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Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman

Titel: Flucht - Ein Kay-Scarpetta-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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hinüber zu dem weißen Rolls-Royce. Dichte Büsche, die älter und höher als er waren, warfen um ihn herum tiefschwarze Schatten.
    »War die Fahrertür offen, als Sie eintrafen?«, fragte ich.
    »Nein, Ma’am«, antwortete Poteat. »Die Autoschlüssel liegen auf der Erde. Wahrscheinlich hat er sie in der Hand gehalten, als er zusammenbrach. Wie schon gesagt, wir haben nichts berührt und auf Ihr Eintreffen gewartet. Nur wenn das Wetter schlechter geworden wäre, hätten wir weitergemacht. Es wird sicher bald regnen.« Er blinzelte hinauf zu der dichten Wolkendecke. »Es könnte sogar schneien. Im Auto konnten wir kein Zeichen eines Kampfes entdecken. Wir vermuten, dass der Mörder sich in denBüschen versteckt und auf ihn gewartet hat. Ich kann nur sagen, dass es sehr schnell gegangen sein muss, Doc. Seine Schwester im Haus sagt, dass sie weder einen Schuss noch sonst irgendetwas gehört habe.«
    Ich ließ ihn und Marino stehen und schlüpfte unter der Absperrung hindurch. Ich ging hinüber zu dem Rolls-Royce, wobei ich automatisch jeden Zentimeter des Weges genau in Augenschein nahm. Der Wagen parkte etwa drei Meter entfernt parallel zu den Stufen des Hintereingangs. Die Fahrertür war dem Haus zugewandt. Ich ging um die Kühlerhaube mit der unverwechselbaren Emily herum und nahm meine Kamera aus der Tasche.
    Cary Harper lag auf dem Rücken, sein Kopf war nur wenige Zentimeter vom rechten Vorderreifen des Wagens entfernt. Auf dem weißen Kotflügel sah ich eine Menge Blutstropfen und Blutspritzer, und Harpers beigefarbener Fischerpullover war rot durchtränkt. Nicht weit von seiner Hüfte entfernt lag ein Schlüsselbund. Im gleißenden Licht der Scheinwerfer erblickte ich zunächst überall nur glänzendes, klebriges Rot. Harpers weißes Haar war blutverklebt, und auf seinem Gesicht und seiner Kopfhaut klafften große Platzwunden, die wohl von einem stumpfen Gegenstand herrührten, der ihn mit voller Wucht getroffen haben musste. Die Kehle war von einem Ohr zum anderen durchschnitten, so dass der Kopf fast vom Hals abgetrennt war. Überall glitzerten Schrotkugeln wie kleine Perlen aus Zinn im Licht meiner Taschenlampe. Hunderte davon lagen auf seinem Körper und daneben verstreut herum, ein paar fand ich sogar auf der Kühlerhaube des Autos. Der Schrot war ganz offensichtlich nicht aus einer Waffe abgefeuert worden.
    Nachdem ich einige Fotos geschossen hatte, ging ich in die Hocke, steckte ein langes Präzisionsthermometer vorsichtig unter Harpers Pullover und schob es unter seine linke Armbeuge. Die Leiche hatte eine Temperatur von 33,5 Grad, die Luft eine von 0,5 Grad. Leichen kühlen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt relativ schnell ab, etwa drei Grad in der Stunde, besonders wenn sie, wie Harper, nicht besonders warm angezogen sind. In denkleineren Muskeln hatte die Totenstarre bereits eingesetzt. Ich schätzte, dass er weniger als zwei Stunden tot war.
    Als Nächstes suchte ich nach Spuren, die bei einem Transport ins Leichenschauhaus verlorengehen könnten. Fasern, Haare und andere Partikel, die am Blut klebten, konnten warten. Als ich gerade die Leiche und den sie umgebenden Boden nach losen Partikeln absuchte, huschte der Strahl der Taschenlampe über einen kleinen grünlichen Klumpen. Erstaunt beugte ich mich hinunter, ohne ihn zu berühren. Er sah aus wie Plastilin, in das einige Schrotkugeln eingebettet waren. Ich verpackte den Klumpen sorgfältig in eine kleine Plastiktüte, als die Hintertür des Hauses aufging und ich auf einmal direkt in die verängstigten Augen einer Frau schaute. Sie stand neben einem Polizeibeamten, der ein Klemmbrett aus Metall in seiner Hand hielt.
    Von hinten hörte ich Schritte auf mich zukommen. Es waren Marino und Poteat. Als sie unter der Absperrung hindurchschlüpften, gesellte sich der Beamte mit dem Klemmbrett zu ihnen. Die Hintertür schloss sich leise.
    »Bleibt jemand bei ihr?«, fragte ich.
    »Ja, sicher«, antwortete der Beamte mit dem Klemmbrett. Sein Atem dampfte in der kalten Luft. »Miss Harper sagt, dass eine Freundin zu ihr kommen werde. Es geht ihr gut. Wir werden ein paar Streifenwagen in der Nähe lassen, falls der Kerl noch einmal zurückkommen sollte.«
    »Wonach suchen wir eigentlich?«, wollte Poteat von mir wissen. Er steckte die Hände in die Taschen seiner Lederjacke und schüttelte sich vor Kälte. Schneeflocken so groß wie Vierteldollarstücke begannen in Spiralen vom Himmel zu schweben.
    »Wir suchen mehrere Waffen«, antwortete ich. »Die

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