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Fluchtpunkt Mosel

Titel: Fluchtpunkt Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Grabbe, als sein Gegenüber zum Hörer griff und eine Angelegenheit besprach, die sich um ein Bauprojekt in der Innenstadt zu drehen schien.
    Unter dem Schreibtisch stand ein dunkelbrauner Papierkorb. Grabbe bedauerte, den Inhalt nicht einsehen zu können.
    »Sekunde, Herr …?«
    »Grabbe.«
    »Ich mach mir nur noch eine kleine Gesprächsnotiz.« Zelig kritzelte etwas auf einen DIN A 3-Block, der ihm als Schreibunterlage diente.
    »Ich komme wegen Herrn Theis.« Es schien Grabbe, als habe Zelig ihn von der Begegnung auf dem Parkplatz nicht wieder erkannt.
    »Ihre Kollegen haben mich in dieser Angelegenheit bereits kontaktiert.« Zelig zündete sich eine Zigarette an, ohne seinen Besucher zu fragen, ob es ihn störe.
    »Es haben sich weitere Fragen ergeben«, sagte Grabbe. Nicht einmal ein Kaffee war ihm angeboten worden, und der Besucherstuhl vor dem gewaltigen Schreibtisch war noch unbequemer als der im Sekretariat.
    Wieder schrillte das Telefon. Zelig lauschte eine Weile den Worten des Anrufers.
    »Ja natürlich, Herr Staatssekretär.« Er nickte. »Geht in Ordnung, ich informiere Sie, sobald ich …«
    In Grabbe bauten sich Gewaltphantasien auf. Er stellte sich vor, wie er diesem Museumsheini den Schreibtisch umwarf, ihm den Hörer aus der Hand riss und ihn, an einem Arm aus dem Fenster haltend, neben der Spitze der Igeler Säule zappeln ließ.
    »Entschuldigen Sie, Herr …?«
    »Grabbe.« Grabbe konnte seine Gereiztheit kaum verbergen. Wenn Zelig ein so verdammt schlechtes Gedächtnis hatte, sollte er sich vielleicht mal seinen Namen notieren. »Mit G und zwei B!«
    Tatsächlich schrieb Zelig den Namen auf seinen über und über voll gekritzelten Block.
    »Die bevorstehende Konstantinausstellung raubt mir noch den letzten Nerv.«
    »Aber die ist doch erst im nächsten Jahr?«, erinnerte sich Grabbe an einen Artikel in der Zeitung.
    »Was glauben Sie, was es bis dahin noch alles zu erledigen gibt!«
    »Herr Dr. Zelig, kommen wir zum Anlass meines Besuchs. Welche Beziehung hatten Sie zu Herrn Theis?«
    »Wie? Also ich weiß nicht, was Sie meinen? Herr Theis ist, soviel ich weiß, vor über einem Jahr bei einem Tsunami ums Leben gekommen.«
    »Und wie kommt es, dass er mit Ihnen telefoniert hat?«
    »Ich, mit ihm telefoniert?« Der Museumsdirektor schien überrascht. Grabbe beobachtete, wie seine Pupillen hektisch von einem Augenwinkel zum anderen wanderten. »Wann soll das gewesen sein?«
    »Das Telefonat ist keine fünf Wochen her.« Grabbe ließ sein Gegenüber nicht aus den Augen. »Hat es Sie nicht gewundert, dass Theis von den Toten auferstanden ist?«
    »Herr …« Zelig suchte auf seiner Unterlage nach dem Namen und gewann dadurch Zeit, seine Antwort abzuwägen. »Herr Grabbe, ich weiß jetzt wirklich nicht, was ich mit Herrn Theis besprochen haben könnte.«
    »Den genauen Wortlaut des Gesprächsprotokolls können Sie gern im Präsidium einsehen.« Grabbe war dieser Satz herausgerutscht. Bluffs gehörten normalerweise nicht zu seinem Repertoire. Er setzte noch einen drauf. »Wenn Sie mich begleiten möchten?«
    »Nein, nein, Herr Grabbe.« Die Anspannung half offenbar seinem Gedächtnis auf die Sprünge. »Da war was. Sie haben Recht! Ich bring es gleich zusammen.« Er stützte den Ellbogen des rechten Arms auf den Schreibtisch, legte seine Hand an die nach vorn gebeugte Stirn und schloss die Augen. Das Telefon läutete. Zelig sagte im selben Moment, in dem er abhob: »Ich kann jetzt nicht!«
    Seine linke Hand blieb auf dem Hörer liegen. Er hatte erneut die Augen geschlossen.
    Grabbe beugte sich weit vor und schaute in den Papierkorb. Er sah klein gerissene Papierschnipsel und Bonbonpapierchen. Vivil, Waldfrucht.
    Wie in Trance, als fließe eine Botschaft von dem altertümlichen Telefonapparat durch seinen Arm zum Gehirn, redete Zelig: »Ich dachte erst, jemand wolle mich auf den Arm nehmen. Aber dann habe ich ihn an der Stimme erkannt.« Die linke Hand blieb auf dem Gerät, während er den Kopf noch tiefer in die rechte stützte.
    »Was wollte er?« Grabbe drängte den Mann, weiterzureden.
    »Er hatte dem Museum etwas Interessantes anzubieten.«
    »Und um was handelte es sich?«
    »Das hat er nicht gesagt, nur einen großen Fund angedeutet. Wie sagte er noch?« Zelig hob den Kopf und schaute mit offenem Mund nach oben. »Eine Sensation, genau, so formulierte er es. Wir sollten uns treffen.«
    »Und wann haben Sie sich getroffen?«
    »Überhaupt nicht, er wollte sich noch mal melden.«
    »Und?«
    »Hat

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