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Flucht nach Colorado

Flucht nach Colorado

Titel: Flucht nach Colorado Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Miles
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als ein dumpfes Bewusstsein kompletter Bewegungslosigkeit.
    Heute war ihr eine Erinnerung gekommen ... an Vietnam.
    Wie konnte sie innere Bilder von einem Ort haben, an dem sie nie gewesen war? Wieso?
    Wieso konnte sie sich so lebhaft an einen Krieg entsinnen, den sie nie erlebt hatte?
    Sie sah im Spiegel, wie sich ihr Gesicht verkrampfte, und zwang sich sofort, wieder einen ruhigen, unbeteiligten Ausdruck aufzusetzen. Es war alles in Ordnung. Ihr ging es gut. Sie konnte mit so einer Lappalie leicht umgehen - ein winziges psychisches Problem. Es gab jede Menge Spezialisten, Therapeuten und Psychiater, denen sie ihren Fall schildern konnte.
    Allerdings zögerte sie, diesen Teil von sich einem anderen zu offenbaren. Bisher hatte sie noch nie detailliert über den Tod ihres Vaters gesprochen, über seine Zeit als Arzt und Kriegsgefangener. Kein Mensch hatte bisher etwas darüber erfahren, von Jordan einmal abgesehen.
    „Warum?" fragte sie ihr Spiegelbild. Warum hatte sie sich ausgerechnet einem Mann, den sie kaum kannte, anvertraut? Gut, es gab Parallelen zwischen seiner Situation und den Gefahren eines Krieges. Jordan wurde zu Unrecht beschuldigt und von bewaffneten Männern verfolgt. Mit ihm zusammen zu sein war schon so ähnlich, wie sich in einem Kriegsgebiet zu bewegen.
    Der Grund für ihre Panikattacke, ihre unglaubliche Erinnerung, lag in der Beziehung zu Jordan. Sie musste ihn herausfinden.
    Statt sich in Spence' Frotteebademantel zu hüllen, schlüpfte sie wieder in ihre schmutzigen Kleider. Im Schränkchen unter dem Waschbecken fand sie einen Föhn und trocknete ihr Haar.
    Sie wollte bereit sein, Jordan zu begleiten, sobald er sich wieder auf die Flucht begab.
    Sie fand die beiden Männer in Spence' Gästezimmer, wo sie die Köpfe vor einem Computerbildschirm zusammengesteckt hatten. Spence hatte das Haus - die Praxis im Erdgeschoss und die Wohnung ein Stockwerk darüber - von einem Kollegen übernommen, der hier mit seiner Frau gelebt hatte. Die weibliche Hand war unübersehbar: rosafarbene Tapeten und die Chiffon-Vorhänge. Davon abgesehen herrschte ein typisch männliches Durcheinander, die Bücherregale quollen über, und in den Ecken standen Sportausrüstungen, von Basketbällen bis hin zu Langlaufskiern. Das Mobiliar bestand aus nicht zusammenpassenden Stühlen, über deren Lehnen schmutzige TShirts hingen, einem schweren Holztisch und einer dunkelblauen Tagesdecke über dem Bett. Das Zimmer sah so aus, als befände es sich mitten in einer Geschlechtsumwandlung.
    „Gefällt mir sehr, was du aus der Wohnung gemacht hast", kommentierte sie sarkastisch.
    „Freut mich, dass du das Zimmer magst", antwortete Jordan, schwang auf dem Schreibtischstuhl herum und sah sie an. „Spence hat gesagt, dass du hier ein paar Tage unterkommen kannst. Bis sich die Dinge etwas beruhigt haben."
    „Hier?" Sie blickte sich empört um. „Das glaube ich kaum."
    Er erhob sich und kam auf sie zu. „ Deine Hütte liegt viel zu einsam, Emily. Es ist zu gefährlich, wenn du dort alleine bist."
    Sie ärgerte sich über die Unterstellung, dass sie nicht auf sich selbst aufpassen konnte. Seit sie ihr Elternhaus verlassen hatte, hatte sie immer alleine gelebt, und genau das wollte sie auch.
    „Davon abgesehen", fuhr Jordan fort, „kann ich mit Spence Kontakt aufnehmen. Und mit dir. Per E-Mail."
    Spence setzte sich auf den Stuhl, den Jordan freigemacht hatte. Völlig von den Grafiken auf dem Monitor in Beschlag genommen, tippte er auf der Tastatur herum. „Sieh dir das mal an, Emily. Jordan hat mir ein paar unglaubliche Internetseiten gezeigt."
    „Dieser Computerkram." Sie runzelte die Stirn. Während ihrer Zeit in der Notaufnahme hatte sie sich ein paar Anwenderfähigkeiten aneignen müssen, was ihr allerdings keinen großen Spaß gemacht hatte. Einer Reihe von Zahlen auf einem Bildschirm konnte man einfach nicht vertrauen, außerdem hasste sie die hüpfende grüne Linie auf einem Herzmonitor, die jederzeit plötzlich flach werden konnte.
    Die praktische Seite des Rettungsdienstes sagte ihr viel mehr zu. Da konnte sie sehen, was zu tun war. Sie konnte spüren, was einem Patienten fehlte.
    „Du wirst nicht sehr lange bleiben müssen", versprach Jordan. „Nur so lange, bis wir wissen, dass du sicher bist."
    „Ich werde darüber nachdenken", sagte sie, um einer weiteren Diskussion aus dem Weg zu gehen. „Jetzt brauche ich erst mal was zu essen."
    Sie drehte sich auf dem Absatz um, ließ die Männer mit ihrem Spielzeug alleine

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