Flucht nach Avalon
tauchte einige Male auf. Ich habe zudem schon einige Artikel von einem gewissen Bill Conolly gelesen – sehr gute, muß ich zugeben, und von ihm zu dir war es eigentlich kein weiter Weg mehr. Nur habe ich ihn nicht eingeweiht, obwohl ihn eine gewisse Person schon etwas angeht.«
»Du meinst Nadine Berger?«
»Ja.«
»Kennst du sie?«
Ihm war warm geworden. Er zog seine dicke Jacke aus und hängte sie über einen Stuhl. Jetzt trug er als Oberteil nur den dicken Pullover und darunter noch ein helles Hemd.
Ich hatte meine Lederjacke längst neben mir auf einen freien Stuhl gelegt, und die Kleidung des Professors fand ebenfalls darauf ihren Platz.
»Was ist mit Nadine Berger?« erinnerte ich ihn.
»Es gibt sie, aber ich kenne sie nicht gut. Ich weiß nur, daß sie nicht tot ist.«
»Damit hatte ich auch gerechnet.«
»Sie ist geflüchtet.«
»Nach Avalon?«
Versy nickte. »Gut mitgedacht, John. Nadine Berger befindet sich in Avalon.«
Ich versuchte es mit einem Scherz. »Auch wir sitzen hier in Avalon. Es wäre ja toll, wenn sie hier plötzlich durch die Tür käme, um uns zu begrüßen.«
Er stimmte mir lachend zu. »Das wäre natürlich ideal. Aber so leicht ist es nicht. Vor dem Erreichen eines Zieles haben die Götter noch immer den Schweiß und das Blut gesetzt.«
»Deutet letzteres auf eine Gefahr hin?«
Er überlegte einen Moment. »Nicht unbedingt, aber einfach wird es für uns nicht sein.«
»Damit habe ich auch nicht gerechnet, wenn ich ehrlich sein soll. Ich möchte nur Nadine Berger finden. Ich will sie nicht einmal zurückholen. Wahrscheinlich möchte sie das auch nicht. Aber ich muß wissen, wie es ihr geht und was sie erlebt hat. Nur das zählt für mich. Ich hoffe, daß du diese Dinge nachvollziehen kannst.«
»Aus deiner Sicht bestimmt.«
»Und wie sieht deine aus?«
Er blies die Wangen auf und pustete die Luft anschließend aus dem rechten Mundwinkel ins Freie. »Ich bin ja eigentlich nur Forscher. Aber wie ich dich einschätze, würde es dir nichts ausmachen, in die Geschicke der Legenden weit einzugreifen.«
»Das kann man so nicht sagen. Ich würde meinen, daß es auf die Geschicke selbst ankommt und in welch einem Zusammenhang sie zu meinem Schicksal stehen.«
Kilian nickte sehr langsam. »Du denkst dabei an das Kreuz, an den Sohn des Lichts, an den Dunklen Gral, den du mitgebracht hast, hoffe ich, und an den Sohn des Lichts.«
»Das ist zuviel auf einmal. Ich kann dich beruhigen, den Gral habe ich tatsächlich dabei.«
»Das ist sehr gut.« Ich wollte ihn nach dem Grund fragen, doch die Schritte der Wirtin störten uns. Sie trug das Tablett wie ein Diener die Krone der Queen. Sehr bedächtig setzte sie es ab.
Die beiden großen Teller waren mit dem Eintopf bis zum Rand gefüllt. Er dampfte noch und roch verdammt gut, so daß vier Männeraugen anfingen zu strahlen.
»Ich glaube, da nehme ich noch einen Nachschlag«, meinte der Oxford-Professor und rieb seine Hände.
»Das waren die letzten Portionen.«
»Schade.«
Wir bekamen die Löffel dazu und fingen an. Es schmeckte hervorragend, die Frau konnte wirklich kochen. Das Essen nahm uns dermaßen in Anspruch, daß wir sogar unser Gespräch darüber vergaßen. Erst nach einer Viertelstunde nahmen wir es wieder auf. Da saßen wir vor unseren leeren Tellern, und Kilian bestellte zwei Schnäpse.
»Was soll es denn sein?«
»Torfwasser.«
»Flammend?«
»Und wie!«
Ich schaute ziemlich dumm aus der Wäsche. Versy erklärte mir, um was es sich bei der Bestellung handelte. »Es ist ein süßlicher Wacholderschnaps. Du weißt ja, daß es hier viele Wacholderbüsche gibt. Sie nennen das Getränk hier Torfwasser, und es wird beim Servieren angezündet. Gib jetzt acht.«
Alva stellte die Gläser ab. Sie riß ein Zündholz an. Zuerst fing mein Schnaps Feuer. Blaßblau und kaum erkennbar tanzte die Flamme auf der Oberfläche. Bei Kilians Schnaps geschah das gleiche. Die Wirtin trat zurück und wünschte einen guten Schluck.
»Den werden wir haben, danke.« Versy faßte das Glas an, blies die Flamme aus und kippte den scharfen Schnaps in seine Kehle.
Ich war vorsichtiger und hatte recht damit. Das Zeug brannte, es schmeckte trotzdem. Ich trank noch einen Schluck Bier dazwischen und kümmerte mich anschließend um den Rest im Schnapsglas.
»War es gut, John?«
»Super.«
»Das meine ich doch.« Er zündete die Pfeife wieder an und schaute mir ins Gesicht. »Dir brennt was auf der Seele. Es geht dir um den Dunklen Gral, nicht
Weitere Kostenlose Bücher