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Flucht aus Katmandu

Titel: Flucht aus Katmandu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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anzündeten. Die Lampen waren in Nischen angebracht, die Statuen von Bönpa-Dämonen oder Bodhisattvas bargen, so daß wir entweder erschrocken zusammenfuhren oder aufgemuntert wurden, wenn wir an ihnen vorbeigingen. Gelegentlich gelangten wir an Abzweigungen, und normalerweise wandten wir uns nach rechts, aber nicht immer. Wir bewegten uns im Laufschritt, größtenteils bergaufwärts, an manchen Stellen sogar Treppen hinauf, und schließlich wurde es ziemlich beschwerlich. Abgesehen von Pfützen und kleinen Stalagtiten und den Nischen für die Lampen ähnelte ein Tunnel dem nächsten wie ein Ei dem anderen, so daß wir unmöglich sagen konnten, wie weit wir schon gegangen waren. Doch es müssen mehrere Kilometer und über zwölfhundert Meter Höhenunterschied gewesen sein, denn soweit liegt der Nangpa La entfernt.
    Dann blieben wir stehen und drängten uns zusammen, während die Führer eine Steintür öffneten, und wir traten unter nächtlichen, wogenden Monsunwolken hinaus auf einen steilen Grat etwas dreihundert Meter über dem Nangpa La. Unten im Paß konnten wir eine Reihe klappriger Gebetsmühlen und große schlanke Pfosten ausmachen, an denen einmal Gebetsflaggen gehangen hatten. Als ich sie beobachtete, erhaschte ich eine Bewegung, und ein schwaches, hohes Pfeifen trieb an uns vorbei und erzeugte auf meinen Unterarmen eine Gänsehaut. »Oh, ja«, sagte ich, und George zischte »Ein Hinterhalt!«, aber der Colonel schüttelte nur den Kopf.
    »Yetis«, sagte er. »Der Manjushri Rimpoche hat sich ihrer Unterstützung versichert.«
    »Scheiße«, sagte George. Aber im Augenblick wußte er nichts weiter darauf zu entgegnen. Unten im Paß bewegten sich Gestalten und verschwanden, und mehr sahen wir sowieso nicht von ihnen, und wir stiegen schnell zum Paß hinab, wobei wir nur auf freiliegende Steine traten, so daß keine Spuren verraten konnten, woher wir gekommen waren.
    Bei den Gebetsmühlen trennten wir uns in zwei Gruppen und gingen auf beiden Seiten den Paß hinab. Danach kam es nur darauf an, mit dem Colonel mitzuhalten, der vorgab, in seinem Landrover zu sein und lief, wo immer es ihm möglich war, und uns anschrie und auf dem Arsch über steile Hänge und durch kalte Gletscherbäche rutschte und der uralten Handelsstraße folgte.
    Ein paar Stunden später erreichen wir den Rhododendron-Wald über Chhule. Der Regen hatte alle Blüten abgeschlagen, und sie lagen wie geplatzte Luftballons einer Geburtstagsfeier auf dem Waldboden, so daß die Erde rosa war und der Himmel ein wogendes, bewölktes Weiß, seltsam von einem Vollmond indirekt erhellt. Zwischen dem rosafarbenen Boden und dem weißen Himmel bogen sich Hunderte schwarze, knorrige Rhododendronzweige zu einem leichten, nassen Schnee hoch, der zu fallen begonnen hatte. Es war ein unheimlicher Ort, und als der Mond wie eine Straßenlampe durch das Unterholz leuchtete, sah er nur noch unheimlicher aus – rosafarbener Boden, knorrige schwarze Äste, fallender Schnee, Wolken, die am Mond vorbeirasten, und dann und wann in den Augenwinkeln sich bewegende Gestalten.
    Am unteren Waldrand lagen die Ausläufer von Chhule, und die Kasernen, in denen die nepalesischen Soldaten untergebracht waren, befanden sich auf unserer Seite des Dorfes, nur durch eine schmale Lichtung von uns getrennt – drei lange, zweistöckige Steingebäude mit Wellblechdächern und Fenstern mit Holzrahmen, alle friedlich schlafend in den Tiefen einer normalen Dorf nacht. Irgendwo im Dorf bellte eine Bulldogge, doch in jeder Nacht bellten in jedem Dorf in Nepal Hunde, so daß man sich darüber keine Sorgen machen mußte.
    Schweigend folgten wir den Anweisungen des Colonels und schwärmten am Waldrand aus. Er ordnete die Mörser-Teams in einem Halbkreis um die Kasernen an und plazierte mich und George hinter einem kleinen, fetten, alten Rhododendron an das eine Ende des Halbkreises. Er sah zu den Kasernendächern hinüber und kicherte grimmig. »Es wird sich anhören, als würden wir ihnen Abfalleimerdeckel um die Ohren knallen. Hier, nehmt die Masken – ihr seid am Rand ihres Sichtfelds.«
    Er gab uns Dämonenmasken und Taschenlampen, und wir setzten die Masken auf, und zum Glück hatten unsere Dämonen so große Glotzaugen, daß die eingeschnittenen Pupillenlöcher groß genug waren, um hindurchzusehen. George verwandelte sich in einen grünen, roten, blauen und goldenen Schrecken und grinste mit drei- oder viermal soviel Zähnen, wie er eigentlich haben sollte. Und ich sah

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