Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
der Schwertscheide, dann rannte er zum Lager.
Er kniete sich neben Michael und schüttelte ihn, schlug ihn, brüllte ihm ins Ohr, doch er wollte einfach nicht erwachen. Alek versuchte es bei Kraig und Sarah, aber mit demselben Ergebnis.
Schließlich gab er es auf und kauerte sich an eine Stelle in der Nähe des Lagers, von wo er die reglose Gestalt des Schwertkämpfers deutlich sehen konnte. Alek stellte sich darauf ein, den Rest der Nacht so zu verbringen, oder zumindest so lange, bis seine Gefährten erwachten. Michael würde wissen, was mit dem so genannten Wächter zu tun sei. Hoffte Alek jedenfalls.
Der Bäcker spürte eine Hand auf der Schulter, die ihn wachrüttelte. Als er die Augen aufschlug, verfluchte er sich dafür, eingeschlafen zu sein, während er Tor beobachtete. Seine Hand hielt immer noch das Schwert, das er anhob, um sich zu verteidigen. Er bremste es gerade noch rechtzeitig, um Kraig nicht zu durchbohren.
»Alek! Was soll denn das? Ist das nicht Tors Schwert?«
Alek spähte rasch zum Rand der Lichtung und erblickte Tors Gestalt, die immer noch dort lag.
Grok sei Dank! Wäre er als Erster erwacht, wir wären alle tot!
»Schau«, forderte er Kraig auf. »Da drüben ist Tor. Er weiß über den Talisman Bescheid – er arbeitet für Salin! Es ist mir gelungen, ihn bewusstlos zu schlagen, aber wir müssen etwas unternehmen, bevor er aufwacht. Wir müssen die anderen wecken.«
Kraig, der auf Anhieb zu begreifen schien, nickte. Wenig später hatten sie die anderen wachgerüttelt und ihnen die Lage erklärt.
Michael schüttelte mit ernster Miene den Kopf und schlug eine praktische, endgültige Lösung des Problems vor.
»Ihn töten!«, rief Alek aus. »Aber das ist Mord. Ich dachte, wir könnten ihn irgendwie … unschädlich machen. Und ihn der Stadtgarde übergeben, sobald wir Bordonstett erreichen.«
»Ob es dir gefällt oder nicht, wir fechten einen kleinen Krieg gegen Salin«, sagte Michael. »So musst du das betrachten. Tor weiß, wohin wir wollen, und wird Salin Bericht erstatten, wenn wir ihn am Leben lassen. Du hättest ihn töten sollen, sobald du die Oberhand errungen hattest. Gib mir das Schwert, wenn du es nicht machst. Ich werde tun, was getan werden muss.«
Von Grauen erfüllt händigte Alek Michael die Klinge aus. Wölfe und Kobolde zu töten, war eine Sache, aber hierbei handelte es sich um einen Menschen! Sarah legte die Hände über die Augen, und sogar Kraig sah aus, als sei ihm übel. Michael setzte sich zum Rand des Lagers in Bewegung, wohin Alek gedeutet hatte. Dann drehte er sich mit verkniffener Miene um.
»Wo, sagtest du, hast du ihn zurückgelassen?«
»Gleich dort drüben, in der Richtung, in die du gegangen bist. Siehst du ihn denn nicht?«
Michael schaute noch einmal hin, dann warf er das Schwert zu Boden und schüttelte den Kopf.
Alek lief zu dem Einsiedler und starrte auf die Stelle, an der Tor gefallen war. Nur zerdrücktes Laub und eine kleine Blutlache kennzeichneten die Stelle. Sie waren zwar noch am Leben, und der Talisman war vorerst in Sicherheit, aber Salin würde von ihrem Aufenthaltsort und ihrem Ziel erfahren.
Tor war entkommen.
B ORDONSTETT
Der Wald begann sich zu lichten, als Michael leicht nach Westen schwenkte, auf den Wyndsweg zu, die Straße, die sie nach Bordonstett führen würde. Er erklärte, dass sie einige Meilen vor der Stadt auf die Straße wechseln würden, um wie gewöhnliche Reisende zu wirken, wenn sie an den Toren eintrafen. Vier Fremde, die aus den Wäldern kamen, würden für mehr als ein hochgezogenes Augenbrauenpaar sorgen.
Alek glaubte, dass man sie so oder so misstrauisch mustern würde. Sie waren dreckig, offensichtlich nicht für eine Reise gekleidet und mit äußerst spärlichen Vorräten ausgestattet. Selbst wenn man annähme, dass sie aus dem nächsten Dorf kamen, das höchstens eine Nachtwanderung entfernt lag, würden noch Fragen verbleiben.
Spät am Nachmittag fragte Alek den Einsiedler etwas, das ihm seit dem Morgen im Kopf herumspukte. Michael hatte sie aufgefordert, Tor nicht zu vertrauen, dennoch hatte er dem Mann die Wache über das Lager überlassen, während die anderen schliefen.
Wie konnte er solches Vertrauen in einen Mann setzen, den sie erst seit wenigen Stunden gekannt hatten?
Michael verkrampfte sich darob und antwortete in barschem Tonfall, wenngleich seine Züge reglos wie immer blieben.
»Er hat etwas eingesetzt, das man als
Charin-ta
bezeichnet. Das ist eine unscheinbare Form der
Weitere Kostenlose Bücher