Flucht nach Colorado
vielleicht bringen sie ihn um."
„Du wärst eine größere Hilfe, wenn du zur Polizei gingst und ihnen falsche Angaben machst. Erzähle ihnen, dass Jordan Richtung Denver unterwegs ist." Er runzelte die Stirn.
„Mehr darfst du allerdings nicht erwähnen, Emily. Kein Wort über die Belohnung. Nichts darüber, dass du von Jordans Unschuld überzeugt bist."
„Ich kann es nicht fassen, dass du mir rätst, die Polizei zu belügen."
„Jordan hat Recht. Da draußen läuft ein Mörder frei herum, und du weißt nicht, wem du vertrauen kannst. Du wirst auf jeden Fall hier bei mir bleiben. Du brauchst Schutz."
Die beiden hatten sich also gegen sie verschworen. Wenn sie widersprach, würde das ihren Entschluss nur noch mehr festigen. Sie änderte ihre Taktik. „Ich schätze, ihr habt Recht", behauptete sie. „Aber ich will zumindest die Möglichkeit haben, mich von Jordan zu verabschieden. Kannst du mir dabei helfen?"
Er grinste. „Was für eine Art von Abschied meinst du denn?"
„Eine, die dich nichts angeht."
„Oh." Spence betrachtete sie verwirrt. „Unsere kleine Emily hat sich also endlich verliebt.
Ich bin nicht gerade überrascht, dass es sich dabei um einen angeblichen Mörder auf der Flucht handelt, hinter dem eine ganze Armee her ist. Du hast es noch hie auf die einfache Art gemocht."
„Verliebt?" fragte sie schrill. „Jordan und ich sind nur Freunde. Wie du und ich."
„Ja klar."
Sein provozierendes Grinsen machte sie wütend. „Wirst du mir nun helfen oder nicht?"
„Was soll ich tun?"
„Ich habe Pookie in der Hütte der Lomax' eingeschlossen. Ich wusste, dass keiner da ist, weil Sandra in Denver ihr Kind zur Welt bringt. Lass uns dort raus, uns beide, Jordan und mich. Ich werde mich von ihm verabschieden. Wenn Jordan dann alleine weiterwill, werde ich die Nacht in der Hütte bleiben. Morgen spreche ich dann mit dem Sheriff."
„Das scheint mir in Ordnung zu sein", sagte Spence. „Aber du musst Jordan davon überzeugen."
Sie würde ihn schon rumkriegen. Das musste sie einfach. Wenn nicht, würde er ganz alleine verschwinden, sich in große Gefahr begeben und die Antworten auf ihre Fragen mit sich nehmen.
Unter einer schmutzigen Zeltplane versteckt, die nach dam Rauch von unzähligen Lagerfeuern stank, lag Emily in Spence' Minivan. Sie war froh, dass es ihr schließlich gelungen war, die beiden Männer zu überreden, ihren Plan zu verfolgen.
„Das war keine gute Idee", murrte Jordan. Obwohl er neben ihr unter der Plane lag, nahm er sie nicht in die Arme. Er vermied es sogar, so gut es ging, sie überhaupt zu berühren. „Für die Suchtrupps wird es ein Leichtes sein, meine Spur zu verfolgen."
„Wie ich bereits sagte, werde ich morgen früh, nachdem du schon eine ganze Nacht Vorsprung hast, in meine Hütte zurückkehren und den Sheriff informieren, dass es mir gut geht."
„Komm bloß nicht auf die Idee, mich begleiten zu wollen", warnte er sie. „Du hast mir versprochen, eine Weile bei Spence zu wohnen, wenn ich weg bin."
Sie erschauerte bei der Vorstellung, in dem unordentlichen Zimmer schlafen zu müssen.
Aber wenn sie Jordan nicht umstimmen konnte, dann musste sie diesen Preis wohl zahlen.
„Versprochen."
Der Wagen rumpelte weiter. Nachdem schon fast Mitternacht war, konnte man zwar davon ausgehen, dass kaum Verkehr herrschen würde. Trotzdem hatten sie eine abgelegenere Route gewählt, um nicht in eine Straßensperre zu fahren. Denn auch wenn Doktor Spence ein hoch angesehener Bürger von Cascadia war, würde die Polizei sicher trotzdem darauf bestehen, seinen Wagen zu durchsuchen.
Schweigend wog Emily ihre Möglichkeiten ab. Sie konnte versuchen, Jordans Meinung zu ändern. Oder in dem düsteren kleinen Zimmer bei Spence bleiben. Die Vorstellung, eine Wohnung mit jemand anderem zu teilen, widerstrebte ihr. Selbst früher, als sie noch mit ihrer Mutter und ihren beiden Brüdern zusammengelebt hatte, hatte sie sich nicht wohl gefühlt.
Ihre Mutter Linda war eine erfolgreiche Immobilienmaklerin in Twin Bluffs in Nebraska gewesen. Sie verdiente eine Menge Geld. Und trotzdem wehrte sie sich noch heute dagegen, das winzige Haus, das sie zusammen mit Emilys Vater gekauft hatte, zu verlassen. Wenn sie gezwungen war, sich von einem kaputten Möbelstück zu trennen, das aus der Zeit ihrer Ehe stammte, brach sie in Tränen aus. Als würde sie ihren Mann jedes Mal aufs Neue verlieren.
Das Haus in Twin Bluffs war nichts anderes als eine Gedenkstätte für ihn, und das war auch ein
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