Eltern waren offiziell für tot erklärt worden, von ihm gab es kein Lebenszeichen,

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