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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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staubbedeckt da, wie sie aus der Schlacht gekommen waren, einige Panzer zeigten im Feuerschein auch ein unheilvolles Muster dunkler Blutspritzer. Nachdem Schwärmer und Talanna der Königin Bericht erstattet hatten, saßen sie nun still vor dem Feuer in der Mitte des Zeltes. Adeen gesellte sich zu ihnen, aber er konnte nicht anders, als ab und zu zum Eingang des Zeltes zu laufen und einen Blick auf die Silhouette von Rashija zu werfen, die in hellem Rot flackerte. Ihm war zumute, als würde er den Tod eines Monstrums miterleben, das er immer für unbesiegbar gehalten hatte.
    Ihre Wunden hatte man inzwischen versorgt, so gut es ging. Adeen war nicht allzu schwer verletzt. Gegen all die Blutergüsse und Verbrennungen, die Charrals Zauber hinterlassen hatte, konnten die Heiler wenig tun. Nachdem er sich aus der Rüstung geschält und den Schmutz von der Haut gewaschen hatte, fühlte er sich etwas besser. Doch vor allem die Erschöpfung machte ihm zu schaffen, zumal zum Ausruhen keine Zeit blieb. Er sah, dass es Talanna ähnlich ging wie ihm. Sie humpelte stärker, und ihr Gesicht war vor Müdigkeit eingefallen wie das einer viel älteren Frau. Er kauerte sich neben sie und versuchte, Ordnung in die wüste Gedankenflut zu bringen, die auf ihn einstürmte. Noch vor kurzem hätte er nicht geglaubt, jemals lebend an diesen Ort zurückzukehren. Und vermutlich war es auch nur eine kurze Atempause, ehe der Kampf weiterging. Talanna sah ihn nur kurz an. Sie versuchte, ein Lächeln zustande zu bringen, aber es gelang ihr nicht. Vermutlich ging ihr dasselbe durch den Kopf wie Adeen: Was geschah mit den Einwohnern von Rashija, während sie hier herumsaßen?
    Eine sonderbare Atmosphäre lag über der Ratsversammlung. Einerseits waren alle sichtlich am Ende ihrer Kräfte und betäubt vor Erschöpfung. Andererseits schienen sie voller fiebriger Energie, unfähig, sich auszuruhen. Vor allem die Nachricht vom Tod des Herrschers hatte alle erschüttert, als wäre ein Blitz mitten im Heerlager in den Boden gefahren. Nicht nur in diesem Zelt war diese Stimmung spürbar, eine quälende Mischung aus Gereiztheit und kaum unterdrücktem Triumph. Auch von draußen, aus dem hastig aufgerichteten Lager hörte Adeen die Stimmen der Soldaten. Sie unterhielten sich, diskutierten oder versuchten halbherzig zu feiern, noch ohne den Sieg endgültig in der Hand zu haben. Manchmal trug ein Windstoß die Fetzen eines Liedes in fremder Sprache herein. Viele ihrer Gefährten mussten gestorben sein, Adeen hatte gesehen, wie sie die Leichen draußen auf dem Feld hastig zusammengetragen und verbrannt hatten, ohne die üblichen Rituale abzuhalten. Die Trauer musste warten, bis die Menschen Zeit für sie fanden.
    Die Königin von Tama ging ruhelos auf und ab, während sie sprach. Ihr Stratege, wie immer an ihrer Seite, hatte sich in eine Decke gehüllt und zitterte. Adeen bemerkte einen blutigen Verband über seiner Schulter.
    »Das Wichtigste ist, dass wir nicht unnötig Zeit verlieren«, sagte sie. »Wir müssen Rashija noch vor dem Morgengrauen angreifen. Die Magierkrieger haben sich hinter die Stadtmauern zurückgezogen, aber dort erwartet sie die Wut ihrer Leute. Sie müssen entscheiden, wie sie den Aufstand niederschlagen, ohne dabei ihr Volk auszulöschen. Aber wie auch immer sie vorgehen, ich bin mir sicher, dass viele ihrer Soldaten in dieser Nacht sterben werden.«
    »Und noch mehr der normalen Einwohner«, sagte Talanna in eine kurze Stille hinein.
    Ein Moment des Schweigens folgte, dann fuhr die Königin fort, als wäre nichts gewesen: »Noch bevor es dämmert, greifen wir die Stadt von allen Seiten an. Jetzt, da den Magierkriegern dank eurer Hilfe keine Schriftzauber mehr zur Verfügung stehen, werden wir leichtes Spiel haben. Wir werden Rashija innerhalb weniger Stunden unter unsere Kontrolle bringen. Talanna … wir brauchen Eure Unterstützung. Euer Vater ist Mitglied des Rates, sagtet Ihr?«
    »Er war es, als ich Rashija verlassen habe«, erwiderte Talanna mit einem Hauch von Zynismus, »sollte er bis jetzt überlebt haben, ist er es wohl noch.«
    »Dann seid Ihr mit den Ratsmitgliedern vertraut? Würdet Ihr sie jederzeit wiedererkennen?«
    »Ich kenne den Rat, ja. Aber ich muss Euch warnen: Ich denke nicht, dass er zu Verhandlungen bereit wäre. Ihrer Ideologie zufolge seid Ihr Erdkriecher.«
    Adeen kannte Talanna inzwischen gut genug, um zu erkennen, dass ihre Gelassenheit nur gespielt war. Allein ihre Hände, die sie im Schoß ineinander

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