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Fluegellos

Fluegellos

Titel: Fluegellos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Cardinal
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Ich kam mir unfassbar albern vor. Weiße Spitzenhandschuhe, weißes Spitzenkleid und dazu ein hölzerner Spielzeugbogen. »Dieser Artikel ist doch nicht für Vorschulkinder gedacht«, wehrte ich mich. »Außerdem ist das mit dem Bogen vollkommener Schwachsinn. Jeder Mensch würde sterben, wenn man ihm so einen Pfeil in die Brust rammen würde. Noch dazu mit einem Bogen.« Ich musterte argwöhnisch den spitz geschnitzten Pfeil. Das war gefährliches Spielzeug.
    Emilia ignorierte, was ich sagte, und drückte ab. »Nicht so genervt gucken!«, blaffte sie. »Entspann dein Gesicht!«
    Ich stöhnte auf und versuchte, mich zu entspannen. Aber das fiel mir schwer, wenn ich auf kaltem, hölzernem Boden lag, umgeben von Gänsefedern, in einem albernen, kurzen Kleid und noch dazu mit einem Spielzeugbogen in der Hand. Es gelang mir gerade ansatzweise, entspannt zu wirken, als sie wieder abdrückte.
    »Sind wir jetzt fertig?«
    Lange Zeit starrte Emilia einfach nur auf mich hinab, warf ab und zu einen Blick auf die Kamera, und schüttelte den Kopf. »Nein, mir gefällt das noch nicht.«
    »Das liegt am Bogen«, seufzte ich.
    »Sei still«, keifte Emilia, ohne sich wirklich zu rühren. Sie starrte mich nur weiter an. »Zu wenig Federn?«, überlegte sie laut.
    »Ich habe doch keine …«
    »Was ist denn hier passiert?!«, ertönte dann plötzlich eine mir nur allzu gut bekannte Stimme. Valentin stand im Türbogen und blickte mit einer Mischung aus Begeisterung und Entsetzen zu uns hinüber.
    Emilia schien ihn gar nicht wahrzunehmen, sie beschäftigte sich mit ihrer Kamera. Als Valentins Blick meinen traf, verdrehte ich kurz die Augen.
    »Habt ihr hier eine Kissenschlacht gemacht?« Er nickte mir langsam zu und stapfte durch das Meer aus Federn zu mir hinüber. »Weißt du, Emilia. Mich regt nicht auf, dass es hier so mies aussieht, sondern, dass ihr mich nicht zu Was-auch-immer eingeladen habt.«
    Emilia reagiert immer noch nicht auf ihn. Sie spielte nach wie vor an ihrer Kamera herum.
    Jetzt bückte er sich, hob mit den Armen einen Haufen Federn auf und näherte sich seiner Freundin.
    Oh nein.
    Ich schüttelte den Kopf und formte ein Lass das bloß sein! mit den Lippen. Aber Valentin grinste nur, hob die Arme und ließ das weiße, flauschige Zeug auf Emilia nieder regnen.
    Ich schloss die Augen.
    »VALENTIN!«, brüllte sie plötzlich. »Was fällt dir eigentlich ein?! Erst platzt du hier rein, unterbrichst mich schon wieder bei der Arbeit, und jetzt verteilst du auch noch die Requisiten auf mir! Muss ich erst den Türbogen verbarrikadieren, damit du realisierst, dass ich beim Arbeiten nicht gestört werden will?!«
    Ich blinzelte vorsichtig. Sie hatte die Hände zu Fäusten geballt und starrte ihren Freund rasend an, jeden Muskel im Körper angespannt. Irgendwie kam mir diese Situation nur zu bekannt vor und ich hatte das Gefühl, auch das Ende zu kennen.
    Aber Valentin schien das kein bisschen zu stören. »Das ist meine Wohnung, Emilia, das habe ich dir gestern auch schon gesagt. Meine. Nicht deine. Ich darf kommen und gehen, wann ich will. Und wenn dir das nicht passt, dann zieh aus und such dir etwas, wo dir dein Freund nicht auf die Nerven gehen kann.« Er sprach dieses Wort absichtlich so verächtlich aus. Damit sie bemerkte, wie ironisch das alles war.
    Sie starrte ihn nur mit puterrotem Gesicht an.
    »Übrigens würde ich Pfeil und Bogen wegnehmen. Das ist albern. Du schreibst doch nicht für Dreijährige.«
    Jetzt riss der letzte, seidene Geduldsfaden, der noch in ihrem Körper existiert hatte. Tränen der Wut rannen aus ihren Augenwinkeln, als sie Valentin packte und mit einem Stoß in Richtung Wohnungstür bugsierte. Trotz seiner Ansage wehrte er sich nicht dagegen. »Das reicht jetzt!«, schimpfte sie mit glockenheller Stimme. »Ihr habt mir nicht zu sagen, wie ich was zu machen habe! Keiner von euch! Das ist mein Artikel! Meiner! Also raus mit euch! Mit euch beiden!«
    Ich musste einen genervten Seufzer unterdrücken. Endete jemals eine einzige Sitzung normal? Emilia packte mich unsanft am Arm und zog mich auf die Beine. Ich war nicht entsetzt darüber, rausgeworfen zu werden, im Gegenteil. Ich freute mich!
    Ich stolperte an ihr vorbei zu Valentin, schnappte mir im Vorbeigehen meine Handtasche mit meiner richtigen Kleidung und warf ihr noch einen letzten Blick zu. Sie hatte die Augen geschlossen und packte sich am Kopf, um sich zu beruhigen. Aber sie war hochrot und zitterte am ganzen Leib.
    »Lass uns

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