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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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wir sahen sie irgendwie als unsere Schwester an. Mich hat dieser Scheißkerl auch fertiggemacht.«
    »Wie bitte?«, fragte ich, verblüfft von seinem plötzlichen Zorn.
    »Walt verließ mich, bald nachdem Beryl uns die Geschichte erzählt hatte. Ich weiß auch nicht, er hatte sich irgendwie verändert. Walt, meine ich. Ich kann nicht sagen, dass der Mord an Beryl der einzige Grund dafür war. Auch wir hatten unsere Probleme miteinander. Aber irgendetwas hat er in ihm ausgelöst. Er ging auf Distanz und wollte mit niemandem mehr sprechen. Eines Morgens war er dann fort. Er ist ganz einfach weggegangen.«
    »Wann genau war das? Vor ein paar Wochen, als die Polizei zu Louie kam und Sie von ihr erfuhren, was passiert war?« Er nickte.
    »Die Sache hat mich auch fertiggemacht, P. J.«, gestand ich. »Fix und fertig.«
    »Wie meinen Sie das? Warum um alles in der Welt hat die Sache Sie fertiggemacht, abgesehen davon natürlich, dass Sie eine Menge Ärger mit ihr hatten?«
    »Ich erlebe jetzt Beryls Albtraum am eigenen Leib.« Ich konnte die Worte kaum herausbringen.
    Er nahm einen Schluck von seinem Bier und sah mich intensiv an.
    »Ich bin jetzt auch auf der Flucht – und zwar aus demselben Grund wie damals Beryl.«
    »Mann, Sie machen mir ja Angst«, meinte er und schüttelte den Kopf. »Wovon sprechen Sie überhaupt?«
    »Haben Sie heute Morgen auf der Titelseite des Herald das Foto gesehen?«, fragte ich. »Das Foto von dem brennenden Polizeiwagen in Richmond?«
    »Ja«, antwortete er leicht verwirrt. »Ich kann mich dunkel daran erinnern.«
    »Das geschah direkt vor meinem Haus, P. J. Der Polizist unterhielt sich gerade mit mir in meinem Wohnzimmer, als sein Auto in Flammen aufging. Und das war nicht der erste Vorfall dieser Art. Er ist jetzt hinter mir her, verstehen Sie?«
    »Wer, um Himmels willen?«, fragte er, obwohl ich mir sicher war, dass er es wusste.
    »Der Mann, der Beryl ermordete.« Es fiel mir sehr schwer, es auszusprechen. »Der Mann, der Beryls Mentor, Cary Harper, abschlachtete. Vielleicht hat sie Harper Ihnen gegenüber einmal erwähnt.«
    »Ja, oft. Mist. Ich kann das alles kaum glauben.«
    »Bitte, helfen Sie mir, P. J.«
    »Ich wüsste nicht, wie.« Er war so durcheinander, dass er aus dem Sessel sprang und durch das Zimmer zu wandern begann. »Warum sollte das Schwein Sie umbringen wollen?«
    »Er leidet unter wahnhafter Eifersucht. Er ist verrückt. Er ist ein paranoider Schizophrener. Er hasst anscheinend jeden, der etwas mit Beryl zu tun hat. Ich weiß nicht, warum, P. J. Aber ich muss herausfinden, wer er ist, muss ihn finden«, sagte ich.
    »Ich weiß auch nicht, wer er ist, zum Teufel. Oder wo er ist. Wenn ich es wüsste, würde ich hingehen und ihm seinen verdammten Kopf abreißen!«
    »Ich brauche das Manuskript, P. J.«, wiederholte ich.
    »Was, verdammt noch mal, hat denn Beryls Manuskript damit zu tun?«, protestierte er.
    Ich erzählte es ihm. Ich erzählte ihm von Cary Harper und seiner Goldkette. Ich erzählte ihm von den Telefonanrufen, den Fasern und Beryls autobiographischem Buch, das ich gestohlen haben sollte. Ich erzählte ihm alles, was mir von diesen Fällen einfiel, obwohl ich tief im Inneren Angst davor hatte. Ich hatte noch nie, nicht ein einziges Mal, die Einzelheiten eines Falles mit jemandem besprochen, der weder ein Ermittelnder noch ein beteiligter Anwalt war. Als ich fertig war, ging P. J. schweigend ausdem Zimmer. Als er zurückkam, hatte er einen alten Militärrucksack dabei, den er mir in den Schoß legte.
    »Da«, sagte er. »Ich habe bei Gott geschworen, dass ich das niemals tun würde. Es tut mir leid, Beryl«, murmelte er. »Es tut mir wirklich leid.«
    Ich öffnete den Rucksack und entnahm ihm vorsichtig ein Bündel von gut an die tausend getippten Seiten mit an den Rand gekritzelten handschriftlichen Notizen und einen Umschlag, der vier Computerdisketten enthielt. Der Papierstapel wurde von dicken Gummibändern zusammengehalten.
    »Sie sagte, dass wir diese Sachen niemals jemandem aushändigen dürften, auch dann nicht, wenn ihr etwas zugestoßen sein sollte. Ich habe es ihr versprochen.«
    »Danke, Peter. Gott segne Sie«, erwiderte ich, und dann stellte ich ihm meine letzte Frage.
    »Hat Beryl Ihnen gegenüber irgendwann einmal jemanden erwähnt, den sie als ›M‹ bezeichnete?«
    Er stand regungslos da und starrte auf sein Bier.
    »Wissen Sie, wen sie damit gemeint hat?«, fragte ich. »Mich«, antwortete er.
    »Ich verstehe nicht ganz ...«
    »›M‹

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