Flucht nach Colorado
Auf dem Boden lag eine Luftmatratze mit einem Schlafsack. Gegenüber standen eine batteriebetriebene Kochplatte, ein Wasserfilter und verschiedene1 Kochutensilien. Davon abgesehen hatte er sich auf Brettern ein richtiges Büro mit jeder Menge elektronischem Zubehör eingerichtet. Sie entdeckte ihr Walkie-Talkie und den Computer, aber alles andere war neu.
Jordan schlüpfte ins Zelt und zog den Reißverschluss zu. „Wie findest du es?"
„Ich bin froh, zu wissen, dass du nicht erfrieren wirst. Bekommst du auch genug zu essen?"
„Gerade so", sagte er. „Aber ich würde meine rechte Hand für ein dickes, saftiges, halb durchgebratenes T-Bone-Steak geben."
„Hast du diese ganzen Sachen online bestellt?"
„Das meiste. Aber ich konnte mir auch etwas Bargeld besorgen, mit Hilfe von etwa einem Dutzend Überweisungsvorgängen."
„Ich bin beeindruckt. Bist du sicher, dass man dir nicht auf die Schliche kommen kann?"
„Man kann", sagte er. „Aber ich habe es so kompliziert gemacht, dass es einige Tage dauern wird und auch nur, wenn sie wissen, wonach sie suchen müssen."
Er schälte sich aus seiner Lederjacke. Darunter trug er einen schwarzen Strickpulli. An seinem linken Handgelenk prangte eine modische Armbanduhr. Er wirkte, als hätte er alles unter Kontrolle. Was für eine erstaunliche Veränderung. Sie erinnerte sich an den ersten Tag, als er durch die Berge gestolpert war, völlig hilflos, ohne die geringste Vorstellung, wohin er gehen sollte. Und nun schien er ganz gut in der Lage zu sein, ohne ihre Hilfe zu überleben.
„Setz dich aufs Bett", sagte er. „Und erzähl mir, was du bei Collins herausgefunden hast."
„Erstens", sagte sie und setzte sich auf den Schlafsack. „Er ist nicht nur ein Mistkerl. Er ist ein total inkompetenter Mistkerl. Und er hat nicht sonderlich viele Freunde unter seinen Kollegen."
„Wundert mich nicht." Jordan setzte sich neben sie. „Und was ist mit der Belohnung?"
„Collins weiß nicht, wer sie ausgesetzt hat, aber Deputy Frank Kreiger hat ihm davon erzählt. Der ist offenbar um einiges beliebter als Collins."
Jordan nickte. „Gut. Und zweitens?"
„Der Grund, warum Collins mich angerufen hat, war, mich zu ihm zu locken. Er hatte nämlich ein Treffen arrangiert. Mit Brian Afton."
„Verdammt", sagte Jordan. „Hast du Brian kennen gelernt?"
„Er hat mich für morgen Abend zu einer Party in sein Haus eingeladen."
„Sein Haus", wiederholte Jordan bitter. „Es gehörte Lynette. Es ist nicht mit dem Geld der Aftons gekauft worden."
„Nicht? Ich hatte den Eindruck, dass Brian aus einer wohlhabenden Familie stammt."
„Die Skihütten haben Lynettes erstem Mann gehört. Nachdem er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam, hat sie alles geerbt. Und sie war eine Top-Geschäftsfrau.
Innerhalb von sieben Jahren hat sie ihr Vermögen verdoppelt und gehörte zur absoluten High Society von Aspen. Das Haus war ihr ganzer Stolz. Und sie hat verdammt hart dafür gearbeitet." Er legte die Stirn in Falten. „Und nun kommt der kleine Bruder einfach daher und erbt alles."
„Glaubst du, er ist der Mörder?"
„Ich weiß es nicht." Jordan deutete auf seine elektronische Ausrüstung. „Ich habe seine Finanzen gecheckt. Vor etwa drei Monaten, ein paar Wochen, bevor Lynette ermordet wurde, hätte er um ein Haar Bankrott anmelden müssen."
Sie nickte. „Klingt nach einem guten Motiv."
„Aber Lynette hat ihm aus der Patsche geholfen. Mit einem Darlehen, das in Wirklichkeit eher eine Schenkung war, bei den niedrigen Zinsen. Sie war ihrer Familie gegenüber immer sehr großzügig."
„Was ist mit den anderen Verwandten, die geerbt haben?"
„Die habe ich inzwischen als Verdächtige ausgeschlossen. Keiner von ihnen war verzweifelt genug, einen Mord zu begehen. Und außerdem hatten sie keinen Schlüssel fürs Haus und kannten auch den Sicherheitscode nicht."
„Wer bleibt also übrig?"
„Brian. Und Sean Madigan, der Skilehrer, der im Gästehaus wohnt."
„Der Skilehrer." Sie dachte kurz nach. „Als Collins über Deputy Kreiger sprach, erwähnte er auch, dass er Skifahrer sei."
„Diese Beschreibung trifft auf die meisten Leute in Aspen zu", sagte Jordan.
„Stimmt nicht ganz." Es gab eine Hierarchie unter den Skifahrern, die von kleinen Schneehasen über Freestyler bis hin zu absoluten Experten reichte.
„Kreiger ist Extrem-Skifahrer. Er und seine Kumpel lassen sich von einem Hubschrauber in die Gipfelregionen fliegen und auf völlig unberührten Pisten absetzen. Das
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