Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)
Buggy und fuhr selbst zum Haus der Marlows, das sich etwas außerhalb von Norwich befand.
Dem jungen Mann war bewußt, wie unhöflich er sich verhielt. Ein Gentleman meldete sich zumindest vorher an, bevor er einen Besuch machte, zumal bei Leuten, die er bisher nicht kannte. Nur seine Sorge um Darcey ließ ihn jede Höflichkeit vergessen.
Viktor Marlow und sein Sohn hatten gerade ihr Frühstück beendet und wollten in die Fabrik fahren, als ihnen der Butler Lord Duncan meldete und ihnen seine Visitenkarte überreichte. "Es sei in einer äußerst dringenden Angelegenheit, Sir", fügte der Butler hinzu. "Ich habe Lord Duncan in das Empfangszimmer gebeten."
"Sagt dir dieser Name etwas, Richard?" fragte Viktor Marlow seinen Sohn stirnrunzelnd. "Ich habe jedenfalls noch nie von einem Lord Duncan gehört."
"Nein, ich auch nicht", antwortete Richard Marlow.
Der Butler räusperte sich. "Mit Verlaub, Sir, Lord Duncan ist im letzten Jahr in der Times erwähnt worden. Quinn Victoria hat ihn wegen seiner sozialen Verdienste ausgezeichnet. Auf seinen Besitzungen in Cornwall und Wales werden keine Kinder mehr beschäftigt, dafür erhalten ihre Eltern höhere Löhne."
"Also, ein Narr", bemerkte Viktor Marlow verächtlich. "Bitten Sie Lord Duncan in fünf Minuten in mein Arbeitszimmer, Sanders." Er wandte sich seinem Sohn zu. "Komm, Richard, diesen Mann sollten wir uns ansehen."
Lord Duncan folgte dem Butler in das Arbeitszimmer Viktor Marlows. Zuerst fiel ihm der riesige Schreibtisch auf, der den Raum beherrschte, dann die schwarzen Ledersessel mit ihren protzigen Messingbeschlägen und ein großes Bild der Königin. Neben diesem Bild hing eine gerahmte Urkunde, die die Firma Marlow & Sohn als Hoflieferanten auswies.
"Lord Duncan, was kann ich für Sie tun?" fragte Viktor Marlow und ging dem jungen Mann entgegen. "Darf ich Ihnen meinen Sohn Richard vorstellen?" Er wies auf seinen Sohn. "Mein Butler sagte mir, daß Sie mich in einer äußerst dringenden Angelegenheit zu sprechen wünschen."
"Ja, die Angelegenheit ist in der Tat äußerst dringen, Mister Marlow", antwortete Frederic.
"Bitte, nehmen Sie Platz. Darf ich Ihnen etwas anbieten?"
"Nein, danke." Lord Frederic setzte sich in einen der Sessel. Er wartete, bis Viktor Marlow seinen Butler weggeschickt hatte, bevor er sagte: "Es handelt sich um Ihr Mündel, Mister Marlow, Darcey Marlow."
Richard Marlow sah den jungen Lord entgeistert an. Bevor er etwas sagen konnte, kam ihm sein Vater zuvor. "Darf ich fragen, in welcher Verbindung Sie zu meiner Nichte stehen, Lord Duncan?" erkundigte er sich.
"Sie dürfen", antwortete Frederic herablassend. "Miss Marlow hat als Gouvernante auf dem Besitz der Denhams gearbeitet. Lord Denham ist mit meiner Schwester Violette verheiratet."
"Es fällt mir nicht leicht, darüber zu sprechen. Als Schwager Lord Denhams werden Ihnen die Umstände bekannt sein, unter denen sich mein Mündel die Stelle als Gouvernante erschlichen hat. Ich kann Lord Denham gar nicht dankbar genug sein, daß er mich sofort, nachdem er und seine Gattin den wahren Sachverhalt erfahren haben, verständigt hat." Viktor Marlow seufzte tief auf. "Diese Tat wird für Jahre ein Makel auf dem guten Namen unserer Familie sein. Wir haben alles getan, um meiner Nichte eine gute Erziehung angedeihen zu lassen. Sie ist uns wie eine eigene Tochter gewesen. Gedankt hat sie es uns nicht."
"Ich möchte mit Ihnen nicht die Umstände erörtern, die Miss Marlow dazu getrieben haben, bei Nacht und Nebel aus London zu fliehen, Mister Marlow", sagte Frederic mit Nachdruck. "Ich bin einzig und allein gekommen, um Sie um die Hand Ihres Mündels zu bitten."
"Sie wollen Darcey heiraten?" fragte Richard Marlow entgeistert. "Niemand weiß, was meiner Cousine bei nächster Gelegenheit einfallen wird. Sie ist absolut unberechenbar."
"Da kann ich mich den Worten meines Sohnes nur anschließen, Lord Duncan", sagte Viktor Marlow. "Darcey war mit einem sehr ehrenwerten Gentleman verlobt und hätte im Mai heiraten sollen. Als sie im Januar, wie Sie so treffend bemerkten, bei Nacht und Nebel, London verlassen hat, hat sie nicht nur uns, sondern auch ihm das Herz gebrochen." Er seufzte erneut auf. "Schon in Ihrem eignen Interesse muß ich Ihren Wunsch abschlagen. Außerdem habe ich bereits Pläne für Darceys Zukunft. Ich habe für sie eine Passage auf einem Schiff gebucht, das in drei Wochen nach Kanada ausläuft. Nach ihrer Ankunft in Kanada wird Darcey noch am selben Tag mit einem entfernten
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