Fluchtpunkt Atlantis
gehabt haben, glaube ich wenigstens. Wir haben sie auch nicht gefesselt und nicht geknebelt. Wir sind human gewesen.«
»Aber sicher seid ihr nicht?«
Arthur zuckte mit den Schultern. Patty Prentiss schloss für einen Moment die Augen. Sie wollte nicht weiter darüber nachdenken, was in der Vergangenheit passiert war. Für sie war die Gegenwart wichtig, und die konnte möglicherweise auch mit der Vergangenheit zu tun haben, indem sie einfach in sie hineingeholt worden waren.
»Ich bleibe auf jeden Fall nicht hier im Auto sitzen!« erklärte Patty.
»Das ist mir zu blöd. Ich steige aus und schaue mich um. Ich muss einfach raus hier.«
»Und dann?« fragte Arthur.
»Wird sich schon was ergeben. Das ist für mich besser, als hier im Auto zu bleiben.« Patty kümmerte sich nicht um die Reaktionen ihrer Freunde. Sie drückte die Tür auf und verließ den Volvo. Nicht sehr schnell, eher zögernd, wie jemand, der in der Fremde ist und sich zunächst umschauen will.
Zuerst fiel ihr der scharfe Wind auf. Er war nicht unbedingt kalt, aber er schnitt schon gegen ihre Gesichtshaut. Patty war froh, die Jacke übergestreift zu haben. Sie drückte den Wagenschlag wieder zu und schaute nach vorn. Jetzt, wo sie höher stand, entdeckte sie auch, dass ihre Freunde und sie Glück gehabt hatten. Sehr weit vom Wasser waren sie nicht entfernt. Die anderen Kräfte hätten sie auch leicht in die Brandung hineinschleudern können.
Patty Prentiss versuchte, ihrer Beklemmung Herr zu werden. Bei ihren Freunden hatte sie sich noch abgebrüht gezeigt. Das war jetzt nicht mehr der Fall. Sie kam sich verloren vor, als sie auf das Wasser schaute und sich auch die Umgebung ansah.
Es gab keinen Absturz, der zum Meer hingeführt hätte. Hier war alles flach. Auch Dünen zeigten sich nicht. Nur eben der Fels, der wellig und glatt den Boden bedeckte, zum Meer hin aufriss, so dass Lücken entstanden, durch die sich das anlaufende Wasser in schaumigen Streifen drängte. Vor dem Ufer wurden die Wellen gebrochen. Aus dem Meer hervor wuchsen die mächtigen Klötze, die unterschiedlich aussahen. Manche erinnerten in ihren Formen an Fabeltiere. Andere wiederum an übergroße Menschen, schon Riesen. Wieder andere sahen so aus, als wären sie gebogen, aber sie alle hielten der Wucht des antosenden Wassers stand, waren gischtumsprüht, und die Spritzer wirbelten beinahe bis zu ihr hin.
Wenn sie den Kopf nach links drehte, hatte sie den Eindruck, vor einer gewaltigen Kulisse aus Stein zu stehen. Auch da wuchsen Felsen hoch, aber sie hatten sich zu einer mächtigen grauen Wand zusammengeschlossen. Die Wand türmte sich hoch wie ein mächtiges Gebirge, das trotz seiner Höhe den Himmel mit den tiefliegenden Wolken nicht erreichte. Wie Federn wurden sie vom Wind erwischt und weitergeweht.
Hinter sich hörte Patty Stimmen. Auch ihre beiden Freunde hatten den Volvo verlassen. Sie kamen auf Patty zu und rahmten sie ein. Arthur blieb rechts stehen, Kevin links.
»Schaut euch ruhig um«, sagte Patty. »Und sagt mir dann, was euch einfällt.«
»Das ist ein Strand«, meinte Kevin.
»Klar. Aber kein netter oder schöner. Wie ist es, möchtest du hier liegen und Urlaub machen?«
»Rede nicht so einen Mist!«
»Scheiße, Kevin. Ich will wissen, wo wir uns hier befinden. Am Ende der Welt oder so. Wohin sollen wir eigentlich fahren, wenn wir einsteigen? Zurück, das ist klar, denn nach vorn geht es nicht weiter. Da ist das verdammte Wasser. Also nach hinten. Hinein in das Unbekannte.« Sie schüttelte den Kopf.
»Ich werde noch verrückt, wenn ich daran denke. Unbekannt, ein Land, in dem es womöglich noch Monster oder Drachen gibt, wenn wir tatsächlich in so einem Fantasy-Ding gelandet sind, was ich noch immer nicht glauben kann. Das ist eine ganz schöne Suppe, in der wir herumpaddeln.«
»Was sollen wir sonst tun?« flüsterte Arthur.
»Du bist doch der Fachmann. Kannst du nicht sagen, wie es weitergeht?«
»He, warum ich?«
»Weil du deine Romane gelesen hast. Da gibt es doch auch Helden. Oder nicht? Ich kenne das nur aus dem Film. Wie Conan, Mad Max oder Waterworld.«
»Hör auf damit. Ich weiß es selbst nicht. Das hier ist kein Roman, verdammt.«
»Dann wären auch schon die Monster oder Typen gekommen, die uns an, den Kragen wollen. Aber du hast die Geschichte nicht geschrieben, und ich auch nicht. Sie ist einfach da. Wir spielen mit und können vielleicht warten, bis wir schwarz werden. Oder verhungert und verdurstet sind. Oder habt ihr hier
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