Flucht ins Glück: Das Geheimnis von Baxter Hall: Von den Eltern verstoßen (Frauenschicksale im 19. Jahrhundert) (German Edition)
den Tod von Mrs. Ruth Baxter und die Verwundung von Master Andrew", antwortete die Köchin. "Und nun iß deinen Kuchen und stell keine neugierigen Fragen." Sie seufzte laut auf. "Als Master David geboren wurde, haben wir erst am Morgen davon erfahren. Mrs. Ruth Baxter hat nicht so ein Getue um ihre Schwangerschaft gemacht."
"Die letzten Monate vor der Geburt von Master David hat man sie kaum noch zu Gesicht bekommen", warf eines der Hausmädchen ein. "Sie hat mir furchtbar leid getan. Sie wollte immer nur allein sein. Bestimmt hat sie große Sehnsucht nach ihrem Gatten gehabt. Mister Andrew Baxter hätte nicht nach Indien gehen dürfen."
"Wenn ihr mich fragt, ist Mrs. Ruth Baxter darüber nicht sehr traurig gewesen", bemerkte eines der anderen Mädchen.
"Still, was fällt euch ein, solche Reden zu führen?" Die Köchin sah die beiden Mädchen empört an. "Seid froh, daß Mr. Damery und Mrs. Sibley euch nicht gehört haben."
Die beiden Hausmädchen schwiegen betreten.
"Die Hebamme ist mitten in der Nacht gekommen, genau wie heute bei Mrs. Ruth Baxter", erwähnte Laura Norte, eine ältere Frau, die für die Wäsche im Haus verantwortlich war. "Ich bin aufgewacht, als der Wagen vorfuhr." Nachdenklich fügte sie hinzu: "Ich frage mich noch heute, warum sie nicht Mrs. Brix, sondern die alte Mary geholt haben. Mary litt damals schon so an ihren steifen Knochen, daß sie sich kaum noch bewegen konnte."
"Mrs. Brix wird verhindert gewesen sein", sagte die Köchin. "Aber es ist wahr. Mich wunderte es auch." Sie hob die Schultern. "Mag sein, daß sie Mary geholt haben, weil sie schon Master Andrew und Master Robert auf die Welt geholfen hat."
"Lebt diese Mary noch?" erkundigte sich Diana.
"Das weiß unser Herrgott allein", sagte Mrs. Gilton. "Sie ist zwei Tage nach der Geburt von Master David zu ihrer Tochter nach Cornwall gezogen, dabei hat sie es nicht schlecht bei ihrem Sohn gehabt." Sie hob erneut die Schultern. "Nun, das geht uns nichts an. Alte Leute haben oft die absonderlichsten Ideen."
Mrs. Sibley kam in die Küche, um ebenfalls eine Tasse Tee zu trinken. "Es kann noch ein paar Stunden dauern", meinte sie und nickte der Köchin dankend zu, die ihr den Tee reichte.
"Gut, daß Mrs. Baxter eine gesunde und kräftige Natur hat", bemerkte Mrs. Gilton. "Und, dem Herrn sei's gedankt, leidet sie auch nicht an Schwermut."
"Ja, anders als ihre Schwester", sagte Miss Hadfield von der Tür her. "Soweit ich das beurteilen kann, geht es ihr gut." Sie nahm am Tisch Platz. "In ein paar Minuten werde ich wieder nach oben gehen. Wenn das Kind kommt, will ich bereit sein, um es in Empfang zu nehmen."
"Und Master David?" fragte Diana.
"Dolly ist bei Master David. Sie schläft in meinem Lehnstuhl." Miss Hadfield griff mit beiden Händen nach ihrer Teetasse und führte sie an die Lippen. "Daß die Kinder auch immer in der Nacht kommen müssen."
Mrs. Sibley irrte sich. Miss Hadfield hatte kaum ein Stück von dem Apfelkuchen gegessen, als Anne Lane in die Küche stürmte. "Es ist ein Knabe!" rief sie strahlend und verlangte nach weiterem heißen Wasser.
Miss Hadfield sprang auf und eilte aus der Küche.
Die Hausangestellten warteten, bis Mr. Damery in der Küche erschien und sie bat, in den ersten Stock zu kommen, um Sir Richard und Mr. Robert Baxter zu gratulieren. Prüfend ließ er seinen Blick um den Tisch wandern, dann ermahnte er die Küchenmädchen, sich die Hände zu waschen und ihre Schürzen ordentlich zu binden, bevor sie sich den anderen anschlossen.
Auf der Galerie vor den Schlafzimmern der Baxters standen auf einem Tisch zwei Flaschen Wein und mehrere Gläser. Mr. Damery schenkte ein.
Diana lehnte mit dem Rücken an der Brüstung. Sie genoß die Minuten, die vergingen, bis Sir Richard und sein jüngster Sohn aus dem Schlafzimmer kamen. Zum ersten Mal hatte sie Muße, die Gobelins an den Wänden richtig zu betrachten. Sie glaubte, noch nie etwas so Schönes gesehen zu haben.
Die Tür zum Schlafzimmer von Mrs. Baxter öffnete sich. Diana erhaschte nur einen flüchtigen Blick auf ein riesiges Himmelbett. Gefolgt von seinem Vater trat Robert Baxter nach draußen. In den Armen hielt er ein in eine blaue Kaschmirdecke gehülltes Kind. "Ich möchte euch Master Richard vorstellen", sagte er zu dem wartenden Personal.
"Wir sind gekommen, um Ihnen und Sir Richard zu gratulieren, Mister Baxter." Der Butler neigte leicht den Kopf. "Und bitte richten Sie Ihrer Gattin ebenfalls die Glückwünsche des gesamten Personals
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