Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)
aus."
"Das werde ich gern tun, Damery", antwortete Robert Baxter. Er hielt das Kind so, daß es alle sehen konnten, bevor er in das Schlafzimmer zu seiner Gattin zurückkehrte.
"Verteilen Sie bitte die Gläser, Damery", bat Sir Richard. "Wir wollen gemeinsam auf meinen zweiten Enkel anstoßen." In seinem Gesicht spiegelte sich das Glück wider, das er empfand.
Diana griff nach dem Glas, das ihr der Butler reichte. Sie dachte an David, der noch nicht ahnte, daß ihm nicht nur Miss Hadfield genommen wurde, sondern er in dem kleinen Richard auch einen Konkurrenten um die Liebe seines Großvaters bekommen hatte.
* * *
Während der nächsten Tage herrschte ein ständiges Kommen und Gehen auf Baxter Hall. Sir Richard und Robert Baxter empfingen im Salon die Gäste, die aus Sandwich, den umliegenden kleineren Ortschaften und sogar aus Canterbury eintrafen. Während die Herren im Salon bei einem Glas Portwein und einem Whisky saßen, wurden die Damen in das private Empfangszimmer von Maud Baxter geleitet, wo die Wöchnerin halb sitzend auf einem Chaiselongue die Glückwünsche entgegennahm. Durch das enge Korsett, in das man sie eingeschnürt hatte, konnte sie sich kaum bewegen, dennoch genoß sie die Aufmerksamkeit, die man ihr entgegenbrachte.
Der kleine Richard, ein bildhübsches Baby mit den Grübchen seiner Mutter und ihren strahlend blauen Augen, lag in einer Organdywiege, die neben dem Chaiselongue stand. Die Damen, die seine Mutter besuchten, konnten sich an ihm kaum satt sehen.
Für Maud Baxter bedeutete die Geburt ihres Sohnes die Erfüllung aller Träume. Wie sehr hatte sie auf einen Knaben gehofft! Ein Sohn, der eines Tages Baxter Hall und alle damit verbundenen Besitzungen übernehmen würde.
"Vergiß nicht David, Maud", ermahnte sie ihr Gatte oft, wenn sie davon sprach, daß Richard der Erbe von Baxter Hall sein würde. "Mein Bruder Andrew ist nun einmal der Ältere und David sein Sohn."
"Sein Sohn!" stieß sie jedesmal bitter hervor. "Du und dein Vater..."
Nein, es war Richard, der Baxter Hall erben würde, nicht David! Sie dachte nicht daran, es zuzulassen, daß ihr eigener Sohn um sein Erbe betrogen wurde.
Auch wenn der kleine Richard einen großen Teil des Tages bei seiner Mutter verbrachte, die sogar darauf bestanden hatte, ihn selbst zu stillen, als diese Aufgabe einer Amme zu übertragen, lag die Verantwortung für sein Wohlergehen bei Miss Hadfield. Sie hatte kaum noch Zeit für David, der nun den größten Teil des Tages mit Dolly verbrachte, die viel zu jung war, um Miss Hadfields Stelle zu übernehmen.
An diesem Vormittag ging Diana ins Spielzimmer, um David ein Paar Hosen anzuprobieren, die sie für ihn nähte. Es war die letzte Arbeit für sie auf Baxter Hall. Mary Jones und sie wollten in zwei Tagen abreisen.
David saß auf seinem Schaukelpferd. Statt sich mit ihm zu beschäftigen, starrte Dolly gelangweilt aus dem Fenster. Früher hatte sie gern Miss Hadfield geholfen, doch sie haßte es, sich ausschließlich nur noch um David kümmern zu müssen. Außerdem hatte David plötzlich viel an ihr auszusetzen. Er mochte es nicht, wie sie ihm vorlas oder ihm eine Geschichte erzählte. Ja, er wehrte sich sogar dagegen, von ihr angekleidet zu werden.
"Spielst du mit mir, Diana?" fragte er und kletterte vom Schaukelpferd. "Miss Hadfield hat mich nicht mehr lieb. Sie mag nur noch Richard." Sein Gesichtchen verzog sich zum Weinen.
Diana nahm ihn in die Arme. "Miss Hadfield hat Sie noch lieb, Master David", versicherte sie ihm. Das Herz wurde ihr schwer bei dem Gedanken, daß auch sie ihn verlassen würde. In den Wochen auf Baxter Hall war ihr der kleine Junge so lieb geworden, als sei er einer ihrer Cousins. "Miss Hadfield hat nur sehr, sehr wenig Zeit. Ihr Onkel und Ihre Tante haben ihr die Sorge für Master Richard übertragen. Und Master Richard ist noch so klein, daß er..."
"Ich bin auch klein", erklärte David. "Miss Hadfield ist meine Nanny." Er stampfte mit dem Fuß auf.
"Master David, so etwas dürfen Sie nicht tun", kam es von Dolly. "Wenn Ihre Tante das gesehen hätte, würde sie verlangen, daß wir Sie bestrafen."
"Ist mir egal!" kam es trotzig von David. Er stampfte erneut auf. "Ich mag Richard nicht. Er soll..." Erschrocken hielt ihm Diana den Mund zu.
Nach dem Lunch verließ die junge Frau das Haus. Sie konnte dem Unrecht, das David getan wurde, nicht länger zusehen. Im Grunde ging es sie nichts an und dessen war sie sich auch bewußt, trotzdem beschloß sie, mit Andrew
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